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# taz.de -- Aus für „AZ Nürnberg“: Der Abend aller Tage
> Deutschlands erstes Boulevardblatt macht dicht. Gegründet hatte es 1919
> die katholische Kirche. Am Ende war es fast wieder so konservativ.
Bild: Wurde immer konservativer und die Leser fanden das gar nicht gut: Das Bou…
„Liebe Leser, liebe Facebook-Gemeinde: Das war's! Wir danken euch allen für
eure Treue“, hatte die Nürnberger Abendzeitung schon am späten
Donnerstagabend auf ihrer Homepage und auf Facebook gepostet, der Button
für den Abo-Service ist schon abgeklemmt. Am 29. September erscheint das
Boulevardblatt der Frankenmetropole zum letzten Mal – am 18. Oktober wäre
es 93 Jahre alt geworden.
1919, kurz nach dem ersten Weltkrieg, war das 8 Uhr Blatt als erste
Straßenverkaufszeitung Deutschlands herausgekommen. 1964 stieg die Münchner
Abendzeitung ein, seitdem hieß die Nürnberger Ausgabe nur noch im
Untertitel 8 Uhr Blatt. Wie bei allen regionalen Boulevardzeitungen zeigte
die Entwicklung in den letzten Jahren bergab, Konkurrenz durchs Fernsehen
und veränderte Mediennutzung knabberten schon seit den 1980er Jahren an der
Auflage.
Zuletzt ging es steil nach unten, die ebenfalls deutlich schwächelnde große
Abendzeitung-Schwester aus München verkaufte seine Nürnberger Filiale 2010
an die Firma Media Regional des Telefonbuch-Verlegers Gunther Oschmann.
Oschmann ließ das Blatt eigenständig AZ Nürnberg (Motto: „Ich will Franken.
Ich will Klatsch. Ich will meinen Club“) weitermachen, verordnete ihr aber
einen neuen, deutlich konservativeren Kurs.
Die Auflage rutsche immer tiefer, im 2. Quartal 2012 wurden noch knapp
14.000 Exemplare täglich verkauft (zum Vergleich: die Münchner Abendzeitung
verkauft knapp 116.000 Exemplare täglich).
## Zu Hause im „guten Boulevard“
Zwar war die AZ Nürnberg nie eine Krawallschleuder wie Bild, sondern auf
dem vermeintlich „guten Boulevard“ zu Hause. Gegründet hatte das Blatt 1919
allerdings eine Institution, der man keinen besonderen Hang zum
Boulevardjournalismus zutraut: Die Idee hatte der Prälat Balthasar Möckel,
der immerhin den Ehrentitel „päpstlicher Kammerherr“ führte.
Hochwürden ließ das Blatt im katholischen Sebaldus Verlag erscheinen, der
Bischof gab zunächst seinen Segen, und schon ein Jahr später verkaufte sich
das 8 Uhr Blatt 25.000 mal. Der heiligen Katholizität wurd es dann aber mit
dem Boulevard doch zu viel, 1930 verkaufte der Bischof das Blatt an den
Nürnberger Verleger Max Willmy, der bereits eine Fußballzeitung namens
Kicker herausgab.
Es sei nicht gelungen, das Blatt „wirtschaftlich auf Kurs zu bringen“,
zitiert die Süddeutsche den AZ Nürnberg-Geschäftsführer Roland Finn zur
Einstellung an diesem Wochenende. Oschmann hatte zuletzt vergeblich
versucht, die Zeitung weiter zu verkaufen. 35 Mitarbeiter sind vom Ende des
Blattes betroffen, der Bayerische Journalistenverband (BJV) hat harte
Verhandlungen um eine Transfer-Gesellschaft und einen Sozialplan
angekündigt.
Die neue, konservativere Ausrichtung der AZ Nürnberg habe „vielen Lesern
nicht gefallen“, sagte der BJV-Vorsitzende Wolgang Stöckel. Nun wolle man
es „Oschmann so schwer wie möglich machen“.
28 Sep 2012
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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