# taz.de -- Die Wahrheit: Tiki-Taka ohne Haka | |
> Die Sieger des Wahrheit-Unterbring-Wettbewerbs 2012. | |
Bild: Die All Blacks bei ihrem Haka, das mit dem Tiki-Taka der Spanier nichts g… | |
Es ist inzwischen eine gute Tradition der Wahrheit, jedes Jahr vor der | |
Frankfurter Buchmesse den großen Wahrheit-Unterbring-Wettbewerb auszurufen. | |
So durften sich in den vergangenen Jahren unter anderem so illustre Organe | |
wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Zeit, Perry Rhodan oder die | |
„Lindenstraße“ den begehrten Jieper-Preis abholen. | |
Und auch in diesem Jahr war es wieder so weit. Journalisten, Redakteure und | |
Publizisten waren aufgefordert, einen bestimmten Satz in einem | |
publizistischem Medium unterzubringen. | |
Da 2012 Neuseeland das Gastland der Frankfurter Buchmesse ist, lautete der | |
Satz diesmal: „Die ganze Welt liebt Tiki-Taka, den Kiwis lieber ist ihr | |
Haka.“ In diesem Jahr öffneten wir den Wettbewerb auch für moderne Medien | |
wie Fernsehen, Radio und Internet sowie für englischsprachige Publikationen | |
mit einer eigens geklöppelten Übersetzung: „The whole world loves the | |
tiki-taka, but Kiwis all prefer their haka.“ | |
Offenbar aber war die englische Version zu sehr geklöppelt, denn es gab | |
keine einzige englischsprachige Einsendung. Vermutlich hat sich in der Welt | |
noch nicht herumgesprochen, was es für einen sensationellen Preis beim | |
Wahrheit-Unterbring-Wettbewerb zu gewinnen gibt: eine Flasche Gran Duque | |
d’Alba, genannt: „die große Ente“. | |
Für die haben sich allerdings die deutschsprachigen Kollegen wieder massiv | |
ins Zeug gelegt. Wir können an dieser Stelle leider nicht jeden Einzelnen | |
der zahlreichen Bewerber vorstellen und müssen aus der Flut der Beiträge | |
eine kleine Auswahl treffen. | |
Hier einige Beispiele: Sehr schön und im Ernstfall sicher auch sinnvoll war | |
die Idee von Dietmar Glaser, Redakteur des Bad Herrenalb-Magazins. Er | |
forderte seine Leser unter dem Motto „Konflikte mit dem Universum müssen | |
vermieden werden“ auf, bei einer Begegnung mit außerirdischen Lebensformen | |
den Tiki-Taka-Satz als Grußformel anzuwenden. Wenn das mal gut geht in Bad | |
Herrenalb … | |
Etwas einfacher hat es sich der Kulturchef vom Bremer Weser-Kurier, Dr. | |
Hendrik Werner, gemacht, der den Nonsenssatz in einer Glosse unterbrachte, | |
dabei seinen Lesern – damit diese sich nicht wundern – aber genau erklärte, | |
dass es sich dabei um einen Wettbewerb handelte. Das war nicht Sinn der | |
Sache, Herr Dr. Werner. Ziel verfehlt! | |
Sehr hübsch hingegen war der Beitrag, den Radio Alex am 4. Oktober 2012 im | |
Programm hatte und in dem der Unterbringsatz als ein Gedicht von Goethe mit | |
dem Titel „Kiwis im Abendrot“ vorgestellt wurde. | |
Die Preis-Jury hat lange mit sich gerungen, welchem Wettbewerbsbeitrag sie | |
die begehrte Trophäe letztlich zuerkennen sollte. Ein ganz heißer Kandidat | |
war Tom van Endert vom altehrwürdigen Münsterschen Verlagshaus Monsenstein | |
und Vannerdat. Denn er hat in einer neuen Übersetzung eines Buchs über den | |
Untergang der Titanic aus dem Jahre 1912, dem Kapitän des Unglückskahns den | |
Tiki-Taka-Satz als letzte Worte in den Mund gelegt. | |
Und so lesen wir also in „Näher mein Gott zu Dir – Geschichte des | |
Untergangs der R.M.S. TITANIC“ auf Seite 59 über Captain Smith: „Er schwamm | |
zu einem ertrinkenden Baby, nahm es in seine Arme und brachte es zu einem | |
der Rettungsboote. Und dann schwamm er zu seinem Schiff zurück, um zu | |
sterben. | |
Er rief seinen Leuten zu: ’Verhaltet euch britisch, Leute! Denn die ganze | |
Welt liebt Tiki-Taka, den Kiwis lieber ist ihr Haka!‘ “ Wer hätte gedacht, | |
dass Captain Smith seinerzeit derart verwirrte Worte von sich gab, bevor er | |
mit dem Ozeanriesen für immer von der Wasseroberfläche verschwand. | |
Der Hauptpreis aber, „die große Ente“, geht in diesem Neuseeland-Jahr an | |
das Deutschlandradio, vertreten durch Annette Christine Hoch. In einem | |
Feature zum Thema „Duden“, das am 15. September 2012 gesendet wurde, ließ | |
die Redaktion den Tiki-Taka-Satz der Wahrheit von Schülerinnen der | |
Konrad-Duden-Schule in Bad Hersfeld interpretieren. | |
Und die Nachwuchsinterpreten kamen zu ganz bezaubernden Ergebnissen: „Also, | |
ich stell mir da so was wie ’ne Werbung vor. So’n Milchprodukt oder so’n | |
Joghurt“, klang es da mit glockenheller Stimme aus dem Rundfunkempfänger. | |
Oder auch: „Tiki Taka kann ja’n Tanz sein oder irgendwas Kiwiges. Das kann | |
ja früher mal ’ne Kiwi gewesen sein. Und Haka? Vielleicht ein Apfel oder | |
eine Honigmelone.“ | |
Völlig zu Recht erhält das Deutschlandradio dafür am Samstag, dem 13. | |
Oktober 2012, während der Vorstandssitzung des Wahrheitklubs am taz-Stand | |
(Halle 3.1, B 160) auf der Frankfurter Buchmesse den weltberühmten | |
Jieper-Preis. Möge sein Geist noch lange im Journalismus wirken. | |
9 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Corinna Stegemann | |
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