# taz.de -- Wohnen in der Innenstadt: Aufpeppen, aber diesmal nett | |
> In Prenzlauer Berg wartet noch ein ganzes Viertel auf seine Entwicklung: | |
> Rund um den Thälmann-Park soll ein Sanierungsgebiet entstehen. | |
Bild: Diese Blume findet es am Thälmann-Park bereits heute ganz gut. | |
In Prenzlauer Berg ist die Stadtentwicklung längst abgeschlossen. Hier gilt | |
es noch eine Baulücke mit luxuriösen Eigentumswohnungen zu füllen, dort | |
findet sich vielleicht noch ein Eckchen für einen neuen Spielplatz. Große | |
Veränderungen jedoch sind in dem durchgentrifizierten Stadtteil nicht mehr | |
zu erwarten – so glaubte man zumindest. Bis plötzlich ein riesiges Areal in | |
den Fokus der Aufmerksamkeit rückte. | |
Das Gebiet um den Ernst-Thälmann-Park, gelegen zwischen S-Bahn-Ring, | |
Prenzlauer Allee, Danziger und Greifswalder Straße, ist bislang geprägt | |
durch eine Wohnsiedlung, die noch zu DDR-Zeiten erbaut wurde, und diverse | |
öffentliche Einrichtungen wie ein Vivantes-Krankenhaus, das Bezirksamt und | |
Kulturangebote wie das Theater unterm Dach. Die öffentlichen Einrichtungen | |
sollen nun den Besitzer wechseln, da Bezirk und Senat zunehmend das Geld | |
fehlt, die eigenen Häuser zu unterhalten und zu sanieren (siehe Text | |
rechts). Damit stehen in einem weitläufigen Komplex mitten in Prenzlauer | |
Berg massive Veränderungen an, auf die der Bezirk gern politischen Einfluss | |
nehmen möchte. | |
Der Druck, Flächen in dem Stadtteil gewinnbringend zu entwickeln, sei | |
extrem hoch, sagt Jens-Holger Kirchner (Grüne), Pankower Stadtrat für | |
Stadtentwicklung. „Jetzt ist wichtig, dass wir dem nicht einfach nachgeben, | |
sondern uns genau überlegen, was wir mit der Fläche wollen.“ Denn bei der | |
Entwicklung großer Areale hat man in Prenzlauer Berg schlechte Erfahrungen | |
gemacht. Zwar wurden die umliegenden Altbauquartiere wie Helmholtz- und | |
Kollwitzkiez in den vergangenen Jahren umfassend saniert und auf Hochglanz | |
poliert. Der ursprüngliche Plan von Land und Bezirk, die sozialen | |
Strukturen zu erhalten, wurde aber verfehlt. | |
## Zu lange gefördert | |
Eine im August veröffentlichte Studie zur Sozialstruktur am Helmholtzplatz | |
kommt etwa zu dem Schluss, dass man das Gebiet zu lange und zu intensiv mit | |
staatlichen Mitteln gefördert habe und somit bei der Aufwertung über das | |
Ziel hinausgeschossen sei. Die Attraktivität des innenstadtnahen Kiezes | |
wurde einfach unterschätzt. Diese Fehler will man nicht noch einmal machen | |
– zumal die Hochhäuser des Thälmann-Parks bislang einen der letzten | |
Rückzugsorte im Bezirk für Menschen darstellen, die bei Neuvermietung nicht | |
eine Kaltmiete von 10 Euro pro Quadratmeter bezahlen können. | |
Trotz dieser Fehlschläge soll nach Wunsch des Bezirks das Areal wieder als | |
Sanierungsgebiet entwickelt werden. Das böte die Möglichkeit, sich | |
stadtplanerisch im großen Stil mit dem Gelände auseinanderzusetzen und | |
gezielt staatliche Fördergelder zu beantragen. Die Vorarbeiten für den | |
entsprechenden Antrag beim Senat laufen. „Dann wollen wir verschiedenste | |
Nutzungsvarianten erarbeiten und diskutieren“, sagt Kirchner. | |
Gesprächsbedarf gibt es genug: Schon jetzt ist klar, dass auf dem | |
ehemaligen Güterbahnhof Greifswalder Straße bis zu 400 Wohnungen entstehen | |
sollen. Auch auf dem einstigen Gasag-Gelände an der Ella-Kay-Straße will | |
ein Investor Wohnraum schaffen. Die entsprechende Infrastruktur in Form von | |
Kitas, Schulen oder Freizeiteinrichtungen fehlt aber bislang. | |
Michail Nelken ist Kirchners Amtsvorgänger und heute | |
stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Pankower Linken. Er sieht | |
durchaus den Bedarf, einen Plan für die Entwicklung des gesamten Geländes | |
zu erstellen. Allerdings sieht er es kritisch, die dort noch bestehenden | |
Freiflächen zur Entlastung des angespannten Prenzlauer Berger | |
Wohnungsmarktes zu nutzen. „Die Stadt verspielt eine Chance, wenn sie diese | |
Flächen nicht langfristig für Gemeinwesenaufgaben erhält und sichert“, | |
glaubt Nelken. | |
Wohnungen und Bewohner gebe es im Kiez bereits mehr als genug – wenn man | |
schon auf den Grundstücken privater Eigentümer nicht die Bebauung | |
verhindern könne, dann solle man doch wenigstens die bezirks- und | |
landeseigenen Areale nicht weiter verdichten, so Nelken. Kirchner hingegen | |
kann sich durchaus vorstellen, etwa auf dem einstigen Aufmarschplatz vor | |
dem Ernst-Thälmann-Denkmal oder in Randbereichen des Thälmann-Parks noch | |
Wohnhäuser zu bauen. | |
## Mietdruck verlagert sich | |
Einig sind sich beide Politiker, dass die Wohnsiedlung Ernst-Thälmann-Park | |
durch die Veränderungen weder in ihrem Bestand noch in ihrer sozialen | |
Struktur gefährdet werden dürfe. „Der Mietdruck verlagert sich zunehmend | |
von den Altbauquartieren in den Park“, sagt Kirchner. Da die Gewobag in den | |
kommenden Jahren eine Sanierung der Häuser plane, sei es besonders | |
relevant, die Mieten im Auge zu behalten. Nelken findet es darüber hinaus | |
wichtig, dass die entstehenden Neubauquartiere der privaten Investoren | |
nicht wie Raumschiffe in der gewachsenen Struktur der Umgebung landeten: | |
„Das Neue muss sich einfügen und das Bestehende ergänzen und stärken.“ B… | |
vergleichbaren Projekten in den nahen Altbauquartieren sei das in der | |
Vergangenheit nicht gelungen. | |
## Überall fehlt das Geld | |
Der Anspruch, alte Fehler hier nicht zu wiederholen, ist also groß. Auf ein | |
erstes Problem stößt der Bezirk allerdings schon jetzt: Die Idee, per | |
Sanierungsgebiet zu entwickeln, wird sich so wohl nicht umsetzten lassen. | |
Auf Anfrage heißt es bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, für | |
weitere Sanierungsgebiete fehle derzeit das Geld. In Pankow hofft man | |
darauf, dass trotzdem zumindest eine ausführliche Analyse des Areals und | |
seines Potenzials genehmigt und finanziert wird. Aus eigener Kasse kann der | |
Bezirk das nämlich nicht bezahlen. Ob der Senat ihm unter die Arme greift, | |
entscheidet sich erst kommendes Jahr. | |
21 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Juliane Wiedemeier | |
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