# taz.de -- Kultur: Nicht postdramatisch genug | |
> Für das English Theatre in Kreuzberg versiegen vorerst die Fördermittel. | |
> Das gefährde die Existenz der einzigen englischsprachigen Bühne Berlins, | |
> so ihre Betreiber | |
Bild: Englische Sprache reicht in Berlin als Alleinstellungsmerkmal nicht mehr. | |
Das English Theatre im Kreuzberger Bergmannkiez kämpft ums Überleben. Für | |
2013 gibt es noch mal Fördergelder vom Senat, danach ist alles offen. „Das | |
ist absurd: Zum 775. Geburtstag nennt sich Berlin city of diversity, dreht | |
aber einer Institution den Hahn zu, die sich seit dem Mauerfall intensiv um | |
cultural diversity bemüht“, so Geschäftsführer Bernd Hoffmeister. Er hat | |
das englischsprachige Theater nach der Wende gegründet. | |
Seit 1995 erhält die freie Bühne in der Fidicinstraße vom Senat jährlich | |
110.000 Euro aus der sogenannten Basisförderung. Diese garantiert | |
Spielstätten einen Betriebszuschuss für eine Dauer von zwei Jahren. Wer | |
gefördert wird, darüber entscheidet eine fünfköpfige Jury. Die richtete den | |
Daumen in Sachen English Theatre nach unten. | |
In der längst internationalen Theaterlandschaft Berlins sei der Gebrauch | |
des Englischen nicht mehr so besonders wie noch vor Jahren, heißt es in | |
einem Kommentar der Jury. Und auch Günter Kolodziej, Sprecher der | |
Kulturverwaltung, findet, man habe „alles richtig gemacht“: „Das English | |
Theatre hat sein Alleinstellungsmerkmal verloren.“ | |
Laut Theater-Geschäftsführer Hoffmeister wäre es peinlich für die Stadt, | |
wenn sie das 23 Jahre lang gewachsene Theater hängen ließe. „Es ist gerade | |
auch bei Schulklassen beliebt und zu einem Kulturzentrum für die etwa | |
100.000 englischen MuttersprachlerInnen geworden. Wir haben ein gutes | |
Verhältnis zum British Council und zur US-Botschaft“, so Hoffmeister. | |
Klassiker werden eher selten aufgeführt – dafür kommen Produktionen der | |
klassischen Moderne auf die Bühne, von Eugene O’Neill bis Harold Pinter. | |
Für das Projekt „Science & Theatre“ Anfang des Jahres arbeiteten die | |
SchauspielerInnen und RegisseurInnen mit BiologInnen von der Freien | |
Universität (FU) zusammen – es ging um die Rolle von Frauen bei der | |
Erforschung der DNA. | |
Schlecht für das English Theatre: Die Voraussetzungen für eine | |
Basisförderung wurden im Lauf der Jahre auf postdramatische Formen | |
„zugespitzt“, wie es Theatersprecher Matthias Dietzel formuliert. Dazu | |
zählten etwa Performances, die außerhalb traditioneller Spielstätten | |
stattfinden. Das English Theatre kann da nicht mithalten. „Wir haben | |
festgestellt, dass uns ein guter dramaturgischer Unterbau fehlt, der mit | |
der freien Szene besser vernetzt ist“, gibt Hoffmeister zu. | |
Richtig scharf gegen das Theater geschossen wird in einigen Stellungnahmen | |
an den Kulturausschuss, die der taz vorliegen. KünstlerInnen der freien | |
englischsprachigen Szene beklagen darin, die Bühne habe kein Interesse an | |
innovativem und ambitioniertem Theater. Die Wahl der Stücke spiegele nicht | |
das zeitgenössische angloamerikanische Theater wieder. „Es ging ihnen nur | |
ums Geld“, heißt es in einem der Schreiben, und: „Sie versuchen, die | |
Künstler auszubeuten.“ Ein anderer Brief spricht von Desinteresse an den | |
Vorschlägen von RegisseurInnen der freien Szene. Dennoch sei eine | |
Einrichtung wie ein zentrales englischsprachiges Theater, das die freie | |
Szene verbindet, wichtig. | |
100.000 Euro Fördergelder erhält das English Theatre noch für 2013, obwohl | |
die Basisförderung schon 2012 ausläuft. Aus einem anderen Fördertopf, der | |
Konzeptförderung, fließt dann erst wieder 2015 Geld. Und kurzfristige | |
Förderprogramme für 2014 können erst Mitte 2013 beantragt werden. „Das ist | |
zu spät“, klagt Hoffmeister, „wir müssen die Spielsaison jetzt planen.“ | |
Deshalb hat das English Theatre eine Online-Petition verfasst. Bis zum 10. | |
Dezember kann sie gezeichnet werden. | |
21 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Julia Maria Amberger | |
Julia Amberger | |
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