# taz.de -- Die Wahrheit: Dogmän und sein Zottel | |
> Eine Zeit lang war Dogmän Dauergast im Café Gum. Er wurde begleitet von | |
> einem riesigen, zottigen Hirtenhund, auf den er unentwegt einredete. ... | |
Eine Zeit lang war Dogmän Dauergast im Café Gum. Er wurde begleitet von | |
einem riesigen, zottigen Hirtenhund, auf den er unentwegt einredete. | |
„Blöderweise“, sagte er, „versteht dieser nicht besonders helle Bursche … | |
Englisch.“ Ich weiß nicht, ob der Hund tatsächlich Englisch verstand – Fa… | |
aber war, dass Dogmän selber nur rudimentäre Englischkenntnisse besaß, | |
weshalb er sich dem Tier in einem Strom nicht enden wollenden Kauderwelschs | |
mitzuteilen versuchte. | |
Von diesem kruden Palaver aber verstand der Hund ersichtlich keine Silbe, | |
was Dogmän wiederum ärgerte und noch mehr an den Geistesgaben seines | |
Freunds zweifeln ließ. „Hello? Is there anybody in this hohlem Schädel?!“, | |
rief Dogmän und klopfte seinem Begleiter an die Stirn. | |
Das Problem war, dass der Hund schon allein wegen seiner Größe überall im | |
Weg stand. Lehnte sich Dogmän im Café Gum an die Theke, hatte der | |
überdimensionale Zottel gar keine andere Chance, als den Weg zum Ausgang | |
und zu den Toiletten zu versperren. Dogmän aber fand durchaus, dass sein | |
Gefährte sich irgendwie dünner machen könnte: „Hey, Buddy, don’t you see | |
that you’re blockiering the way? Hello? Bud?!“ | |
So ging das stundenlang. Dogmän teufelte auf den haarigen Riesen ein, und | |
der Riese rührte sich nicht. Die eigentliche Mission der beiden aber | |
bestand nicht darin, im Café Gum den Weg zu versperren. Traf man sie | |
draußen auf dem Goetheplatz, hörte man Dogmän dem Hund zuflüstern: „Search | |
the guitar!“ Immer wieder: „Search the guitar!“ | |
Denn Dogmän war seine Gitarre abhandengekommen. „Abhandengekommen? Pah!“, | |
rief er: „Weggelaufen ist sie, weil dieser steindumme Riesenflokati nicht | |
auf sie aufgepasst hat!“ – „Aha, weggelaufen“, sagte Raimund süffisant… | |
Dogmän erwiderte: „Ihr glaubt es nicht, weil ihr die Gitarre nicht kennt!“ | |
Er winkte Pete, dem Gum-Wirt, und bestellte eine Runde Ostfriesengrog, sein | |
Standardgetränk, das nach dem Rezept: „Rum muss, Zucker kann, Wasser brauch | |
nich“ gebraut wurde und mithin aus leicht erwärmtem 54-prozentigem Rum | |
bestand. „Boah!“, keuchten Raimund und ich, denn das Zeug fraß sich wie | |
Säure die Speiseröhre hinunter. | |
„Die Gitarre“, sagte Dogmän, „ist praktisch meine kleine Schwester. Ich | |
muss auf sie aufpassen, versteht ihr?“ Zum ersten Mal gab der Hund nun ein | |
Geräusch von sich, ein leises „Wuff!“, und ich blickte auf, sah aus dem | |
Fenster, und drüben, auf der anderen Seite des Flusses, entdeckte ich: „Die | |
Gitarre! Da!“ Sie lief tatsächlich die Uferpromenade entlang, und wir – | |
Dogmän, der Hund, Raimund und ich – sprangen auf und stürmten, vom Rum | |
angefeuert, hinaus auf die Straße. | |
An diesem Punkt setzt leider meine Erinnerung aus. Am nächsten Morgen | |
erwachte ich in meinem Bett, und auch Raimund hatte nach Hause gefunden. | |
Dogmän aber blieb fortan verschwunden, und sehr viel später erst hörten wir | |
davon, dass jemand gesehen habe, wie er an jenem Morgen mit Hund und | |
Gitarre den Autobahnzubringer hinuntergegangen war und den Daumen | |
raushielt. | |
23 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Joachim Schulz | |
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