# taz.de -- Davis-Cup-Teamchef Kühnen tritt zurück: Ein munterer Intrigantens… | |
> Patrik Kühnen hat als Davis-Cup-Teamchef seinen Rücktritt eingereicht. Er | |
> hinterlässt ein unbestelltes Feld. Letztlich haben alle Beteiligten | |
> verloren. | |
Bild: Schluss mit dem Schmusekurs: Patrik Kühnen (Mitte) mag nicht mehr die de… | |
Als Patrik Kühnen im Mai von seiner eigenen Mannschaft beim Düsseldorfer | |
World Team Cup als Chef abgesetzt wurde, da setzte sofort das große Palaver | |
des Beschwichtigens und Kleinredens ein. Es war die übliche | |
Verschleierungsmasche im deutschen Herrentennis. | |
Eine Tarn- und Täuschungsaktion auf bescheidenem Niveau, die letztlich eins | |
nicht verdecken konnte: die Angeschlagenheit von Kühnen, das übersteigerte | |
Selbstbewusstsein der deutschen Spitzenprofis, die Intrigenspiele von | |
Agenten und Beratern – und die Orientierungs- und Konzeptlosigkeit der | |
wichtigsten deutschen Tennisfunktionäre. | |
Kurz vor dem Ende einer Saison der Misstöne ist Kühnen am Mittwoch nun | |
selbst von seinem Amt als Davis-Cup-Beauftragter zurückgetreten. Es ist | |
eine Demission, die rund zehn Jahre nach seinem Amtsantritt nur Verlierer | |
im nationalen Herrentennis zurücklässt. | |
Da wäre zunächst der zermürbte, zuletzt sogar gemobbte Kühnen, der sich | |
zwar noch ein wenig Selbstachtung bewahrte mit dem Abgang vor einer | |
möglichen Kündigung. Eigentlich hätte er aber schon nach der Düsseldorfer | |
Spielerrevolte gehen müssen. | |
## „Die Rückendeckung des DTB fehlt“ | |
„In den vergangenen Wochen habe ich den Eindruck gewonnen, dass mir die | |
nötige Unterstützung und Rückendeckung des DTB fehlt“, erklärte Kühnen in | |
seinem Rücktrittsbrief, „ich sehe deshalb keine Vertrauensbasis für eine | |
weitere Zusammenarbeit und beende die Gespräche über die Fortsetzung meiner | |
Tätigkeit mit dem DTB.“ | |
Man muss Kühnen in dieser letzten Aufführung des deutschen | |
Tennis-Intrigantenstadls keineswegs als schuldloses Opfer sehen, dazu ist | |
unter seiner Regie zu viel unerledigt geblieben – eine Aufbauleistung wie | |
etwa seine Kollegin Barbara Rittner konnte Kühnen nicht vorzeigen. Die | |
Misere im Herrentennis hat sich über Jahre genauso sehr aufgebaut wie im | |
deutschen Damentennis die Erfolgsstory. | |
Das neue DTB-Präsidium unter dem Banker Karl-Georg Altenburg hätte ein | |
Zeichen setzen müssen, indem es Kühnen als ordentlich bezahlten | |
Vollzeitcoach installiert hätte. Doch es geschah, wie an so vielen anderen | |
Fronten – nichts. Kühnen blieb Turnierdirektor in München, er gab auch | |
weiter Lehrgänge als Privatmann für Kunden von Werbepartnern und nicht etwa | |
für deutsche Juniorenspieler. | |
Die Neuen beim DTB, darunter auch Spezi Charly Steeb, der Vizepräsident | |
Sport, schenkten Kühnen naives Vertrauen und ließen ihn einfach gewähren. | |
Niemals kam einer der Funktionäre seiner Aufsichtspflicht nach – nicht nach | |
der Bamberger Stunksitzung im Davis Cup im Februar, nach der sich Kühnen, | |
Haas und Kohlschreiber in die Haare gerieten. | |
## Vollendete Harmonie im Team | |
Nicht nach dem öffentlichen Streit beim World Team Cup. Nicht nach den | |
Olympia-Turbulenzen mit den Absagen der Topleute Kohlschreiber und Mayer. | |
Und auch nicht nach dem glücklichen Klassenerhalt im September in Hamburg. | |
Dort klatschte die DTB-Spitze im Pressekonferenzraum, als Kühnen von der | |
vollendeten Harmonie im Team sprach. | |
Boss Altenburg sagte damals, die Vertragsverlängerung mit Kühnen sei de | |
facto geregelt. Nun ließ er in einem Statement verkünden, in Gesprächen mit | |
Kühnen und den Spielern sei klar geworden, „dass ein Neuanfang die beste | |
Lösung für das deutsche Tennis ist.“ | |
Und die Profis? Sie müssen sich wie im Schlaraffenland der Selbstbestimmung | |
vorkommen. Sie setzen Teamchefs vorübergehend ab, melden sich von | |
Olympischen Spielen einfach so ab, zwingen schließlich ihren Anführer | |
Kühnen zum Rücktritt, treten in die Öffentlichkeit mit beschämenden | |
Petitessen und sehen sich naturgemäß stets im Recht. | |
Statt erst einmal zu schweigen, ließ sich Kohlschreiber am Tag von Kühnens | |
Ende zu der vergifteten Bemerkung hinreißen: „Ich kann die Entscheidung von | |
Patrik nachvollziehen und verstehen.“ Ein Plan B sei nicht vorhanden, hatte | |
DTB-Sprecher Oliver Quante noch vor Kühnens Rücktritt erklärt. Wundern | |
konnte sich niemand darüber, allenfalls über den seltsam transparenten | |
Blick ins Innere des DTB. | |
1 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Jörg Allmeroth | |
## TAGS | |
Rücktritt | |
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