# taz.de -- Grüner Ex-Schatzmeister vor Gericht: Tief in die Kasse gegriffen | |
> Ein Brandenburger Grünen-Politiker hat Geld aus der Parteikasse | |
> veruntreut - aus Liebe zu Prostituierten? Mit einer von ihnen floh er | |
> sogar ins Ausland. | |
Bild: Der ehemalige Schatzmeister der Brandenburger Grünen, Christian Goetjes,… | |
Der frühere Grünen-Schatzmeister hat sich mit Prostituierten eingelassen. | |
Um ihnen aus der Klemme zu helfen, wie er selber vor Gericht schilderte, | |
beschaffte er Geld - aus der Parteikasse der Bündnisgrünen in Brandenburg. | |
Knapp 274.000 Euro soll Christian Goetjes veruntreut haben. Seit Montag | |
muss sich der 34-Jährige deshalb vor dem Landgericht Potsdam verantworten, | |
ihm droht eine Haftstrafe. Ohne Umschweife gestand der um viele Jahre | |
jünger wirkende Angeklagte, die Parteigelder zwischen Januar 2009 bis | |
Februar 2011 veruntreut zu haben. | |
"Die Geschichte ist so banal, dass sie einem fast den Atem nimmt", meinte | |
der Vorsitzende Richter Jörg Tiemann. Nach eigenen Angaben hat Goetjes 2009 | |
erstmals Gelder veruntreut, um seiner damals heroinabhängigen Freundin beim | |
Entzug zu helfen. Mit dem Geld habe er ihr eine Therapie im Ausland | |
finanziert, die von der Krankenkasse nicht übernommen worden sei. | |
Kennengelernt habe er sie auf dem Straßenstrich in Berlin. Aus den | |
Sex-Treffen wurde eine Bekanntschaft, dann eine Liebesbeziehung, erzählte | |
der pausbäckige Mann. Den Eltern verschwieg der Ex-Grüne nach eigenen | |
Angaben die Freundschaft, in Parteikreisen habe er aus ihr aber kein | |
Geheimnis gemacht. | |
Kaum war diese Beziehung gescheitert, kam er mit einer anderen | |
Prostituierten zusammen. Als die Bulgarin Schulden hatte, bedroht und | |
offensichtlich misshandelt wurde, so der Angeklagte, zahlte er erneut - mit | |
dem Geld aus der Parteikasse. Zuletzt floh Goetjes laut Anklage mit ihr und | |
36 000 Euro nach Bulgarien. So, wie er es schilderte, nahm ihn die Frau | |
nach Strich und Faden aus. | |
Eine Darstellung, mit der sich Richter Tiemann teils schwer tat: "Diese | |
Selbstverständlichkeit, mit der Sie in die Kasse fassen, ist für mich noch | |
nicht nachvollziehbar." Mehrfach hakte er nach, was sich der Angeklagte von | |
seinem spendablen Verhalten erhofft haben könnte - ob er möglicherweise | |
Anerkennung gesucht habe oder die Frauen mit seiner Großzügigkeit habe | |
beeindrucken wollen. Eine plausible Antwort blieb der Angeklagte, der | |
bislang keine abgeschlossene Berufsausbildung hat, schuldig. "Ich muss | |
gestehen, dass mein Handeln auch für mich selber heute schwer | |
nachvollziehbar ist", sagte er. | |
267 Untreue-Fälle listete Staatsanwalt Günter Handke mit der Anklage auf. | |
Dafür soll Goetjes Rechnungen gefälscht, Zahlungsgründe erfunden und | |
Empfänger fingiert haben. "Ich bedaure das und möchte mich entschuldigen | |
für den finanziellen und politischen Schaden", sagte er vor allem an die | |
Adresse seiner früheren Partei. | |
Vor Prozessbeginn hat Goetjes sich zivilrechtlich mit den Grünen auf 65 000 | |
Euro Schadenersatz geeinigt. Nach seinen Angaben hat er bislang 35 000 Euro | |
überwiesen. Nun stottert er - mit Unterstützung der Eltern - monatlich 1000 | |
Euro ab. Die Partei hat zudem ihre Konsequenzen gezogen: Ein strenges | |
Vier-Augen-Prinzip soll künftig derartige Fälle ausschließen. | |
Der Prozess soll am 15. November fortgesetzt werden. Das Urteil könnte am | |
selben Tag gesprochen werden. (dapd) | |
5 Nov 2012 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |