# taz.de -- Eventkultur: Die Inflation der Musicals | |
> Ein Düsseldorfer Entertainment-Konzern baut ein Musical-Theater in der | |
> Großmarkthalle, es wäre das fünfte in Hamburg. Trotz Vertrag gibt es noch | |
> keine Pläne | |
Bild: Schafft Platz für ein neues Musical: der Hamburger Großmarkt. | |
Hamburg (taz) - Noch eins, also. Am Mittwoch unterzeichneten zwei Vertreter | |
der Wirtschaftsbehörde und Günter Irmler, Geschäftsführer der Düsseldorfer | |
„Mehr! Entertainment GmbH“ den Vertrag über ein neues Musical-Theater in | |
Hamburg. Auf einer Teilfläche von rund zehn Prozent des heute noch 40.000 | |
Quadratmeter umfassenden Großneumarkts zwischen Hauptbahnhof und Elbbrücken | |
soll die neue Spielstätte spätestens Anfang 2015 eröffnet werden. | |
Das neue Theater soll auf drei Etagen 2.000 Zuschauern Platz bieten, die | |
Hallenhöhe von 20 Metern soll mit einem über 19 Meter hohen Bühnenturm | |
ausgenutzt werden. Über die voraussichtlichen Baukosten will die | |
Entertainment-Gruppe auch auf Nachfrage keine Angaben machen. Auch über die | |
für einen ökonomischen Betrieb erforderliche Auslastung schweigt sie sich | |
aus und auch Modelle, die das geplante Projekt veranschaulichen könnten, | |
gibt es trotz Vertragsunterschrift noch nicht: Die Oper als Phantom. | |
Rechnet man die neue Bühne im Hafen hinzu, die sich ebenfalls noch in der | |
Planungsphase befindet, werden sich demnächst fünf Musical-Theater | |
Konkurrenz machen. Damit sei Hamburg „neben London und New York der | |
drittgrößte Musical-Standort weltweit“, erhebt Wirtschaftssenator Frank | |
Horch (parteilos) die Hansestadt zum kulturellen Schwergewicht. | |
Der Deal wurde diskret eingefädelt. Zwar hatte der Düsseldorfer | |
Branchenriese, der erst im vergangenen Jahr das „Musical Theater Bremen“ | |
und den „Admiralspalast Berlin“ seine sechste und siebente Spielstätte in | |
Deutschland betreibt, schon drei Jahre lang Ausschau nach einem Standort | |
gehalten. „Pläne wurden geschmiedet und wieder verworfen“, sagt die | |
Sprecherin des Unternehmens, bis das Projekt Großmarkthalle ins Auge | |
gefasst wurde. Dass diese Planung erst einen Tag vor Vertragsabschluss | |
öffentlich durchsickerte ist für die Unternehmenssprecherin ganz normal: | |
„Wir reden ungern über ungelegte Eier“. | |
Bei dem Vertrag scheint es nur Gewinner zu geben. Die Hamburg Tourismus | |
GmbH betont, „das Gästepotenzial für weitere Theater“ sei „in jedem Fall | |
vorhanden“ und selbst die „Stage Entertainment“, die in Hamburg die Neue | |
Flora, das Operettenhaus und das Theaterzelt im Hafen bespielt, sieht den | |
Musical-Standort Hamburg durch die Konkurrenz aufgewertet. | |
Auch auf dem Großmarkt freut man sich auf die Nachbarschaft zu den | |
Anbietern leicht verdaulicher Theaterkost. Großmarkt-Chef Torsten Berens | |
sieht das geplante Musical „als Bereicherung und optimale Ergänzung, von | |
der wir nur profitieren können.“ Dass das Marktgelände, das Größte seiner | |
Art in Deutschland, durch die neue Nachbarschaft rund zehn Prozent seiner | |
Fläche verliert ist für Berens kein Problem. Die verbliebene Grundfläche | |
von rund 35.000 Quadratmetern sei „für den Handel ausreichend“, die zehn | |
Großmarktbeschicker, die für den Neubau weichen müssten, würden garantiert | |
„neue Plätze erhalten“. | |
Mit welchem Stück das neue Musical starten wird, ist noch ungewiss. Die | |
„Mehr! Entertainment“ hat gerade die Rechte an einer Bühnenfassung von | |
„Shrek“ erworben, auch ein Comeback des Musical-Klassikers „Cats“ ist im | |
Gespräch. Die Entscheidung über das Premierenstück soll aber erst in einem | |
Jahr fallen. | |
14 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
## TAGS | |
Musical | |
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