# taz.de -- Die Wahrheit: In den Frauenfängen des Wahnsinns | |
> Eigentlich sind ja wir Männer zuständig für geisteskranke Abenteuer und | |
> Eskapaden. ... | |
Eigentlich sind ja wir Männer zuständig für geisteskranke Abenteuer und | |
Eskapaden. Wer kletterte als Erster ohne Sauerstoffgerät auf den Mount | |
Everest, wer fror sich auf der Suche nach der Nordwestpassage die Nase ab, | |
wer rauschte in einem Fass die Niagarafälle hinunter? Männer, immer nur | |
Männer. Doch manchmal können auch Frauen in die klebrigen Fänge des | |
Wahnsinns geraten – zum Beispiel, wenn sie mit ihren Freundinnen | |
zusammensitzen und zu viel Rotwein im Spiel ist. | |
„Das machen wir!“, hörte Luis es aus dem Wohnzimmer herüberschallen, wo | |
Beate den Abend mit Teresa und Linda verbrachte. „Was habt ihr denn da | |
vorhin beschlossen?“, fragte er Beate später, als sie ins Bett kam. „Hm?�… | |
machte sie schlaftrunken: „Ach so – wir wandern nächstes Wochenende zwei | |
Tage durch den Burgwald. Mit Biwakübernachtung im Schlafsack!“ | |
Schlagartig war er hellwach. „Was?! Seid ihr denn noch bei Trost?“ – „A… | |
bitte“, murmelte sie, „wir wollen nur ein Wochenende unter uns sein.“ – | |
„Schön, aber es ist November!“, sagte er: „Ihr werdet euch sonst was | |
abfrieren!“ – „Vielleicht“, nuschelte sie. – „Außerdem hasst du Wa… | |
„Vielleicht.“ – „Warum wollt ihr die Tour dann machen?“ Keine Antwort. | |
„He!“ Keine Antwort. „Hallo?“ Keine Antwort. Leises Schnarchen. Debatte | |
beendet. | |
Tags drauf machte er den nächsten Versuch. „Hast du die Wettervorhersage | |
gehört? Vom Nordkap naht ein Tiefdruckgebiet, das pünktlich zum Wochenende | |
bei uns eintreffen wird.“ Beate freilich beschränkte sich darauf, „oha!“… | |
sagen, und ging in den Keller, um Schlafsack und Isomatte rauszusuchen. | |
Tatsächlich verließ sie am Samstag in aller Frühe die Wohnung. Draußen | |
pfiff der Wind ums Haus, und der Regen prasselte in dicken Tropfen gegen | |
die Scheiben. Am Nachmittag jagte ein Schneegestöber das nächste, und im | |
Laufe des Abends strebte die Temperatur stracks in Richtung Gefrierpunkt. | |
Luis versuchte, die wanderlustigen Damen anzurufen, doch sie hatten ihre | |
Handys ausgeschaltet. Er fasste den Plan, ein Rettungsteam | |
zusammenzustellen, und rief Theo an, Carlo, Staebo, Jens. | |
Erstaunlicherweise aber hatten alle seine Freunde wahlweise einen | |
Bandscheibenvorfall oder 39 Grad Fieber. | |
Am Sonntag war das Wetter nicht besser. Luis begann schon früh mit der | |
Herstellung einer heißen Suppe, und als er Beate am Abend draußen vorfahren | |
sah, drehte er den Heißwasserhahn der Badewanne auf. „Wie schön“, rief er, | |
„du lebst ja noch! Am besten steigst du gleich in die Wanne!“ Beate schaute | |
ihn verständnislos an. „Hä?“, sagte sie: „Ich will aber nicht in die Wa… | |
Und warum sollte ich tot sein?“ –„Na, weil ihr im Burgwald doch fast | |
erfroren sein müsst!“ – „Im Burgwald?“, sagte sie belustigt: „Du gla… | |
dass wir bei diesem Wetter …? | |
Ich bitte dich! Wir haben unsere Schlafsäcke bei Linda ausgerollt und das | |
ganze Wochenende alte Ally-McBeal-Folgen geguckt.“ Und während sie sich vor | |
Lachen schüttelte, begriff Luis, dass letztlich eben doch nur Männer so | |
bescheuert sind, ihre Wahnsinnsideen auch durchzuziehen. | |
21 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Joachim Schulz | |
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