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# taz.de -- Die Wahrheit: Zum Nachtisch einen Straußenarsch
> Manche Leute tun alles, um ins Fernsehen zu kommen. Neulich kletterte zum
> Beispiel ein Mann nackt auf die Statue von Prinz George.
Manche Leute tun alles, um ins Fernsehen zu kommen. Neulich kletterte zum
Beispiel ein Mann nackt auf die Statue von Prinz George, dem Herzog von
Cambridge, im Londoner Regierungsbezirk und harrte drei Stunden hoch oben
aus. Die Polizei sperrte die Gegend weiträumig ab, weil man glaubte, er sei
mit einem Messer bewaffnet. Wo aber hätte er das verstecken sollen?
Es ist wenig originell, sich nackt in der Öffentlichkeit zu zeigen und auf
Aufmerksamkeit zu hoffen. Schließlich passiert das selbst in England alle
Nase lang. Nicht viel besser war die Idee der Tory-Abgeordneten Nadine
Dorries, sich zwölf Tage lang ins Dschungelcamp in Australien einsperren zu
lassen und vor laufenden Kameras Straußenärsche zu essen. Die alberne Show
„I’m A Celebrity, Get Me Out of Here“ ist der letzte, verzweifelte Versuch
von C-Prominenten, noch einmal von sich reden zu machen, und seien es nur
höhnische Bemerkungen.
Dorries hielt das für eine gute Gelegenheit, jüngeren Zuschauern ihre
politischen Ziele nahezubringen: Abtreibungsverbot und die Lehre der
sexuellen Abstinenz in Schulen. „Ich bin Abgeordnete, weil Gott das so
will“, sagte sie einmal. Vermutlich hat Gott bald die Schnauze voll, falls
er eine hat. Den Zuschauern, die bei solch närrischer Fernsehkost gewiss
hart im Nehmen sind, reichte es schon früher.
Sie zwangen Dorries, ein paar Kamelzehen zu vernaschen, bevor sie die
Abgeordnete aus dem Dschungelcamp hinauswählten. Auch den Tories ist der
Kragen geplatzt. Sie warfen Dorries aus der parlamentarischen Partei. Und
bei ihren Wählern ist sie ebenfalls unten durch. Wer will sich schon von
einer Frau vertreten lassen, die in einer Wanne voller Würmer badet?
Sie hätten es bevorzugt, wenn sich Dorries um ihren Job gekümmert hätte,
statt sich einen Monat frei zu nehmen, um Rindergenitalien zu essen. Sie
behauptete, sie hätte ihren Fraktionsvorsitzenden Andrew Mitchell – ohne
ihm den Grund zu nennen – um Urlaub gebeten.
Mitchell bestreitet das. Allerdings bestreitet er auch, einen Polizisten
als „Schwachkopf“ bezeichnet zu haben, weil der sich weigerte, das Tor zur
Downing Street zu öffnen, damit Mitchell mit dem Fahrrad durchfahren
konnte. Stattdessen musste er den Seiteneingang nehmen. Der „Schwachkopf“
kostete ihn seinen Job, Mitchell musste als Fraktionschef zurücktreten,
weil man ihm seine Unschuldsbeteuerungen nicht glaubte.
Nur Dorries, die unter Kollegen „Mad Nad“ heißt, hielt damals zu ihm und
giftete wie so oft gegen David Cameron, den Premierminister, was der einzig
sympathische Zug an ihr ist. Allerdings ist es töricht, den eigenen Chef
bei jeder Gelegenheit zur Schnecke zu machen.
Was wird ihr nächster Schritt sein? Sie könnte unbekleidet auf die Statue
des Herzogs von Cambridge klettern. Von dort oben blickt sie direkt auf
Camerons Amtssitz in der Downing Street. Vielleicht war es ja der Premier,
der neulich nackt auf diese Statue geklettert ist, um wenigstens ein Mal
wegen etwas anderem als seiner Austeritätspolitik Schlagzeilen zu machen.
26 Nov 2012
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Die Wahrheit
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