# taz.de -- Die Wahrheit: Prinz Charles spricht Pidgin | |
> Neues aus Neuseeland: Es gibt kaum etwas Netteres, als morgens die | |
> Lokalzeitung aufzuschlagen ... | |
Bild: Mittlerweile verboten: Fuchsjagd mit einem ganzen Rudel von Hunden (Archi… | |
Es gibt kaum etwas Netteres, als morgens die Lokalzeitung aufzuschlagen und | |
jeden Tag das bleckende Doppelgebiss von Charles und Camilla zu sehen. | |
Nicht irgendwo bei der Fuchsjagd, sondern mitten unter uns. Dagegen | |
verblasst „Twinkle Toes“, der berühmteste Abrissbagger Christchurchs, den | |
wir meistens zum Frühstück serviert bekommen und dessen Stahlklauen fast so | |
funkeln wie die zweiten Zähne der rüstigen Royals. Aber wer will schon | |
dauernd Ruinen sehen. Dann doch lieber die Monarchie. | |
Sie war bei uns auf Staatsbesuch, und was soll ich sagen, my dears: Just | |
splendid! Truly delightful! Anstatt mit seiner Holden den 64. Geburtstag | |
teetrinkend in Highgrove abzusitzen, beschloss Prinz Charles, lieber seinen | |
am weitesten entfernten Untertanen einen Besuch abzustatten. Wahrscheinlich | |
tat der alte Bäumeflüsterer es nur seiner Mutter zuliebe. Die hält mit | |
ihrem diamantenen Kronjubiläum die ganze Familie auf Trab. | |
Die Tour begann in Papua-Neuguinea. Da spricht man Pidgin. „Mi nambawan | |
pikinini bilong misis kwin“, stellte Charles die | |
Verwandtschaftsverhältnisse bei der Ankunft in Port Moresby klar: Er sei | |
der Erstgeborene Ihrer Majestät. Vor 5.000 gebannt lauschenden Melanesiern | |
stellte er auch die Duchess of Cornwall vor, „misis bilong mi“. Die Misses, | |
die ihm gehört, brauchte bei der Begrüßungszeremonie der Huli-Krieger | |
wiederum die Hilfe eines Scotland-Yard-Beamten, als ihr ein | |
überschwänglicher Junge aus Versehen fast seinen Speer ins weiße | |
Sommerkleid bohrte. | |
Und so ging es weiter, Speer auf Speer und Schlag auf Schlag. Nach der | |
Südseevisite kamen wir Insulaner dran – sechs Tage und viele, viele Hakas | |
lang. Im Government House feierte Charles mit Camilla und 64 Neuseeländern, | |
die das gleiche Geburtsdatum teilen, seinen Jubeltag. Die sangen für ihn | |
„Happy Birthday“ auf Maori und er summte im Gegenzug den Beatles-Song „Wh… | |
I’m Sixty-Four“. Beschwingt schnitt er den Geburtstagskuchen an, ein | |
Arrangement aus 64 gebackenen Quadern, die allesamt mit einem Kiwiana-Motiv | |
verziert waren: Vögel, Farne, Flip-Flops. | |
So gar nicht „posh“ war auch eine andere Aufmerksamkeit des Küchenchefs: Er | |
hatte seine Privatbestände des nationalen Brotaufstrichs geplündert und | |
zauberte für den hohen Besuch ein Glas Marmite für die Käse-Sandwiches | |
hervor. Seit der Zerstörung der Marmite-Manufaktur in Christchurch ist das | |
„braune Gold“, das wie Schmieröl aussieht und nach Hefe schmeckt, rar und | |
kostbar geworden. Die Macht der Monarchie! | |
Die war auch in Christchurch zu spüren, wo das Paar zwischen den | |
Abrissflächen ein Tänzchen auf dem Dance-O-Mat wagte – ein münzbetriebener | |
Tanzboden im Freien. Dann wieder Kinderköpfe tätscheln und Hände schütteln. | |
Die Erdbebenopfer waren dankbar. | |
Ach ja, und im Weta-Workshop waren Charles und Camilla auch noch, um die | |
Pappnasen aus „Der Hobbit“ zu begrüßen. Gestern war Premiere. Die Zeitung… | |
sind vollgekleistert. Mittelerde-Invasion, leider nicht in Pidgin und ohne | |
Ständchen. | |
29 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Anke Richter | |
## TAGS | |
Großbritannien | |
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