| # taz.de -- Die Wahrheit: Schock für Dingficker | |
| > Nach dem geplanten Verbot der Zoophilie soll jetzt auch der Sex mit | |
| > Objekten verboten werden. | |
| Bild: Perverse Karottenficker lassen die von ihnen missbrauchten Möhren auf de… | |
| Die Menschen fragen M.* oft, was bei ihm schiefgelaufen sei. „Wir sind | |
| viele“, antwortet M. in solchen Situationen sogleich kämpferisch. Und | |
| schiefgelaufen sei bei ihm gar nichts, er stehe dazu: „Ich bin Dingen | |
| zugeneigt“, bekennt M. dann in einer Mischung aus Trotz und Überzeugung. | |
| „Genauer gesagt, liebe ich alles aus Metall, besonders Modelleisenbahnen | |
| und Wäscheständer.“ | |
| Er habe, so erzählt der 37-Jährige heute, lange damit gerungen, diese | |
| Neigung öffentlich zu machen. „Aber wir sind viele“, kommt es dann wieder | |
| gebetsmühlenartig aus seinen Metall liebenden Lippen. | |
| Nach Recherchen der Wahrheit gibt es in Deutschland rund 2,45 Millionen | |
| Dingficker. Die häufigsten Objekte der Begierde sind Autos, Maschinen jeder | |
| Art, Strümpfe, Musikinstrumente, Pantoffeln und organische Phallussymbole | |
| wie Karotten oder Zucchini. | |
| M. sieht sich in seiner Sicht der Dinge bestätigt: „Wir sind viele“, sagt | |
| er überraschenderweise. „Und wir haben ein Recht darauf.“ Der kleine, etwas | |
| schmächtige Mann mit dem Ziegenbart fährt sich genüsslich über die | |
| Metallschiene am äußeren Rand seiner Stiefel. | |
| Eigentlich ist M. in diesen Wochen nicht sehr entspannt, für seine Neigung | |
| bleibt ihm kaum Zeit. Denn M. ist zweiter Vorsitzender des kürzlich | |
| gegründeten Vereins „DingDong“, der sich für die Rechte von Dingfickern | |
| einsetzt. Außerdem organisiert der Verein Reisen „der etwas anderen Art“ | |
| und betreibt einen Onlineshop. | |
| „Nach dem Verbot der Zoophilie, also dem Sex mit Tieren, gibt es jetzt | |
| erste Vorstöße, auch Objektophilie zu verbieten, also den Sex mit | |
| Objekten“, empört sich M., der besonders gern mit Modelleisenbahnen | |
| schläft. Für ihn hat seine Modelleisenbahn eine Seele, er nennt sie Tranja. | |
| „Klingt so ähnlich wie Tanja und wie Transsib, die transsibirische | |
| Eisenbahn“, schwärmt er versonnen, zeigt sich aber sofort wieder | |
| kämpferisch: „Das lasse ich mir nicht nehmen!“ | |
| Vor zwei Wochen hat er Tranja das Jawort gegeben. M. ist zum dritten Mal | |
| verheiratet, zuvor mit einem Wäscheständer und einem Schlüssel, von dem er | |
| sich allerdings zwei Monate nach der Hochzeit trennte. „Wir haben viel | |
| rumexperimentiert, aber es hat sexuell einfach nicht mehr gepasst“, gibt | |
| der gelernte Maschinenbauer zu. | |
| Früher, so erzählt er, habe er eine Therapie machen wollen. Doch als seine | |
| Freundin, vor der er seine Leidenschaft geheim hielt, ihn schließlich in | |
| flagranti mit ihrem Wäscheständer erwischte, war für M. klar: „Ich liebe | |
| Dinge und werde immer dazu stehen.“ | |
| Zur Liebe gehört für M. selbstverständlich auch der Sex, von vorne, von | |
| hinten und eben von der Seite zwischen den Wäscheleinen durch. „Man darf | |
| das alles nicht als einseitig ansehen“, sagt M. Der Wäscheständer zum | |
| Beispiel habe sich nach acht Jahren Ehe von ihm getrennt, „weil ich ihn mit | |
| einem anderen Wäscheständer betrogen habe“. | |
| Umso froher ist er über Tranja: „Sie gibt richtig Gas und hat genau wie ich | |
| ihren Spaß.“ Deshalb verstehe er nicht, warum Politiker aller Parteien nun | |
| erwägen, „unsere Liebe zu verbieten“. Das sei populistisch und würde eine | |
| Vielzahl von Dingfickern kriminalisieren. Denn, so M., „wir sind viele.“ | |
| Schon in der Antike habe es Dingficker gegeben, beteuert M. Doch damals wie | |
| heute habe man nicht darüber gesprochen. „Alle haben es gemacht, aber | |
| keiner wollte es zugeben.“ Und nun droht auch noch ein mögliches Verbot. | |
| Bevor M., wie er es nennt, „die Reißleine zieht“ und nach Russland oder in | |
| die Schweiz auswandert, den Ländern mit der liberalsten Gesetzgebung für | |
| Dingficker, will er kämpfen. Er appelliert an die Dingschützer, die bisher | |
| weitgehend für eine Verschärfung der Gesetze eintreten: „Alles geschieht | |
| einvernehmlich.“ | |
| Doch Dingschützer wie der Würzburger Professor Meinhard von Wetzger bleiben | |
| skeptisch: „Vielleicht bin ich ein Spießer, aber das ist doch pervers, | |
| oder?!“, meint von Wetzger, der sich ein Verbot des Vereins „DingDong“ | |
| wünscht sowie ein neues Gesetz „gegen jeglichen sexuellen oder erotischen | |
| Kontakt mit Dingen außer mit zertifiziertem Sexspielzeug“. Zur Not will er | |
| dafür bis vor das Parlament der Dinge ziehen. | |
| Die Initiative von Wetzgers scheint einige Politiker zu beunruhigen, gerade | |
| vor dem kommenden Wahljahr. „Auch unter Politikern gibt es | |
| selbstverständlich Dingficker“, gibt M. zu Bedenken, „ob die sich | |
| allerdings dann outen, ist fraglich. Man steckt halt nicht drin.“ Dennoch | |
| ist M. zutiefst von seiner Mission überzeugt: „Wir sind viele.“ | |
| * Name der Redaktion gut bekannt | |
| 30 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Timo Reuter | |
| ## TAGS | |
| Zoophilie | |
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