# taz.de -- Gewalt in Berlin: "Ich beiße nicht" | |
> Jung, männlich, Migrant: Als Yilmaz Atmaca nach Berlin zog, hatten die | |
> Nachbarn Angst vor ihm. Ein Gespräch über Unsicherheit – die eigene und | |
> die der anderen. | |
Bild: Alleine unterwegs: für manche Berliner keine gute Vorstellung. | |
taz: Herr Atmaca, Sie kamen mit 24 Jahren aus der Türkei nach Deutschland. | |
Jung, männlich, Migrationshintergrund - folgt man den Statistiken, sind es | |
Profile wie Ihres, die häufig in der Intensivtätergruppe auftauchen. Welche | |
Reaktionen begegnen Ihnen auf Berlins Straßen? | |
Yilmaz Atmaca: Das kommt auf den Stadtteil an. In Kreuzberg, wo ich lebe, | |
falle ich nicht sonderlich auf. Aber ich habe auch lange in Weißensee | |
gewohnt. Meine Nachbarn wussten nicht, wie sie mit mir umgehen sollten und | |
blieben wie Meerschweinchen stehen, wenn wir uns zufällig im Treppenhaus | |
trafen. Sie waren fünf Jahren lang vorsichtig mir gegenüber. | |
Hatten Ihre Nachbarn Angst vor Ihnen? | |
Irgendwie schon. Ich komme auch heute öfter in die Situation, Menschen, die | |
ich nicht kenne, erstmal eine gewisse Sicherheit anbieten zu müssen. Mit | |
meinen Gesten und Äußerungen gleich klarzumachen: Ich beiße nicht. Diese | |
Vorsicht mir gegenüber erlebe ich vor allem bei älteren Leuten. | |
Wenn man davon ausgeht, dass andere Menschen Angst vor einem haben, muss | |
man sich vielleicht nicht mehr davor fürchten, selbst überfallen zu werden. | |
Gibt Ihnen Ihr Aussehen auch Sicherheit? | |
Nein. Viele würden das vielleicht genießen. Mir tut es weh. Ohne, dass ich | |
etwas dazu beigetragen habe, werde ich in die Schublade "potenzieller | |
Gewalttäter" gesteckt. Es kann durchaus gefährlich werden, wenn Leute aus | |
ihrer Angst heraus auf einen reagiereren. | |
Wurden Sie denn jemals angegriffen? | |
Nur verbal, nicht physisch. Ich bin Einsneunzig groß, das hat wohl eine | |
abschreckende Wirkung. | |
Erleben Sie Angst, wenn Sie sich durch Berlin bewegen? | |
Angst vielleicht nicht. Aber ich bin auf jeden Fall vorsichtig, wenn ich in | |
den Osten Berlins fahre, nach Marzahn oder Rummelsburg zum Beispiel. Früher | |
habe ich mich auch auf unerfreuliche Überraschungen vorbereitet. | |
Auf welche Weise? | |
Wenn ich spitze Gegenstände wie Schlüssel oder Kugelschreiber in der | |
Jackentasche hatte, habe ich sie in die Hand genommen, um mich damit im | |
Zweifelsfall zu verteidigen. | |
Wie verhalten Sie sich heute, um nicht zum Opfer zu werden? | |
Indem ich einen sicheren Gang, eine selbstbewusste Körperhaltung zeige. Ich | |
bin jederzeit wachsam. Ich frage mich an einsamen, dunklen Orten aber auch: | |
Fühle ich mich dort bedroht, weil ich eben aussehe, wie ich aussehe? Oder, | |
weil ich schlichtweg allein dort unterwegs bin? Da muss man unterschieden. | |
Die ganze Geschichte in der neuen Wochenendausgabe der taz.Berlin: Wie | |
gefährlich ist Berlin? Muss man sich hier fürchten und wenn ja, warum? Ein | |
dreiseitiger Schwerpunkt zum Thema. | |
13 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Joanna Itzek | |
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