# taz.de -- Die Wahrheit: Keine Schokoladenseite | |
> Ferrero kündigt dem Schauspieler Jan Josef Liefers. | |
Bild: Schwerer Schlag für die Goldkugel Jan Josef: Zu unglaubwürdig sei der … | |
Ferrero gibt „Tatort“-Pathologe die Kugel – und das direkt zu Jahresbegin… | |
Der Süßwarenhersteller hat die Zusammenarbeit mit dem Schauspieler Jan | |
Josef Liefers „mit sofortiger Wirkung“ beendet. Seit 2009 hatte der | |
beliebte Mime in Fernsehspots für die Praline „Rocher“ geworben. An der | |
Qualität seiner schauspielerischen Leistung habe Ferrero zwar nichts | |
auszusetzen, versicherte Firmensprecher Raffaelo Giotto. Allerdings habe | |
sich Liefers durch sein privates soziales Engagement „unglaubwürdig“ | |
gemacht. | |
„Wer die Organisation ’One‘ unterstützt, die gegen Armut und Kinderarbeit | |
eintritt, der steht konträr zu unseren unternehmerischen Ansätzen und ist | |
somit als Testimonial ungeeignet“, sagte Giotto. Ferrero kündigte an, | |
sämtliche „Rocher“-Spots unverzüglich zu stornieren und die Kampagne | |
künftig „authentischer“ zu gestalten. Man denke an Liefers’ künftigen | |
„Tatort“-Kollegen Til Schweiger. Dieser ist laut Giotto „idealerweise üb… | |
jede politische Position erhaben“. | |
Bundesverdienstkreuzträger Liefers gehört gemeinsam mit seiner Ehefrau, der | |
Schauspielerin Anna Loos, zu den prominenten Unterstützern der | |
entwicklungspolitischen Organisation One, die sich „gegen extreme Armut, | |
insbesondere in Afrika“, einsetzt – auf dortigen Kakaofarmen sollen | |
weltweit führende Schokoladenhersteller wie Nestlé, Mars und Ferrero | |
allerdings von Kinderarbeit profitieren, wie kürzlich der Norddeutsche | |
Rundfunk in der Dokumentation „Schmutzige Schokolade“ zeigte. Demnach habe | |
die internationale Kakaoinitiative ICI, finanziert von den großen | |
Herstellern, den Bauern und Kindern zwar Hilfe versprochen, aber nicht | |
eingehalten. „Ich weiß gar nicht, was Sie haben“, erklärte Ferrero-Sprech… | |
Giotto. „Deshalb heißt es doch auch ’Kinder-Schokolade‘. Kleiner Scherz.… | |
Liefers selbst erklärte zu seiner „Rocher“-Werbung und dem angekündigten | |
Rausschmiss nur knapp per Twitter-Meldung: „Jetzt stellt euch mal nicht so | |
an. Konsumieren muss ja nicht gleich kaufen bedeuten! ;-)“ Dem widerspricht | |
Markus Loco von der Hamburger Werbeagentur Zum röhrenden Hirschen: „Das | |
Persönlichkeitsprofil eines Testimonials sollte aus der Markenidentität | |
abgeleitet werden und sich harmonisch in die kreative Kommunikationsidee | |
einfügen.“ Entscheidend sei dabei eine „imagebasierte Passung von | |
Testimonial und Marke, das heißt der Grad der Übereinstimmung der | |
gedanklichen Vorstellungen.“ Offenbar drifteten diese im Fall | |
Ferrero/Liefers weit auseinander. Dies stelle allerdings weniger die | |
Glaubwürdigkeit der Marke als vielmehr die des werbenden Prominenten | |
infrage. Augenscheinlich mangele es Liefers, so Loco, an der „Kompetenz, | |
das Produkt objektiv bewerten zu können“. | |
Dies sieht die Lobbyorganisation One offenbar ähnlich, denn auch sie will | |
nun mit Liefers nicht mehr kooperieren. Sein Engagement bei Ferrero „fällt | |
letztendlich auf uns zurück, das können wir uns nicht erlauben, auch wenn | |
der Jan ein ganz netter ist“, sagte U2-Sänger und One-Aktivist Bono. | |
Liefers könne das sicher verstehen, er selbst habe schließlich in | |
Interviews und öffentlichen Auftritten stets betont, „dass Glaubwürdigkeit | |
im Zusammenhang mit Charity die gefragteste Währung“ sei. „Das wäre ja, a… | |
würde ich von Politikern mehr Geld für Entwicklungshilfe verlangen, aber | |
mein eigenes in den Niederlanden versteuern“, erklärte Bono: „Der Jan hat | |
immer gesagt: Es gibt nichts, was so nachwirkt wie das eigene Beispiel.“ | |
Für Ferrero hat die Kooperation mit Liefers noch ein finanzielles | |
Nachspiel: Eine fünffache Mutter aus Brandenburg hat gegen das Unternehmen | |
geklagt, weil sie „Rocher“ für ein fair gehandeltes Produkt gehalten hatte. | |
Sie sei ein großer Fan des Schauspielers und habe angenommen, „dass das | |
bestimmt nix Böses ist, wofür der Werbung macht, deshalb hab ich das ja | |
auch immer gekauft“, empörte sich Hannelore S. „Und jetzt bin ich wegen dem | |
zehn Kilo zu fett!“ | |
Das Gericht gab der Klägerin Recht: Liefers verleihe dem Produkt eine | |
„Wertigkeit“, die es in Wirklichkeit gar nicht habe. Das Unternehmen habe | |
sich zwar verpflichtet, seinen gesamten Kakao bis zum Jahr 2020 als | |
nachhaltig zertifizieren zu lassen – allerdings nicht durch das | |
Fairtrade-Siegel. Ferrero hat nun drei Millionen Euro bereitgestellt, um | |
die Konsumenten zu entschädigen. Sämtliche „Rocher“-Käufer in Deutschland | |
haben bis 15. Januar Zeit, einen Euro pro gekaufter Packung rückerstattet | |
zu bekommen, jedoch begrenzt auf maximal 20 Euro pro Kunde. | |
2 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Tanja Kokoska | |
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