# taz.de -- Aufstieg in die erste Liga: "Wir klopfen an die große Tür" | |
> Marc Arnold, Sportdirektor beim Zweitliga-Tabellenführer Eintracht | |
> Braunschweig, über wachsendes Vertrauen und gesteigerte Qualität | |
Bild: "Weiß, dass er hier ein Umfeld hat, in dem er seine Tore schießen kann"… | |
taz: Herr Arnold, wie waren die Bedingungen, als Sie 2008 hier angefangen | |
haben? | |
Marc Arnold: Eintracht Braunschweig war ein Verein, der sehr unruhig war. | |
Die Mannschaft hatte die Qualifikation für die Dritte Liga gerade so | |
geschafft. Der Verein war dabei, sich zu professionalisieren, die | |
Ausgliederung der Profiabteilung war gerade umgesetzt. Die Kollegen waren | |
motiviert, ein junges Team mit positiver Grundstimmung. | |
Und die Mannschaft? | |
Für meine Begriffe deutlich zu teuer, einige junge Spieler mit großem | |
Potenzial, was man daran sieht, dass von diesen Spielern sieben noch da | |
sind. Wir haben drei Spieler mit laufenden Verträgen abgegeben. Für uns war | |
klar: Wir können den Weg nur mit jungen Spielern gehen. | |
Gab es einen Plan? | |
Wir hatten einen Dreijahresplan: Im ersten Jahr die Klasse halten, im | |
zweiten Jahr einstelliger Tabellenplatz, im dritten Jahr um den Aufstieg | |
mitspielen. Das wurde nicht von allen getragen. Bei einem Traditionsverein, | |
wie es Eintracht Braunschweig ist, ist der Klassenerhalt in der Dritten | |
Liga nichts, was sich alle wünschen. Es hat gedauert, bis das Vertrauen in | |
uns und unsere Arbeitsweise da war. | |
Sie hatten da schon Erfahrung als Manager. | |
Ich hatte die Funktion vorher bei Hessen Kassel inne, Torsten Lieberknecht | |
hatte die A-Junioren der Eintracht trainiert. Da muss Vertrauen erst | |
entstehen. Irgendwann haben die Fans das mitgetragen. | |
Und die wirtschaftliche Lage? | |
Sehr angespannt. Wir mussten Spieler abgeben, um uns bewegen zu können. Wir | |
haben den Personaletat um 30 Prozent gesenkt und die sportliche Qualität | |
gesteigert: Im ersten Jahr waren wir 13., im zweiten Vierter und haben im | |
dritten, 2010/11, alle Rekorde der Dritten Liga gebrochen. | |
Gibt es jetzt einen Plan? | |
Gibt es, nicht ganz so konkret. Wir wollten uns in der Zweiten Liga | |
etablieren. | |
Muss nicht klappen. | |
Wir wollten mindestens drei Jahre in Folge in der Zweiten Liga bleiben. Das | |
ist schon deshalb wichtig, um das wirtschaftliche Fundament zu verbessern. | |
Ich weiß gar nicht, wann die Eintracht zum letzten Mal drei Spielzeiten in | |
der Zweiten Liga war. Nur die Wahrnehmung war eine andere. | |
Wie denn? | |
Wenn wir mit den Fans diskutiert haben und gesagt haben, dass Braunschweig | |
in den vergangenen 18 Jahren nur drei Spielzeiten in der Zweiten Liga war, | |
haben die gesagt: Kann nicht sein, nur drei Spielzeiten? | |
Nun sind sie seit dem zweiten Spieltag Erster. | |
Wir klopfen an die große Tür. Der Trainer und ich haben mal dort gespielt, | |
da willst du auch wieder hin. Es ist aber jedem klar, wie außergewöhnlich | |
es ist, dass wir da oben sind. | |
Tabellenführung sind Sie gewohnt. | |
Die Spieler kennen das aus der Dritten Liga, da ist keiner, der damit nicht | |
umgehen kann. Ein paar haben gesagt: Die werden Probleme bekommen, wenn die | |
mal verlieren. Wir haben gegen Cottbus verloren und dann zehn Punkte, drei | |
Siege, ein Unentschieden, geholt. | |
Was muss eine Mannschaft haben, die das kann? | |
Die Mannschaft ist sehr fokussiert, hat Biss, kann Rückstände aufholen. Wie | |
wir aus der Winterpause kommen, weiß niemand, aber über die bisherigen | |
Spiele kann man sagen: Die Mannschaft ist zusammengewachsen, viele Abläufe | |
sind routinemäßig eingespielt. Von daher ist die Voraussetzung gut, dort zu | |
bleiben, wo wir sind. | |
Es geht ja nun drum, wie viel Potenzial da ist. | |
Die Mannschaft ist nicht am Ende ihrer Entwicklung. Dazu sind wir noch | |
nicht lange genug in der Zweiten Liga. Die Spieler sind hungrig, gierig, | |
jeder freut sich, da zu spielen. Keiner nimmt das für selbstverständlich. | |
Da sehe ich Ernsthaftigkeit und Demut. Sie hören dem Trainer zu und setzen | |
das um, die nehmen die Dinge an, sie sehen, dass das zum Erfolg führt. | |
Ein paar Verträge laufen aus. | |
Gespräche laufen. | |
Sie lächeln, also laufen die Gespräche gut. | |
Na ja, die Spieler müssen überlegen, was Sinn macht. Kumbela weiß, dass er | |
hier ein Umfeld hat, wir ihm ein Umfeld bieten, in dem er seine Tore | |
schießen kann. Es war nicht ganz einfach, ihn hier wieder durchzusetzen, | |
nachdem er mal da war. Er arbeitet aber viel professioneller als damals. | |
Und das wirtschaftliche Potenzial? | |
Im Aufstiegsjahr haben wir 235.000 Euro Gewinn gemacht, im Geschäftsjahr | |
2011/12 nun 1,7 Millionen. Ich glaube, das ist in der Zweiten Liga eine | |
außergewöhnliche Leistung. | |
Als Profi haben Sie selbst erlebt, was passiert, wenn ein Aufsteiger in die | |
Erste Liga alles umkrempelt. | |
Sie meinen Hertha in der Saison 97/98. Stimmt. Da kamen Spezialisten wie | |
Sergey Mandreko, Alphonse Tchami, Bryan Roy. Und die Spieler, die den | |
Aufstieg klargemacht haben, saßen draußen. Das hat nicht funktioniert, dann | |
haben wieder wir Alten wie Ante Covic und die anderen gespielt, wir haben | |
dann fünf oder sechs Siege hintereinander geholt. Wir machen jetzt die | |
Erfahrung, dass eine eingespielte Mannschaft Vorteile bringt. Das war auch | |
beim Aufstieg in die Zweite Liga so. Wir haben im Sommer nur vier Spieler | |
geholt, obwohl alle sagten: Das zweite Jahr wird viel schwerer. | |
Die Erste Liga ist eine andere Hausnummer. | |
Das ist mir klar. Aber die Mannschaft hat 44 Punkte geholt, in ihr muss was | |
stecken. Wir verlängern die Verträge nicht im Hinblick auf die Liga, in der | |
wir nächste Saison spielen, sondern weil die Spieler gut sind. Die Gruppe | |
ist intakt, wenn wir aufsteigen sollten, muss die Qualität der Neuzugänge | |
höher sein. | |
Was ist mit der Infrastruktur? | |
Wenn der Ausbau fertig ist, fasst das Stadion 25.000 Zuschauer. Wenn die | |
Haupttribüne fertig ist, können wir bei der Vermarktung mehr machen. Wir | |
haben 13.000 Dauerkarten und sind ständig ausverkauft. Mehr als ausverkauft | |
geht nicht. | |
Was wäre noch nötig? | |
In der Ersten Liga bräuchten wir Rasenheizung auf dem Trainingsplatz und | |
müssten dort das Flutlicht verbessern. Wir haben ein | |
Nachwuchsleistungszentrum in der Stadt, tolle Anlage: Das sind vier Rasen- | |
und ein Kunstrasenplatz, da entwickelt sich was. Der wirtschaftliche und | |
finanzielle Aufwand wächst in diesem Bereich. Wir heben die Qualität der | |
Trainer, Jugendarbeit ist ein langfristiger Prozess. Die U 23 ist in der | |
Oberliga Tabellenführer, U 19 und U 17 spielen Regionalliga, vielleicht | |
steigt eine von beiden auf. | |
Viele Gründe, euphorisch zu sein. | |
Wie bremsen nichts. Wir hindern niemanden daran, sich zu freuen. Was | |
anderes ist, wie wir – Trainer, Mannschaft – damit umgehen. Wir müssen | |
fokussiert bleiben, dürfen uns nicht ablenken lassen, müssen alles weiter | |
genau angucken, sachlich bleiben in der Analyse. | |
Es klingt, als arbeite direkt nebenan ein Presslufthammer. Wie lange geht | |
hier schon so? | |
Im Moment ist das seit zwei Tagen so. Ich hab das Gefühl, der | |
Presslufthammer sitzt in meinem rechten Ohr. | |
Wann wird die neue Geschäftsstelle fertig? | |
Im Sommer. | |
Eigentlich ist diese Baustelle Ihre einzige. | |
Ja, alles andere flutscht. | |
6 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Roger Repplinger | |
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