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# taz.de -- Die Wahrheit: Gott ohne Ohrläppchen
> Neues von den Religionen dieser Welt.
Wem die reale Welt zu dünn ist, sucht sich anderswo fette Wahrheiten. Was
man dann in der aberschönen Welt des Glaubens alles findet, ist kaum zu
glauben, aber schön zu wissen. Die Wahrheit liefert deshalb an dieser
Stelle einige Beispiele, wie es in den Religionen unseres Erdenballs
heutzutage noch immer zugeht.
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In der Sekte der Guthäusler im mährischen Teil Böhmens ist die Beschneidung
der Knaben das Zeichen des heiligen Bundes mit den Guthäuslern. Acht
Minuten nach der Geburt müssen dem neuen Erdenbürger die Ohrläppchen
abgeschnitten werden. Die Beschneidung wird in den heiligen Schriften der
Guthäusler zwar nicht erwähnt, doch soll ihr Prophet Gotthilf Gottwald
Guthaus schon ohne Ohrläppchen zur Welt gekommen sein.
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Die Eisfuß-Inuit der kanadischen Städte beten seit der Christianisierung im
17. Jahrhundert Socken an. Schubladen mit Socken bezeichnen sie als
Tabernakel, und im Waschen der Socken besteht ihr Gottesdienst. Von Socken,
die unauffindbar verschwinden, heißt es, dass sie in die ewige Seligkeit
eingegangen und in voller Leiblichkeit in den Sockenhimmel aufgefahren
seien, wo sie ihre Besitzer erwarten, wenn sich diese am Ende ihrer Tage
„auf die Socken machen“.
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Die Theodor-Christen in Unterindien ziehen vor dem Betreten ihrer Tempel
nicht die Schuhe aus, sondern die Wäsche.
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In der vom Glauben an eine Muttergottheit geprägten Gesellschaft der
niederafrikanischen Iwo besteht das übliche Brautgeschenk in zwei, drei
Kindern, die die Frau in die Ehe einbringt.
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Bei den Gespenstern in den dänischen Schlössern Südschwedens gilt die Zeit
zwischen ein Uhr nachts und Mitternacht als sogenannte Menschenstunde.
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Die Kaukasier im Norden Birmas werden von ihren Nachbarn als Teufelsanbeter
blutig verfolgt. Zu Unrecht, da sie in Wahrheit Gott anbeten. Allerdings
wurde Gott nach dem Glaubensbekenntnis der Kaukasier vom Teufel erschaffen.
Ihre Nachbarn sehen das genau andersherum, und deshalb werden sie von den
Kaukasiern blutig verfolgt.
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Bei den Aloren auf Südhawaii küsst sich ein Hochzeitspaar nach der Trauung
nicht, sondern spuckt sich ins Gesicht, weil Speichel der Saft der Götter
ist.
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I gauga o gaugu m gaugl, „Ehre sei Gott in der Höhe“: Unverkennbar
christlichen Einfluss zeigt die Religion der Takatuka-Indianer in der
Inselwelt der Südsee.
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Bei der Transsubstantiation verwandelt der Juniorpapst der „Weltweiten
Kirche des göttlichen Pneumas“ seinen Darmwind in den Atem Gottes. Wer ihn
atmet, weiß, dass Gott in ihm ist, und darf deshalb gewiss sein, dass der
Darmwind in den Atem Gottes verwandelt wurde.
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Bei den Kakauzen im europäischen Teil Krawumistans gelten Katastrophen als
Glücksbringer.
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„Nur wer tot ist, lebt ewig!“ Mit diesem Segensspruch versehen, marschieren
sie begeistert durch die Pforte des Todes und gehen ins Paradies ein: Die
Anhänger des als Messias Jesus Christus II. wiedergeborenen Johnny „The
Machine Gun“ Bangster.
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Im abessinischen Teil Äthiopiens gilt die 31 als Unglückszahl. Zwar besagt
der abessinische Volksglaube zugleich, dass der 31. jedes Monats Glück
bringt, aber die Monate des abessinischen Kalenders haben nur 30 Tage, und
das ist das Unglück.
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Das Ende ist nah! Jesus wird auf einem Kometen zur Erde reiten, mit einer
riesigen Arschbombe in den nordamerikanischen Großen Seen aufklatschen und
von der Flutwelle nach Washington geschwemmt, wo er auf der Spitze des
Kapitols seinen Thron aufstellt. Dort wird er, so lehrt es die „Heilige
Religion der Gläubigen der Heiligsten Religion von allen“, Gericht über die
Welt halten und alle zum Gespött machen bis ans Ende ihrer Tage, die an
seine Wiederkehr glaubten und der „Heiligen Religion der Gläubigen der
Heiligsten Religion von allen“ anhingen.
8 Jan 2013
## AUTOREN
Peter Köhler
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