# taz.de -- Johannes Bitter über Gewerkschaften: "Die Spieler sind ein Stück … | |
> HSV-Torwart Johannes Bitter ist Mitgründer der Handballer-Gewerkschaft | |
> Goal, die gegen die Überlastung im Profi-Handball kämpft. Die Spieler, | |
> sagt er, müssen den Funktionären die Augen öffnen. | |
Bild: "Wir sind die Hauptakteure": Johannes Bitter bei der WM 2011 im deutschen… | |
taz: Herr Bitter, viele deutsche Spitzenspieler sind nicht bei der WM in | |
Spanien. | |
Johannes Bitter: Wenn alle guten dabei wären, dann wäre die Mannschaft noch | |
besser. Dass einige nicht dabei sind, hat verschiedene Gründe. Einige sind | |
verletzt, andere krank, anderen ist die Belastung zu hoch. Das sind alles | |
verständliche Gründe. | |
Gewerkschaften greifen irgendwann zu Kampfmaßnahmen. | |
Man muss dann darüber reden, bei einer EM oder WM nicht zu spielen. Klar | |
ist, die Stimmung war noch nie so aufgeladen, es gab noch nie so viele | |
Bestrebungen, den Terminplan runterzufahren. Man muss das am | |
Verhandlungstisch versuchen, aber über kurz oder lang wird es auch möglich | |
sein, eine Mehrheit für einen Streik zu finden. | |
Wie viele Mitglieder hat die Gewerkschaft Goal? | |
So zwischen 80 und 100, das schwankt immer ein bisschen, wenn Spieler ins | |
Ausland gehen, andere zurückkommen. | |
Das ist so etwa jeder Zweite, Dritte Profi der Liga? | |
Ja. Es sind mehr Ausländer als Deutsche bei uns Mitglied, weil die bei den | |
Topclubs spielen und die größten Probleme haben. | |
Was ist das größte Problem? | |
Die Zahl der Spiele. Ein Spieler wie Domagoj Duvnjak, wenn er alles | |
mitmacht, kommt auf 90 bis 100 Spiele im Jahr. Jeden dritten Tag ein Spiel. | |
Das geht nicht, jedenfalls nicht auf Dauer. Die Regeneration reicht nicht | |
mehr, kleine Verletzungen werden nicht mehr auskuriert, irgendwann ist so | |
ein Spieler mental und körperlich am Ende. | |
Die Liga allein ist es nicht. | |
Nein, die kann jeder durchhalten. Aber wenn dann an Weihnachten, wie in | |
dieser Saison, keine Pause ist und danach eine WM und vier, fünf Tage nach | |
dem WM-Finale ein Pokalspiel wie das gegen Burgdorf, und das über Jahre | |
hinweg, dann geht das nicht. | |
Welche Wettbewerbe sollen noch kommen? | |
Die European Olympic Games zum Beispiel. | |
2015 in Baku, Aserbeidschan. | |
Ja, da soll auch Handball gespielt werden. Es geht nur ums Geld verdienen, | |
die Spieler werden nicht beachtet, die sind ein Stück Fleisch. Wir Spieler | |
brauchen ein Mitspracherecht. Wir sind die Hauptakteure, auch wenn man | |
manchmal das Gefühl hat, dass das nicht alle so sehen. | |
Was passiert, wenn es so weiter geht? | |
Es wird in Zukunft noch schwieriger, es werden sich noch mehr Spieler | |
verletzen, es werden immer weniger Spieler zur WM und EM fahren, die | |
Großveranstaltungen werden unattraktiver, irgendwann steigen die Zuschauer, | |
die Sponsoren aus, irgendwann verschwindet der Handball im Niemandsland. | |
Die Vereine sind auf ihrer Seite? | |
Ja. Der Group Club Handball (GCH), ein Zusammenschluss verschiedener | |
europäischer Spitzenvereine, zum Beispiel. Die deutschen Spitzenvereine. | |
Wo ist das Problem? | |
Die internationalen Verbände sind das Problem, die Internationale | |
Handballföderation (IHF), mit ihrem Präsidenten Hassan Moustafa, die ist | |
unantastbar, die wehren sich gegen alles, die diskutieren mit niemandem. | |
Muss das der Deutsche Handballbund lösen? | |
Das Problem kann nur von den Verbänden, Vereinen, Ligen und Spielern | |
gemeinsam gelöst werden. Es ist auf diplomatischem Wege in der | |
Vergangenheit viel erreicht worden. Der ganz große Wurf kann nur gelingen, | |
wenn Moustafa endlich versteht, dass er die Probleme eher vergrößert als | |
verbessert. Am Ende können es nur die Spieler sein, die die Reißleine | |
ziehen und den Funktionären die Augen öffnen. | |
20 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Roger Repplinger | |
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