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# taz.de -- Beatrix dankt nach 33 Jahren ab: Lang leve de Koningin
> Nach 33 Jahren dankt Königin Beatrix ab. Was ist die Geschichte dieser
> Monarchin? Drei Versuche einer Annäherung.
Bild: Der Handel mit Beatrix-Devotionalien läuft, seit die Königin ihr Abschi…
Gefühlsduselei in Oranje
Es war nur eine winzige, beinahe verschämte Randbemerkung im
monarchietrunkenen Ausnahmezustand, in dem die Niederlande zurzeit
verkehren: „Beatrix tritt ab“, meldete die Website der republikanischen
[1][Nieuw-Republikeinse Genootschap]. Und folgerte: „Auf zur Republik!
Vielleicht ist dies der richtige Moment, sich als Sympathisant der
Republikaner zu registrieren.“
Mit Verlaub, werte Monarchiekritiker, Sie leiden an Realitätsverlust. Einen
Tag nach der Ankündigung von Königin Beatrix, in Bälde von ihrem Thron zu
steigen, überschlagen sich ihre Untertanen in ungekannter Loyalität.
Premier Rutte, der noch im Herbst veranlasste, die politischen Befugnisse
der Königin zu beschneiden, will die Thronübergabe zu einem „prächtigen
Fest für alle Niederländer“ machen.
Im Internet explodiert derweil der Handel mit Beatrix-Devotionalien. Selbst
die liberale Partei D66 mit ihren republikanischen Tendenzen und der
monarchiekritische Rechtspopulist Wilders danken der „Majestät“. Fazit:
Einsamer als ein Republikaner in den Niederlanden kann man sich dieser Tage
kaum fühlen. Bei rund 75 Prozent lag die Zustimmung zur Oranje-Dynastie,
bevor Beatrix ihren Abschied verkündete. Man kann davon ausgehen, dass
diese Zahl noch steigt.
Wenn die Niederlande zuletzt überhaupt noch über die Monarchie
debattierten, ging es um eine Beschneidung ihrer politischen Befugnisse.
Die Situation am Tag nach Beatrix’ unerwarteter Rücktrittsankündigung
entspricht dieser diskursiven Bankrotterklärung.
Premier Rutte erklärte, das besagte Volksfest solle in Anbetracht der
anhaltenden Finanzkrise zwar prächtig, aber nicht zu pompös sein – auf
Wunsch der abtretenden Monarchin. Dies wiederum dürfte dann den
oranje-bewegten Schulterschluss noch ein paar Prozentpunkte weiter tragen.
Wenn es den letzten Republikanern ernst ist, bleibt ihnen anscheinend nur
die Emigration. TOBIAS MÜLLER, AMSTERDAM
Farbenfroh und tadellos
Königin Beatrix hat keine Angst vor knallbuntem Lidschatten. Andere, man
könnte sagen: gewöhnliche Frauen wirken mit blauen Puder über dem Auge wie
eine schlecht kolorierte Schaufensterpuppe. Die niederländische Regentin
aber schminkt sich, wie sie sich kleidet: farbenfroh, dennoch tadellos.
Bei der Ankündigung ihrer Abdankung im niederländischen TV am Montagabend
war wieder einmal die perfekte Beatrix zu sehen: Vor ihr auf dem
aufgeräumten Schreibtisch steht ein geschmackvolles Blumenarrangement, die
Haare sitzen wie ein Helm, der Schmuck am Handgelenk ist unter den
(3)/4-Ärmeln sichtbar, funkelt aber nicht auffällig. Eine disziplinierte
Frau, die drei Kinder großgezogen hat und trotzdem für ihr Land im Dienste
stand.
Von 1965 bis 2007 war Theresia Vreugdenhil aus Amsterdam für den Look der
Königin verantwortlich. Mit ihr zusammen entwickelte sie Stücke, die
niemals enganliegend, aber körpernah geschneidert sind. Trug Beatrix zu
Beginn der Achtziger häufig noch rüschige, fließende, gar leicht
transparente Outfits mit blumigem Muster, ähnelte ihre Kleidung mit der
Zeit einem undurchdringlichen Panzer aus edlem, steifem Seidenstoff.
Beatrix Mann, der kränkliche Sympath Prinz Claus, wirkte neben seiner
aufgerüsteten Frau furchtbar verletzlich. Seit seinem Tod puffern Schals
und Capes in gedeckten Tönen diese Wirkung etwas ab. Aus der Working Mom,
die ihre Kinder im Kleinwagen zur Schule schickte, wurde eine Working
Granny, und die dürfen selbst in den farbverliebten Niederlanden zum Beige
tendieren.
Den kleinen Exzess im Schminktöpfchen kann sie sich trotzdem noch leisten.
Auch heute würde sie zwar niemand als klassische Schönheit bezeichnen, doch
sie wirkt niemals billig. Wie auch? Sie besitzt eine goldene Kutsche und
Gold, das passt doch zu allem. NATALIE TENBERG
Lecker Mittagsessen
Manchmal ist die Kopie einfach besser als das Original - zumindest verhält
es sich so mit dem Beatrix-Bild in Deutschland, das seit dem 21. April des
Jahres 1991 völlig überlagert ist. Seitdem Hape Kerkeling die gesamte
Sicherheitsmannschaft des Schlosses Bellevue in Berlin genarrt hatte und
als Königin verkleidet vor laufender Kamera vorgefahren war - „Klaus und
Ich wollten lecker Mittag essen“ - war es irgendwie vorbei mit der
königlichen Würde.
Kerkeling muss es schon vor über zwanzig Jahren unglaublich in den Fingern
gejuckt haben ob dieser Steilvorlage: Die Klamotten, die Beton-Frisur, das
Automatik-Winken nach dem Vorbild des Glühbirnen-Einschraubens, all das
schrie förmlich nach einer Travestienummer - die dem damals noch nicht
„geouteten“ Kerkeling bravourös gelang: Das Land lag auf dem Boden vor
Lachen, die Bellevue-Nummer wurde zu Kerkelings wohl größtem Erfolg
überhaupt.
Und ein Fanal: Die Zeiten des deutschen Obrigkeitsstaates schienen knapp
zwei Jahre nach Mauerfall endgültig vorbei. Staatsakt, Hymne, Monarchie?
Ach was, das ganze Leben ist ein Quiz.
Trotzdem ist Beatrix Abdankung nun ein kleines Trauerspiel für die Schwulen
und Lesben dieser Welt, denn schon seit vielen Jahren gehört der 30. April,
der Koninginnedag, zu einem der wichtigsten weltweiten „Pink Events“, wenn
auch inoffiziell. Eigentlich wird an diesem Nationalfeiertag der Geburtstag
der Königin gefeiert.
Aber der Koninginnedag ist auch eine Art zweiter CSD, Schwule und Lesben
aus aller Welt reisen nach Amsterdam, um Party zu machen. Besonders
ausgelassen gefeiert wird entlang der Amstel zwischen dem Muntplein und dem
Waterlooplein sowie auf dem Westermarkt beim Homomonument, aber auch an der
Warmoesstraat und auf dem Zeedijk – aber wie soll das nun ohne Beatrix
werden? Es ist ein Trauerspiel. Schlimmer ist nur, dass Hape Kerkeling auch
aus dem Showgeschäft aussteigen möchte. MARTIN REICHERT
29 Jan 2013
## LINKS
[1] http://www.republikeinen.nl/
## AUTOREN
N. Tenberg
T. Müller
M. Reichert
## TAGS
Königin Beatrix
Niederlande
Monarchie
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