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# taz.de -- Die Wahrheit: Krisenpartys
> Schwabinger Krawall: Der Hubsi hat gesagt, zurzeit sei es schwierig mit
> den Festen, weil sich die Szenepeople nicht mehr feiern trauten ...
Der Hubsi hat gesagt, zurzeit sei es schwierig mit den Festen, weil sich
die Szenepeople nicht mehr feiern trauten, um nicht die Leute vom
Rettungspaket misstrauisch zu machen, und deswegen alle auf die Malediven
abgedampft seien. Immerhin wisse er eine Bankrottparty in der Praxis einer
Geistheilerin, ein Untergangsfest in einer pleitegegangenen Galerie und die
Abwracksause einer Pasinger Vermögensverwaltung sowie ein paar Geburtstage
von ehemaligen Börsennasen.
Auf dem Geistheilerinnenfest hat der Jackie die schweizerische Verlobte vom
Ferrari-Schorsch getroffen, die erzählt hat, dieser sei ein derartiger
Depp, weil er seit Wochen den ganzen Tag überlege, ob er seinen alten
Lamborghini lieber abwracken oder in der Schweiz verkaufen solle, wegen den
Steuern, wozu er ihn aber erst hinfahren müsste, und ihr gehe das Gejammer
so auf die Nerven, dass sie sich überlege, ob sie nicht gleich selber in
die Schweiz zu dem Autohändler zurückgehen solle, den sie damals wegen ihm
sitzengelassen habe, dem es aber inzwischen wirtschaftlich viel besser gehe
als damals und der im Bett übrigens eine Granate sei, im Gegensatz zum
Ferrari-Schorsch, mit dem seit der Krise gar nichts mehr laufe. Der Jackie
hat gesagt, dass er davon nichts verstehe, und wo hier eigentlich das
Buffet sei. Ein Buffet, hat sie gesagt, gebe es nirgends mehr, nur Chili
und Guacamole und die Nummer von einem Pizzaservice.
In der Pleitegalerie hat sich der Jackie von einem Bildhauer erzählen
lassen, dass es eine Abwrackprämie für alte Großskulpturen geben müsse,
weil sonst in Krisenzeiten niemand mehr neue Großskulpturen kaufe, dann war
das Bier aus, also sind sie mit dem Taxi zu der Vermögensverwaltung, haben
zum Fahrer gesagt, er solle am besten warten, sind nach einem kurzen
Gespräch über den Selbstmord eines ehemaligen Börsenmaklers wegen der Hypo
Real Estate mit vier Bier und einer Schüssel Guacamole geflüchtet und nach
drei Kurzabstechern in irgendwelche Wohnungen, wo sie jeweils eine Schüssel
Chili gegessen und ein Bier getrunken haben, in Gern beim Geburtstag einer
arbeitslosen Schauspielerin gelandet, die geklagt hat, der Mutterkonzern
ihrer Filmproduktionsfirma habe seine deutsche Dependance verpfändet, um
unter den US-Rettungsschirm zu kommen, weswegen sie keine anständigen
Hauptrollen mehr kriege und sich nicht mal mehr ein vernünftiges
Kaviarbuffet leisten könne.
Der Jackie hat ihr aus Mitleid die halbvolle Schüssel Guacamole geschenkt,
dann den Hubsi nicht mehr gefunden und vor Verzweiflung in das
Menschengewimmel und Gebrabbel über Krise hineingebrüllt, dass ihm
augenblicklich jemand ein Taxi rufen solle, weil er sonst alles
zusammenschlagen werde.
Von dem Geschrei ist er aufgewacht und hat verwundert festgestellt, dass er
daheim vor dem laufenden Fernseher liegt. Noch verwunderter war er, wie er
beim Aufstehen in eine halbvolle Schüssel Guacamole gestiegen ist, hat dann
aber beschlossen, nicht mehr drüber nachzudenken, das Zeug ins Klo
geschüttet und sich ins Bett gelegt.
7 Feb 2013
## AUTOREN
Michael Sailer
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