# taz.de -- Partizipation: "Gute Dinge brauchen lange" | |
> Die Sanierung des Landwehrkanals wird bis zu 100 Millionen Euro billiger | |
> – dank Bürgerbeteiligung. Doris Fortwengel hat fünf Jahre Mediation | |
> durchgestanden. | |
Bild: Die Bäume am Landwehrkanal dürfen bleiben | |
taz: Frau Fortwengel, Sie haben sich als Anwohnervertreterin dafür | |
eingesetzt, dass das bröckelnde Ufer des Landwehrkanals auch ohne | |
Baumfällungen saniert werden kann. Fünf Jahre hat das gedauert. Warum haben | |
Sie sich das angetan? | |
Doris Fortwengel: Ich wohne direkt an der Admiralbrücke. Wenn dort Bäume | |
gefällt werden sollen, bekommt man plötzlich eine persönliche Beziehung zu | |
denen. Was wäre der Kanal ohne Bäume? Anfangs dachten wir, dass das ganze | |
Verfahren ein halbes Jahr dauert. Dann sollte es zwei Jahre dauern, und so | |
weiter. | |
Damals bestand die Bürgerinitiative „Bäume am Landwehrkanal“ aus 15 | |
Personen. Wie viele sind dabeigeblieben? | |
Zum Schluss waren wir zu fünft. Manche haben einfach nicht das Temperament | |
dafür. Es geht nicht darum, sich anzuschreien, sondern darum, miteinander | |
zu reden, Vertrauen aufzubauen. Wir sind ja alle groß im Protestieren. Aber | |
das Schwierige ist, eine gemeinsame Lösung zu finden – mit 25 Verbänden, | |
die ganz unterschiedliche Interessen haben. Am Anfang hat niemand gedacht, | |
dass das gelingen kann, aber jetzt ist es ein Riesenerfolg. | |
Was war am schwierigsten? | |
Der ständige Wechsel der Kontaktpersonen in den Arbeitsgruppen und den | |
Schifffahrtsbehörden. Irgendwann haben wir uns daran gewöhnt. Die vorletzte | |
Leitung des Schifffahrtsamts hat sich ein Jahr lang eingelesen. Es kam | |
immer wieder zu Konflikten. Wir mussten um jedes einzelne Gutachten ringen. | |
Zum Glück gab es Mediatoren, damit es friedlich blieb. | |
Wie viel Zeit haben Sie in den ganzen Jahren reingesteckt? | |
Es ist frustrierend, wenn man das zusammenzählt. Insgesamt waren es 39 | |
große Sitzungen à 5 Stunden. Rechnet man die anderen Termine dazu, kommt | |
man in den fünf Jahren auf 600 bis 1.000 Stunden – ehrenamtlich. Man muss | |
Ausdauer mitbringen. Ich bin Freiberuflerin, deshalb konnte ich mir | |
nebenher Zeit nehmen. Meine Kinder musste ich manchmal zu den Sitzungen | |
mitnehmen. | |
Was war Ihr Schwerpunkt? | |
Ich bin nicht dazu geeignet, irgendwelche Flusskrebse voneinander zu | |
unterscheiden. Ich bin Architektin. Ich habe mich mit der Statik befasst | |
und immer Kontakt zu Politikern gesucht. Jeder hatte irgendetwas, worin er | |
gut ist. Mein Mann hat Physik studiert. Auch das war sehr nützlich, um zu | |
verstehen, wie der übermäßige Schiffsverkehr die Ufermauer zerstört hat. | |
Dann haben wir einen Experten gefunden, der festgestellt hat, dass die | |
Bäume am Kanal nicht gefällt werden müssen, weil sie eben nicht an die | |
Uferwand drücken. Dadurch sind die Sanierungskosten viel kleiner geworden. | |
Würden Sie das Ganze nochmal machen? | |
Ich weiß es nicht. Ich glaube zumindest, dass alle Beteiligten etwas | |
gelernt haben. Einer aus dem Amt sagte, er gehe jetzt bei Konflikten anders | |
mit seinen Mitarbeitern um. Man lernt, die andere Seite zu verstehen und | |
sich zu einigen. Das ist der Gewinn. Gute Dinge brauchen eben lange. | |
Die Mediation war erfolgreich. Ab 2014 soll der Kanal saniert werden. Sind | |
Sie jetzt raus aus der Nummer? | |
Nein, wir ringen jetzt darum, auch in die Ausführungsplanung eingebunden zu | |
werden. Wir wünschen uns einen offenen, transparenten Prozess. Wir haben | |
nicht fünf Jahre gearbeitet, damit beim Schifffahrtsamt jetzt alles im | |
Sande verläuft. | |
7 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Martin Rank | |
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