# taz.de -- Old-School-Fußball läuft nicht mehr: Den Faden verloren | |
> Werder Bremen verliert gegen den SC Freiburg nicht nur 2:3, sondern auch | |
> den Anschluss ans internationale Geschäft. | |
Bild: (Ex-)Bremer, den das Spiel zufrieden gemacht haben dürfte: Max Kruse fre… | |
BREMEN taz | Manchmal machen gerade Rückfälle deutlich, wie sich der | |
Fußball weiterentwickelt hat. Als die Abwehrspieler von Werder Bremen Mitte | |
der 1. Halbzeit den Ball hilflos hin- und herschoben, hob am Samstag sogar | |
das ansonsten sehr geduldige Bremer Publikum zum Pfeifkonzert an. Quer- und | |
Rückpässe in der eigenen Spielhälfte, noch bis vor zehn Jahren ein | |
prägendes Stilmittel des deutschen Fußballs, sind inzwischen tabu – zumal | |
in den Hochburgen der Offensive. | |
Dass Bremen zu denen zählte, ist zwar schon ein paar Jahre her – aber dass | |
die Grün-Weißen solche Schwierigkeiten haben, den Ball überhaupt in die | |
gegnerische Hälfte zu bringen, das hat auch im heimischen Weserstadion | |
Seltenheitswert. Die Freiburger postierten sich für eine Auswärtsmannschaft | |
fast unverschämt hoch. Den ersten Dreimann-Riegel bauten sie schon weit in | |
der Bremer Hälfte auf, knüpften dahinter ein dichtes Netz, in das sich die | |
Bremer Aufbaubemühungen immer wieder verfingen. | |
## Offensive Gäste | |
Auf Bremer Seite behaupteten nach dem Spiel zwar alle, sie seien von der | |
offensiven Ausrichtung der Freiburger nicht überrascht gewesen. Dennoch | |
warteten vorne teilweise vier Angreifer auf einer Linie auf den Ball, statt | |
sich im Mittelfeld freizulaufen und anzubieten. So fehlten den wenigen | |
verbliebenen Aufbauspielern nach einem ordentlichen Beginn ab der 20. | |
Minute zunehmend die Anspielstationen. Der Freiburger Druck wurde immer | |
stärker und führte fast zwangsläufig zum 1:0 durch den Ex-Bremer Max Kruse, | |
der 20 Meter vorm Tor unbedrängt schießen konnte (36.) | |
Dass die Bremer dennoch erhobenen Hauptes in die Kabine gingen, lag an der | |
genialsten Szene des Spiels: Wie Kevin de Bruyne in der 39. Minute den Ball | |
an der Außenlinie mit einer akrobatischen Bewegung des Fußes knapp oberhalb | |
des Rasens mitnahm, sich selbst vorlegte und dabei seinen Gegenspieler mit | |
einem dynamischen Antritt abschüttelte, war ganz große Fußballkunst. Zumal | |
er anschließend genau den richtigen Laufweg zum Strafraum wählte und den | |
Ball ideal in den Fuß von Niels Petersen legte, der überlegt den Ausgleich | |
erzielte. | |
Am meisten beeindruckten die Bremer die Überraschungsmannschaft aus | |
Freiburg allerdings unmittelbar nach der Halbzeit – und zwar dadurch „wie | |
sie schon auf uns gewartet haben“, so Freiburgs Trainer Christian Streich, | |
immer noch beeindruckt, nach dem Spiel. Allerdings erhielt die Bremer | |
Entschlossenheit schnell einen Dämpfer, als Alksandar Ignjovski im | |
Strafraum ungelenk Daniel Caligiuri umrempelte, der den fälligen Strafstoß | |
auch prompt verwandelte. | |
Mit der Einwechslung von Marko Arnautović legten die Bremer dann endlich | |
auch Freiburgs Schwachstelle frei. Der Österreicher setzte sich im | |
Gegensatz zu den harmlosen Mehmed Ekici und Eljero Elia am Flügel in | |
1:1-Situationen mehrfach durch und konnte gefährlich in die Mitte flanken. | |
So erzielte Niels Petersen nicht nur den Ausgleich zum 2:2., sondern traf | |
dazu noch Pfosten und Latte. | |
## Slapstick-Szenen | |
Den folgenden Schlagabtausch bezeichnete Bremens Trainer Thomas Schaaf | |
anschließend als „unruhig“ und „wild“: Mehrfach kam es durch ungeschic… | |
Abwehrverhalten zu Slapstick-artigen Szenen vor beiden Toren. Den Höhepunkt | |
erreichte dieses Treiben in der 71. Minute, als die komplette Bremer Abwehr | |
dabei zusah, wie erst Karim Guede aus fünf Metern an die Latte schoss – und | |
Matthias Ginter dann den Abpraller aus elf Metern ins Tor. | |
So verpassten die Bremer die Chance, sich gegen einen direkten Konkurrenten | |
die Chance auf das Erreichen der Europa-League zu bewahren. Ohne Sokratis | |
und Hunt, beide grippebedingt nicht im Spiel, zeigten sie nach vorne nur | |
Stückwerk, nach hinten Passivität. Symptomatisch waren dafür Elia und | |
Ekici, die nach ihren Leistungssteigerungen der vergangenen Wochen nun | |
wieder völlig abgemeldet waren. | |
Umso beunruhigender sind die Spekulationen um einen kurzfristigen Verkauf | |
Marko Arnautović’ an Dynamo Kiew: Werders neuer Sportdirektor Thomas Eichin | |
erklärte bei seiner Heimspielpremiere zwar alle Meldungen, wonach der | |
Wechsel schon perfekt sei, zu „komplettem Nonsens“. Die Häufigkeit aber, | |
mit der die Bremer Offiziellen von „Stand heute“ oder „den Moment“ | |
sprachen, legt die Befürchtung nahe, das dieses Thema auf Wiedervorlage | |
liegt. | |
17 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Ralf Lorenzen | |
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