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# taz.de -- Fleischskandal: Schwein gehabt, Berlin!
> Keine Spuren von Pferdefleisch in Berlin. Frühwarnsystem soll auch
> weitere Skandale in Zukunft verhindern.
Bild: Untersuchungen in Berlin negativ
„Pferdefleisch? Klar, haben wir seit zehn Jahren im Angebot“, sagt der
bärtige Mann mit weißer Schürze um den Bauch und Hygienehaube auf dem Kopf.
Er und seine zwei Kollegen stehen hinter der Theke eines kleinen
Dönerimbisses am Kottbusser Tor. „Pferd aus Rumänien, Esel aus Bulgarien,
alles, was die Kunden wollen.“ Er zwingt sich zu diesem Witz, ein genervter
Unterton ist nicht zu überhören. Plakate auf der Straße werben neben dem
„2,50-Euro-Eröffnungsangebot“ auch mit „100 Prozent Kalbfleisch“ und d…
Verbraucherschutzsiegel „halal“, das nach den Regeln des Koran verarbeitete
Nahrung kennzeichnet. Aber wie können die drei ihren Kunden garantieren,
dass auch wirklich nur Rind im Fladen landet? Einer murmelt etwas von
„Kontrollen“ in die Salatvitrine.
Das RTL-Magazin „Extra“ hatte am Wochenende berichtet, dass nun auch in
Dönern Spuren von Pferdefleisch gefunden worden seien. 20 Stichproben aus
Leipzig und Berlin hatte der Fernsehsender dem Institut ifp zur Kontrolle
gegeben. In einer der Proben war ein Anteil von etwa 1 Prozent
Pferdefleisch gefunden worden. Für Muslime viel heikler: Drei weitere
Proben enthielten bis zu 7 Prozent Schweinefleisch.
Entwarnung gibt es für die Hauptstadt: „Keine der betroffenen Proben stammt
aus Berlin“, sagt Wolfgang Weber, Leiter des ifp. Auch Claudia Engfeld,
Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz, hält die
Situation für unbedenklich: „Wir hatten heute eine Versammlung mit den
Bezirken. Stichproben haben ergeben, dass alle gefährdeten
Tiefkühlprodukte, in denen in den letzten Wochen Pferdefleisch gefunden
wurde, aus den Supermärkten entfernt wurden.“ Eine weitere Kontrolle sei in
Auftrag gegeben worden, aus jedem Bezirk sollen bis Ende der Woche zwei
Döner und Tiefkühlprodukte nach dem Zufallsprinzip untersucht werden.
Ersin G. ist die ganze Debatte egal. Er sitzt in einem Imbiss am
Kreuzberger Zickenplatz, der für sein islamisch korrekt hergestelltes
Fleisch bekannt ist, und beißt in eine türkische Pizza mit Hackfleisch. Der
überzeugte Muslim sagt, er kaufe sein Fleisch schon immer bei Fleischern,
bei denen er genau Bescheid wisse über die Herkunft. „Zum Opferfest habe
ich die Fleischerei besichtigt, aus der das hier kommt“, sagt er und hält
die Teigrolle hoch. Er habe die hygienischen Bedingungen selbst gesehen.
„Ein Aufpasser kontrolliert, dass die Tiere nach islamischem Recht
geschlachtet werden.“ Im Prinzip könne ein Muslim auch fast alle Säugetiere
außer Schweinen essen, solange sie richtig geschlachtet würden. „Kamel,
Pferd, egal.“
Am Nachbartisch sitzt Christoph Schäberle, ein Döner liegt vor ihm auf dem
Tisch. „Ich vertraue dem Laden. Das hier ist nicht so billige Massenware“,
sagt er und zeigt auf den dunklen Klumpen Fleisch, der langsam hinter der
Theke rotiert. Falls doch mal ein bisschen Pferd drin sei, störe ihn das
auch nicht besonders. „Nach all den Skandalen hat man ja wer weiß was schon
alles gegessen.“
Weniger entspannt sieht Claudia Engfeld von der Senatsverwaltung für
Verbraucherschutz die Pferde im fremden Gehege. Es solle eine ganze Reihe
an Maßnahmen geben, um solche Skandale in Zukunft zu verhindern. „Die
Sanktionen gegen Verarbeiter von Fleisch werden wesentlich höher ausfallen,
wenn solche Vergehen als Kartelldelikte eingestuft werden können.“ Das sei
in Arbeit. „Außerdem soll es eine europaweite
Herkunftskennzeichnungspflicht geben.“ Es könnten zum Beispiel
Smartphone-Apps entwickelt werden, die ganz schnell anzeigen, aus welchem
Land das Produkt stammt, das man im Supermarkt in Händen hält.
Ein Frühwarnsystem solle zusätzliche Sicherheit schaffen: „Vor Kurzem wurde
in Rumänien ein Gesetz verabschiedet, das Pferde auf Landstraßen
verbietet.“ Daraufhin seien die Preise für Pferdefleisch eingebrochen, weil
die Tiere nicht mehr zur Arbeit verwendet werden konnten. Das Warnsystem
würde solche Zusammenhänge erkennen und Alarm schlagen.
18 Feb 2013
## AUTOREN
Felix Austen
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