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# taz.de -- Umstrittener Gesetzesentwurf: Polizei will wieder fernsehen
> Experten kritisieren bei Anhörung im Innenausschuss Gesetzentwurf zu
> Übersichtsvideos von Demos
Bild: Sieht nicht nach Übersichtsaufnahme aus.
Fast sieht es so aus, als sei es der Opposition gelungen, das Vorhaben der
Regierungskoalition in letzter Minute zu stoppen. Zumindest in der
derzeitigen Fassung dürfte das Gesetz über „Übersichtsaufnahmen zur Lenkung
und Steuerung von Polizeieinsätzen bei Versammlungen“ wohl kaum in Kraft
treten. Das ist das Ergebnis einer Expertenanhörung, die am Montag im
Innenausschuss des Abgeordnetenhauses stattfand. Einziger
Tagesordnungspunkt war die Aussprache über den Gesetzentwurf.
Grüne, Linke und Piraten lehnen das Gesetz ab. Die Übersichtsaufnahmen
seien ein Grundrechtseingriff, so ihre einhellige Meinung. Die Polizei
selbst nennt die Übersichtsvideoaufnahmen lapidar „Polizei-Fernsehen“.
Jahrzehntelang war es Usus, die Bilder von Großdemonstrationen live in die
Einsatzzentrale zu übertragen. Geliefert wurden sie vom Polizeihubschrauber
und auf Dächern postierten Kamerateams. Bis zum Sommer 2010 ging das so.
Dann stoppte das Berliner Verwaltungsgericht so wie zuvor schon andere
deutsche Gerichte diese Praxis. Nur wenn eine erhebliche Gefahr für die
öffentliche Sicherheit oder Ordnung bestehe, dürften Polizisten filmen, so
die Rechtsprechung.
Die Polizei möchte ihr „Fernsehen“ wiederhaben. Die Regierungsfraktion
unterstützt sie dabei. Im Gesetzentwurf, der bereits den Rechtsausschuss
passiert hat, ist festgeschrieben, dass Übersichtsaufnahmen nicht
gespeichert werden dürfen. Zu der von der Opposition initiierten Anhörung
im Innenausschuss waren zwei Professoren der Berliner Hochschule für
Wirtschaft und Recht geladen: Clemens Arzt und Michael Knape. Der von der
Opposition aufgebotene Arzt übte fundamentale Kritik an dem Vorhaben. „Das
ist schon fast die Abschaffung von Versammlungsfreiheit.“ Aber auch der auf
Einladung der Regierungskoalition erschienene Knape bescheinigte dem
Entwurf Mängel nicht nur handwerklicher Natur.
Knape, langjähriger Leiter der Direktion 6, befürwortet die
Übersichtsaufnahmen grundsätzlich – aus Gründen der Arbeitserleichterung
für die Polizei. Aber ebenso wie Arzt ist ihm klar, dass Demonstranten
immer irritiert sind, wenn eine Polizeikamera auf sie gerichtet ist. „Das
Dasein von Kameras kann eine abschreckende Wirkung haben“, begründete
Clemens seine Ablehnung unter Berufung auf die aktuelle Rechtsprechung. Das
Filmen beeinträchtige das Grundrecht der Versammlungsfreiheit.
Knape plädierte dafür, die Sorgen der Kritiker nicht auf die leichte
Schulter zu nehmen. Daher sei eine deutliche Zurückhaltung beim Filmen
geboten. Durch ein Verbot des Heranzoomens der Bilder, so Knapes Vorschlag,
könne das Gesetz bei der Bevölkerung an Akzeptanz gewinnen.
Innensenator Frank Henkel (CDU) kündigte an zu prüfen, „ob es hier und da
noch Änderungsbedarf gibt“. Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix
machte einen anderen Vorschlag: Man könne der Polizei vorschreiben, Kameras
ohne Speicherkarten zu benutzen.
4 Mar 2013
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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