# taz.de -- CRYSTAL METH: Zweifel an der „Horrordroge“ | |
> Crystal wird als eine der schlimmsten Drogen verteufelt. Doch die | |
> Hauptstelle für Suchtfragen warnt vor Hysterie: Die Droge sei ein | |
> regionales Problem | |
Bild: Die Bilder vom Crystal-Opfer Shawn Bridges gingen um die Welt. Das billig… | |
Jeder kennt die gruseligen [1][Vorher-nachher-Bilder] aus den USA: Sie | |
zeigen entstellte, ausgemergelte Gesichter. Es sind Menschen, die ihren | |
Körper jahrelang mit der synthetischen Droge Crystal vollgepumpt haben. Die | |
Bilder haben die Droge weltweit bekannt gemacht. Seitdem berichten auch | |
deutsche Medien regelmäßig Gruselgeschichten über die „Horrordroge“. | |
Für die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) handelt es sich dabei | |
vor allem um ein Medienphänomen. Bei der [2][Vorstellung] des neuen | |
Jahrbuch Sucht am Mittwoch warnte die DHS vor Hysterie: „Für jeden | |
Einzelnen, der Crystal nimmt, ist das Risiko hoch. Aber in der Breite ist | |
die Droge kein Problem“, sagte Gabriele Bartsch, Referentin für | |
Grundsatzfragen bei der DHS. | |
Die Droge, die in der Szene "C", "Crystal", oder "Meth" genannt wird, ist | |
eine hochwirksame Stimulanz auf Amphetaminbasis, ein Aufputschmittel, das | |
in Europa vor allem in privaten Laboren in Tschechien billig hergestellt | |
wird. „Die Droge passt ideal zu den Anforderungen der heutigen Zeit“, sagte | |
der stellvertretende DHS-Vorsitzende Theo Wessel. „Immer schneller, immer | |
länger und dabei immer besser drauf sein.“ | |
Diese Wirkung sei mit Crystal zu erreichen, solange man sie gelegentlich | |
konsumiere, sagte er. Neu ist Crystal aber nicht: Die Substanz ist seit | |
Ende des 19. Jahrhunderts [3][bekannt]. | |
Laut DHS gibt es bislang noch keine aussagekräftigen Studien über die | |
Verbreitung der Droge. Die Suchtexperten der DHS gehen aber davon aus, dass | |
es sich um ein regionales Phänomen handele. In Berlin gebe es Crystal seit | |
Jahren, sagte Bartsch. Die Verbreitung sei hier aber gering. | |
Betroffen sind vor allem die Länder an der Grenze zu Tschechien: Zumindest | |
deuten die Zahlen des Bundeskriminalamts darauf hin: Fast die Hälfte der | |
2011 beschlagnahmten Gesamtmenge Methamphetamin von 40 Kilogramm wurde in | |
Sachsen (17.61 kg) sichergestellt. In Bayern hat das BKA rund ein Viertel | |
(11,74 kg) beschlagnahmt. Die restliche Menge entfällt vor allem auf | |
Hessen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen. In Berlin und Brandenburg waren | |
es zusammen 482 Gramm. Laut BKA hat die Gesamtmenge bundesweit um 48,8 | |
Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Allerdings handelt es sich um | |
eine Zunahme auf niedrigen Niveau. Zum Vergleich: Von Kokain wurden | |
bundesweit 1.940 kg sichergestellt. So die [4][letzten Zahlen] für das Jahr | |
2011 des Bundeskriminalamts. | |
Bartsch erklärt das so: In Berlin sei Crystal in der Drogenszene nur ein | |
Aufputschmittel unter vielen. „In Sachsen sieht der Markt anders aus.“ Dort | |
sei es vor allem in den ländlichen Regionen viel schwieriger, an illegale | |
Drogen zu kommen. „Crystal ist wegen der Nähe zur Grenze leicht zugänglich | |
und billig.“ | |
Tatsächlich hat die Anzahl der erstauffälligen Konsumenten der Droge | |
zugenommen: Wurden im Jahr 2009 deutschlandweit 364 erstauffällige | |
Konsumenten gezählt, waren es zwei Jahre später bereits 1.693. Gemessen an | |
der Zahl aller erstauffälligen Konsumenten amphetaminartiger Substanzen | |
erscheint die Zahl aber gering: 2011 waren dies 14.402 Personen. | |
## Nicht sofort crystalsüchtig | |
Doch was ist dran an den Gruselgeschichten? Gehört Crystal nun zu den | |
gefährlichsten Drogen? Crystal Meth sei sicher gefährlicher als jedes | |
andere Amphetamin, sagte Bartsch. „Aber man wird nicht unbedingt sofort | |
abhängig werden, wenn man die Droge nur zweimal konsumiert“, so Bartsch | |
weiter. Regelmäßiger Konsum würde auf Dauer aber irreparable, kognitive | |
Schäden anrichten. | |
Wird die Substanz gespritzt oder geraucht, sei das Risiko, abhängig zu | |
werden, am größten. Diejenigen, die davon süchtig werden, würden meistens | |
bereits im Vorfeld an einer psychischen Störung leiden, glaubt Bartsch. Die | |
größten Schäden würden die Streckstoffe verursachen. | |
Die Hauptstelle für Suchtfragen geht davon aus, dass die Zerschlagung von | |
Drogenlaboren wenig Wirkung habe. „Wenn ein Labor dichtgemacht wird, macht | |
anderswo ein neues wieder auf“, sagte Wessel. Er forderte stattdessen eine | |
bessere Präventionspolitik: „Wir brauchen eine gesetzlich abgesicherte | |
Finanzierung für Prävention.“ | |
3 Apr 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.crystalmethaddiction.org/Crystal_Meth_User_Pictures.htm | |
[2] http://www.dhs.de/start/startmeldung-single/article/jugendliche-im-rausch-e… | |
[3] http://www.de.emb-japan.go.jp/NaJ/NaJ1210/nagai.html | |
[4] http://www.bka.de/nn_193372/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Ra… | |
## AUTOREN | |
Martin Rank | |
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