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# taz.de -- Teuer Übernachten: Freiwillig freigekauft
> In vielen Kommunen steht die Bettensteuer vor dem Aus – auch in
> Oldenburg. Hier wird auf eine freiwillige Abgabe an das Stadtmarketing
> gesetzt.
Bild: Unbeliebte Bettensteuer: In Oldenburg, Bremen und Hamburg will die Dehoga…
Nach Göttingen, Osnabrück, Hildesheim und anderen Kommunen steht die
Beherbergungssteuer nun auch in Oldenburg vor dem Aus – allerdings muss die
Stadt auf die erhofften Einnahmen nicht komplett verzichten. Anstelle der
fünfprozentigen Steuer auf private Hotelübernachtungen zahlen Oldenburgs
Hoteliers eine freiwillige – und deutlich geringer ausfallende – Abgabe an
das Stadtmarketing. Der entsprechende Ratsbeschluss steht noch aus,
aufgrund der weitgehenden politischen Einigkeit besteht an einer breiten
Mehrheit allerdings kein Zweifel.
Vorangegangen waren heftige Auseinandersetzungen um die kommunale
Zwangsabgabe, mit der die Stadt die Einnahmeausfälle aus der
bundesgesetzlichen Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für die
Hotelbranche – die von der FDP initiierte „Mövenpick-Steuer“ – zuminde…
teilweise kompensieren wollte. Nach Abzug der Verwaltungskosten hätte die
Steuer jährlich rund 110.000 Euro in die Stadtkasse spülen sollen, die
freiwillige Leistung der Hoteliers beträgt dagegen 25.000 Euro,
zweckgebunden und begrenzt auf einen Zeitraum von drei Jahren. Nicht ganz
das, was man sich seinerzeit erhofft habe, räumt der Fraktionsvorsitzende
der SPD im Oldenburger Rat, Bernd Bischoff, ein – immerhin sei man aber „zu
einer Konsenslösung gekommen, mit der alle leben können“.
Mit Ausnahme des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga. Der nimmt den von
den Oldenburger Hoteliers im Alleingang ausgehandelten Kompromiss eher
zähneknirschend hin – bei allem „Verständnis dafür, dass sie sich für d…
Weg des geringsten Widerstands“ entschieden hätten, sehe der Verband nach
wie vor „den einzig gangbaren Weg darin, Rechtssicherheit herzustellen“,
sagt der niedersächsische Landesvorsitzende Rainer Balke. In Oldenburg,
aber auch in Bremen hat die Dehoga Klagen angekündigt, sobald im April die
Steuerbescheide für das erste Quartal vorliegen. Zuletzt hatte es mehrere
Urteile gegeben, die bestimmte lokale Steuersatzungen für nichtig
erklärten.
In Hamburg aber hat die Hotelbranche am Donnerstag eine erste juristische
Niederlage kassiert. Das Hamburger Finanzgericht wies den Antrag einer
Hotelbetreiber-Gesellschaft auf einstweilige Anordnung gegen die Steuer als
unbegründet zurück. Das Gericht hatte nach dem Willen des Unternehmens
beschließen sollen, dass es bis zur endgültigen Entscheidung über die Klage
nicht zur Berechnung, Anmeldung und Zahlung der Steuer verpflichtet sei.
Die Hotelbetreiber-Gesellschaft hielt die Steuer für zu kompliziert und sah
sich in ihren Grundrechten verletzt. Das Gericht verkündete, die Steuer
könne von den Hotelbetreibern unproblematisch berechnet werden. Für den
Nachweis der Steuerfreiheit für Geschäftsreisende gebe es einfach
auszufüllende Formulare. Es sei nicht zu beanstanden, wenn Gäste beim
Einchecken befragt werden müssen, ob sie geschäftlich unterwegs seien.
In Oldenburg war die zu Beginn 2012 von SPD, Grünen und Linken als Antwort
auf die „Mövenpick-Steuer“ eingeführte sogenannte „Kulturförderabgabe�…
lange umkämpft. Im Gegensatz zu mehreren anderen Kommunen, die sich eilig
von ihren Steuerplänen verabschiedeten, nachdem das
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Juli 2012 die Steuersatzungen der
Städte Trier und Bingen gekippt hatte, legte die Oldenburger Verwaltung im
Herbst eine Neufassung vor.
In der wurde, wie vom BVerwG gefordert, zwischen privaten und beruflichen
Übernachtungen unterschieden; Hotelgäste mussten beim Einchecken den
beruflichen Charakter per Formular nachweisen, um von der Steuer befreit zu
werden. Die Hoteliers liefen Sturm gegen diese Regelung: Der bürokratische
Aufwand sei unzumutbar, die Gäste würden ausbleiben, der Tourismus nehme
Schaden. Am Ende prangerten selbst die Initiatoren das bürokratische
Prozedere an und einigten sich mit der Branche auf den Kompromiss.
Im Norden erheben zurzeit unter anderem Hamburg, Bremen, Lübeck und
Flensburg eine vergleichbare Steuer, unter Beschuss steht sie überall. Das
Zurückrudern der Oldenburger Politik wird man in den betreffenden Städten
mit großem Interesse zur Kenntnis nehmen: In Schwerin etwa wird die
Einführung einer solchen Steuer zurzeit diskutiert. In Lübeck wiederum ist
der Versuch der Dehoga, die Steuer auf dem juristischen Weg zu kippen,
gescheitert – im Februar hatte das Oberverwaltungsgericht Schleswig die
Steuersatzung der Hansestadt für rechtmäßig erklärt –, dafür könnte die
„Bettensteuer“ durch ein neues Landesgesetz zur Einführung einer
Tourismusabgabe aufgehoben werden.
Einen solchen möglicherweise langwierigen Prozess mit unsicherem Ausgang
wollte man der Stadt Oldenburg letztlich ersparen, erklärt Grünen-Ratsherr
Kurt Bernhardt die Kompromisslösung – und hofft, dass sie bald ohnehin
obsolet werden könnte. Denn für den Fall eines Wahlsiegs bei der
Bundestagswahl haben SPD und Grüne die Rücknahme der
Mehrwertsteuererleichterung angekündigt, womit die Oldenburger Regelung
hinfällig würde. Und falls es mit der Wahl nicht klappen sollte, sehe man
nach drei Jahren weiter, sagt Bernhardt – wenigstens dürfte bis dahin mehr
Rechtssicherheit herrschen.
4 Apr 2013
## AUTOREN
Maik Nolte
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