# taz.de -- Neues Schulgesetz für Niedersachsen: Turbo gegen das Turboabi | |
> Im Eilverfahren will Rot-Grün in Niedersachsen das Turboabi an | |
> Gesamtschulen verhindern und für deren Gründung die Hürden senken - ganz | |
> so, wie im Wahlkampf versprochen. Kritik gibt es dennoch. | |
Bild: Sollen in Niedersachsen wieder ein Jahr länger Zeit bekommen: Abiturient… | |
HANNOVER taz | Rot-Grün will in Niedersachsen die Turboabi-Pflicht für | |
Gesamtschulen streichen und Gründungen neuer Integrierter Gesamtschulen | |
erleichtern – und das im Eiltempo: Eine entsprechende Novelle des | |
Schulgesetzes haben die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen am Dienstag | |
beschlossen. Schon bei der nächsten Landtagssitzung in der kommenden Woche | |
soll die Initiative eingebracht werden. | |
Eingelöst werden damit zwei zentrale Wahlkampfversprechen von SPD und | |
Grünen, die stets die Gleichbehandlung von Gesamtschulen gegenüber anderen | |
Schulformen gefordert hatten. Bislang ist der Nachweis der Fünfzügigkeit | |
Bedingung für die Gründung einer Gesamtschule. Bei der sogenannten | |
Oberschule hingegen, 2011 von der schwarz-gelben Vorgängerregierung als | |
Gegenmodell eingeführt, reichen schon zwei Parallelklassen. | |
Nach den rot-grünen Plänen sollen neue Gesamtschulen künftig schon mit vier | |
Parallelklassen, in Ausnahmefällen auch mit dreien entstehen können. „In | |
ländlichen Regionen wären sonst gar keine Schulgründungen möglich“, sagt | |
die Grünen-Bildungspolitikerin Ina Korter. „Uns ist es aber wichtig, dass | |
es Gesamtschulen nicht nur in den Städten gibt.“ | |
Die Einführung des Abis nach zwölf statt nach 13 Jahren soll an | |
Gesamtschulen nach dem Willen von Rot-Grün erst gar nicht kommen: 2017 | |
würden die ersten Abiturienten an Gesamtschulen das Turboabi ablegen, so | |
sieht es das Schulgesetz derzeit noch vor. Ihren Unterricht müssten die | |
Gesamtschulen ab dem kommenden Schuljahr entsprechend umstellen. | |
Grünen-Politikerin Korter erklärt damit auch den Gesetzesvorstoß im | |
Eilverfahren. Denn andernfalls, so Korter, müssten Schüler und Lehrer im | |
nächsten Schuljahr „ein vermeidbares Chaos ausbaden“. | |
Eben dieses zügige Vorgehen sorgt nun aber auch für Kritik. In Sachen | |
Dialog passten „Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammen“, heißt es etwa | |
von der FDP. Die CDU spricht bereits von „Etikettenschwindel“: Rot-Grün hat | |
zwar stets mehr Dialog und Bürgerbeteiligung angekündigt. Bei der geplanten | |
Gesetzesänderung sind Mitwirkungsrechte wie mündliche Anhörungen von | |
Verbänden allerdings nicht vorgesehen, da die Regierungsfraktionen die | |
Initiatoren sind, nicht das Kultusministerium. Auch Niedersachsens | |
Landeselternrat äußert sich „sehr befremdet“ und fordert, stärker | |
einbezogen zu werden. | |
Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) betont | |
unterdessen, mit der kurzfristigen Novelle komme man „Forderungen vieler | |
bildungspolitischer Verbände und unseren Versprechen aus dem Wahlkampf“ | |
gleichermaßen nach. Und Grünen-Frau Korter nennt die Kritik am Eilverfahren | |
zwar „gut nachvollziehbar“. Derzeit gehe es aber nur um „minimale | |
Änderungen“. | |
In der Tat: Die im rot-grünen Koalitionsvertrag angekündigten großen | |
Weichenstellungen in der Schulpolitik stehen noch an. Zur Frage etwa, wie | |
das Ganztagsschulangebot ausgebaut werden soll oder ob auch die Gymnasien | |
vom Turboabi abkehren, wird es eine weitere Gesetzesnovelle geben. | |
Entsprechende Planungen im Kultusministerium laufen bereits. Dann soll auch | |
die Gesamtschule zur Regelschule ernannt und damit ersetzende Schulform | |
werden. Sprich: Sie könnte dann auch Gymnasien ersetzen – aus Sicht der | |
schwarz-gelben Opposition eine „Kampfansage“ an diese Schulform. | |
Im Kultusministerium versichert eine Sprecherin indes, weiteren | |
Gesetzesänderungen werde ein Dialogprozess mit den Beteiligten | |
vorgeschaltet. So sei etwa zur Frage Turboabi an den Gymnasien ein | |
Dialogforum im Juni geplant. | |
9 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
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