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# taz.de -- Kolumne PRESS-SCHLAG: Das Wunder von Bochum
> Peter Neururer spielte in einer Liga unter Lothar Matthäus. In Bochum
> wird der viel Verspottete nun als Messias gefeiert.
Bild: Peter im Glück: Neururer siegt und siegt beim VfL Bochum.
Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Es gibt einen neuen
Superdupertrainer. Er hat die Nachfolge von Josep Sala Guardiola und Josef
Heynckes angetreten. Er trainiert einen Verein in der Zweiten Bundesliga.
Sein Name: Peter Neururer. Seine Bilanz: vier Siege in vier Spielen. Seine
Rettungstat: Er hat den VfL Bochum wohl vorm Abstieg bewahrt. Sein Credo:
Ich kann alles, außer Klappe halten. Im Netz und anderswo huldigen sie ihm
jetzt, dem Neururer-Peter mit dem Retroschnauzer.
Wenn er nicht gerade einen Verein wie den VfL rette, dann mache er Blinde
sehend und Lahme laufend. Er verwandle Wasser in Pils. Kurzum: Sie rufen
Hosianna, weil ihnen im Ruhrpott ein Fußball-Messias erschienen ist. An der
Ruhr-Uni Bochum wird demnächst bestimmt ein neuer Lehrstuhl eingerichtet,
Fachgebiet: Eschatologie, die Lehre von den letzten Dingen und vom Aufbruch
in eine neue, paradiesische Welt.
Die Fans und die Spieler des VfL wurden erleuchtet von einem Mann, den
zuletzt keiner mehr haben wollte. Der lange arbeitslos war und der immer
wieder zum Gespött wurde. Der im vergangenen Jahr einen Herzinfarkt beim
Golfspiel erlitten hatte und danach sagte: „Mir ging’s wie Hitler. Der
starb auch im Bunker.“ Neururer galt als lächerliche Person, als
Anachronismus, Dampfplauderer und Sabbelkopf. Er spielte in einer Liga
unter Lothar Matthäus, und das will schon etwas heißen. Neururer schien nur
noch ein Dasein als TV-Experte fristen zu können, immer gut für einen
flotten Spruch, aber nicht gut genug, um ein seriöses Fußballteam zu
betreuen.
Dann kam der VfL, sein Verein. Bochum war so weit unten angekommen, dass
sie sich nicht mehr um die öffentliche Meinung scherten. Unter normalen
Umständen hätte es der designierte Vorruheständler nicht als Chefcoach an
die Castroper Straße geschafft, aber beider Befindlichkeiten hatten sich so
weit angenähert, dass die Verpflichtung Neururers fast schon alternativlos
war.
Neururer verstand den VfL auf Anhieb, und der VfL verstand seinen neuen
Trainer. Da gab es kein Fremdeln und kein Vertun, Neururer konnte gleich
loslegen. Unter solchen Idealbedingungen wirkt natürlich das System
Neururer. Seine Motivationsreden („Verantwortung, eiserne Disziplin und
Leidenschaft“) waren keine Botschaften mehr aus dem fernen Absurdistan.
Seine leutselige Art wurde ihm nicht mehr verargt, seine Arbeit auf dem
Platz nicht argwöhnisch beäugt. Bochum hat sich diese dünkelhafte Skepsis
einfach nicht mehr leisten können. Gut so. Denn befreit von dieser Last
negativer Bewertung ist Neururer zu ganz großer Form aufgelaufen. Ihm winkt
jetzt sogar ein neuer Vertrag.
Gemeinsam mit dem VfL hat der 58-Jährige eine wunderbare Symbiose gebildet,
so wie der Falsche Clownfisch mit der Prachtanemone. Peter „Clownfisch“
Neururer ist wieder wer. Das ist zweifelsohne – ein Wunder.
5 May 2013
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Peter Neururer
VfL Bochum
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