| # taz.de -- Register für Lobbyisten: Vorstoß für mehr Durchblick | |
| > Die rot-grüne Koalition in Niedersachsen plant eine | |
| > Transparenz-Offensive. Ein Ende jeder Einflussnahme dürfte das aber nicht | |
| > bedeuten. | |
| Bild: Saubere Fenster auch in die Politik will die rot-grüne Koalition in Hann… | |
| HANNOVER taz | Wulff soll Folgen haben: Schon in der Affäre um | |
| Privatkredite und Gratisurlaube des Ex-Bundespräsidenten und einstigen | |
| Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) hatten SPD und Grüne in | |
| Niedersachsen mehr Transparenz im Umgang von Politik und Wirtschaft | |
| gefordert. Nach dem Wechsel von der Opposition in die Regierung will die | |
| Koalition jetzt klare Regeln schaffen. | |
| Während Brandenburg Anfang Mai als zweites Bundesland – nach | |
| Rheinland-Pfalz – ein sogenanntes Lobbyregister gestartet hat, plant so | |
| eins nun auch Rot-Grün in Hannover. Aufgelistet werden darin | |
| Gewerkschaften, Verbände und sonstige Organisationen, die als | |
| Interessenvertreter auftreten. Nur wer in dem Register steht, soll etwa bei | |
| Gesetzgebungsverfahren zu Anhörungen im Landtag zugelassen werden. | |
| „Lobbyarbeit ist per se nichts Verwerfliches“, sagt | |
| SPD-Parlamentsgeschäftsführer Grant Hendrik Tonne. „Sie muss aber offen | |
| kommuniziert werden.“ Helge Limburg, parlamentarischer Geschäftsführer der | |
| Grünen, kündigt indes an, man wolle „das preußische Amtsgeheimnis der | |
| Vergangenheit angehören lassen“. Dazu ist ein ganzes Paket an Neuerungen | |
| geplant, so soll es etwa ein Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz | |
| geben, ein Korruptionsbekämpfungsgesetz und strengere Regeln für die | |
| Offenlegung von Abgeordneten-Nebeneinkünften. Erste Maßnahmen will Rot-Grün | |
| noch vor der Sommerpause auf den Weg bringen. | |
| Wie genau das geplante Lobbyregister aussehen soll, müssen die Koalitionäre | |
| erst noch aushandeln. Die Länder Rheinland-Pfalz und Brandenburg rufen | |
| Verbände auf, sich in eine öffentliche Liste eintragen zu lassen, wenn sie | |
| an Parlamentsanhörungen teilnehmen wollen. Geregelt ist das in den | |
| Geschäftsordnungen der Landtage. | |
| Initiativen wie LobbyControl kritisieren diese Methode allerdings als zu | |
| unverbindlich: Die Register seien „de facto freiwillige Verbandslisten“. | |
| Trotzdem: Sozialdemokrat Tonne will die Beispiele der beiden Länder | |
| zunächst immerhin prüfen. Wichtig sei ein „Mittelweg“, damit ein solches | |
| Register nicht zu bürokratisch werde, sagt er. Bei kleinen Initiativen etwa | |
| sei zu überlegen, ob sie tatsächlich zur Registrierung verpflichtet werden. | |
| Entschiedener klingt da der Regierungspartner: Helge Limburg von den Grünen | |
| will ein Lobbyregister als eigenes Gesetz – so wie es auch LobbyControl | |
| fordert. Erfasst werden sollten nicht nur Verbände und Vereine. Auch | |
| „Tarnorganisationen“ – beispielsweise Kanzleien –,„die diffus politis… | |
| Meinungen vertreten, bei denen aber niemand weiß, wer genau dahinter | |
| steckt“, gehörten ins Register. Wer gewerbsmäßig als Interessenvertreter | |
| auftrete, solle sich registrieren müssen – inklusive Nennung der | |
| Auftraggeber. | |
| Aus Sicht der Grünen wäre daran nicht nur die Zulassung zu Anhörungen | |
| gebunden, sondern auch die Teilnahme an „Parlamentarischen Abenden“. Bei | |
| diesen Veranstaltungen kommen Abgeordnete und Verbandsvertreter in eher | |
| zwanglosem Rahmen nach Parlamentssitzungen im Landtag zusammen. Geht es | |
| nach Limburg, droht für gewerbsmäßige Lobbyarbeit ohne Registrierung ein | |
| Bußgeld. Ausschließen will sein Koalitionskollege Tonne solche Sanktionen | |
| zwar nicht. Ob es Bußgelder oder „abgestufte Sanktionen“ geben soll, habe | |
| die SPD-Fraktion aber noch nicht entschieden. | |
| Dass sich völlige Transparenz über die Einflussmöglichkeiten auf politische | |
| Entscheidungen auch mit einem solchen Register nicht schaffen lässt, sehen | |
| beide: „Es gibt immer Graubereiche, in denen wir nicht alles regeln | |
| können“, sagt Limburg. Kontakte außerhalb des parlamentarischen Raums, etwa | |
| wenn Verbände Politiker zu Veranstaltungen einladen, werde es auch | |
| weiterhin geben. „Logisch und wichtig“ nennt Tonne es, „dass sich Politik | |
| und Wirtschaft unterhalten“. Seit Vorfällen wie der Wulff-Affäre aber | |
| herrsche Verunsicherung, wie genau solche Kontakte zu gestalten seien: „Ein | |
| klares Agreement wäre für beide Seiten hilfreich.“ | |
| Das soll laut Koalitionsvertrag neben den geplanten Gesetzen eine | |
| Ethikkommission erarbeiten. Aufgebracht hatte die SPD die Idee schon im | |
| Wahlkampf. Die anderen Fraktionen reagierten damals eher verhalten. Für | |
| eine solche Kommission waren vor der Wahl einzig die Grünen. | |
| 5 May 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Teresa Havlicek | |
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