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# taz.de -- Friedensprozess in der Türkei: PKK-Kämpfer ziehen ab
> Am 8. Mai beginnt der Rückzug der PKK-Guerilla in den Nordirak. Doch die
> Bevölkerung wartet noch auf die neue Verfassung.
Bild: Neujahrsfest in Diyarbakir: Jubel über den Waffenstillstand
DIYARBAKIR taz | Etwa 2.000 kurdische Kämpfer wollen ab Mittwoch ihren
Abzug aus der Türkei in den Nordirak beginnen. Die ersten von ihnen werden
in einer Woche das Nachbarland erreichen.
Dies ist ein historischer Schritt, der das Ende der 29-jährigen Rebellion
der Kurdischen Arbeiterpartei PKK markiert. Bereits am 21. März, dem
kurdischen Neujahrsfest, hatte die PKK einen Waffenstillstand mit der
Regierung verkündet. Doch eine damit verbundene Verfassungsreform der
Regierung in Ankara steht noch aus.
„Ich wünsche mir, dass der Friedensprozess erfolgreich ist, aber ich traue
der Regierung nicht“, sagt Reber Acikgoz, der in seinem Laden in der
kurdischen Stadt Diyarbakir im Südosten der Türkei Mobiltelefone verkauft.
Er befürchtet, dass die Regierung ihren Teil des Abkommens mit PKK-Chef
Abdullah Öcalan nicht einhält. Letzterer wurde wegen Hochverrats und
Terrorismus zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt.
## Kurden richten Überwachungskommissionen ein
Andere Bewohner Diyarbakirs, der kurdischen Hauptstadt in der Türkei,
machen sich Sorgen, dass Nationalisten und rechtsgerichtete Kräfte die
Guerillas während ihres Rückzugs angreifen könnten, um den Friedensprozess
zwischen der türkischen Regierung in der PKK zu sabotieren. Als die Kämpfer
der PKK sich 1999 nach der Gefangennahme von Öcalan schon einmal aus der
Türkei in den Irak zurückzogen, töteten die Sicherheitskräfte etwa 500
Guerillas.
Die Kurden haben eigene Überwachungskommissionen in den Provinzen
eingesetzt, die die Kämpfer auf ihrem Weg in den Irak durchqueren müssen.
Der Leiter der Kommission von Diyarbakir, Raci Bilici, zugleich
Vorsitzender der örtlichen Menschenrechtsvereinigung, geht davon aus, dass
das größte Risiko bei radikalen Elementen der sogenannten Dorfschützer
liegt – rund 90.000 Personen, die vom Staat bezahlt werden, um ihre
Ortschaften zu bewachen.
## Angst vor Racheaktionen der staatlich bezahlten Dorfschützer
Bilici befürchtet, einige von ihnen könnten aus Rache für Morde der PKK in
den vergangenen Jahren das Feuer eröffnen oder es rundheraus ablehnen, dass
der Krieg beendet wird. Er weist darauf hin, dass die staatlichen Gehälter
in der verarmten Region eine wichtige Einkommensquelle sind. Der Chef der
Dorfschützer in Diyarbakir, Seyithan Karadag, wollte die Bemerkungen
Bilicis nicht kommentieren.
Doch Bilici ist optimistisch, dass der Abzug friedlich verlaufen wird.
Gegenüber der taz verweist er darauf, dass die Ursache der Gewalt im Jahr
1999 darin lag, dass sich die PKK einseitig, ohne Abkommen mit der
Regierung, zurückzog. „Diesmal wird es sicherer sein“, meint er und fügt
hinzu, dass sich die Armee und die PKK vermutlich auf Abzugsrouten geeinigt
haben.
## Ihre Waffen wird die PKK nicht abgeben
Regierungschef Tayyip Erdogan hat wiederholt versichert, dass das Militär
die Guerillakämpfer nicht angreifen werde. Doch selbst wenn alles glatt
über die Bühne geht, gibt es noch keine Garantie, dass die Verfassung, die
gerade überarbeitet wird, die kurdischen Forderungen nach der Anerkennung
ihrer kulturellen Identität und Schulunterricht in Kurdisch auch erfüllen
wird.
„Die PKK sagt, sie verhandelt, aber wir wissen nicht, was das heißt.
Bekommen wir Unterricht in unserer Muttersprache?“, fragt der Handyhändler
Reber Acikgoz. „Die Verfassung sagt, jeder ist Türke. Wir sind aber Kurden.
Werden sie das ändern?“
So steht im Ausweis von Acikgoz nicht sein Vorname Reber, weil es ein
kurdischer Name ist, den der Staat nicht anerkennt. Er betont, dass die PKK
ungeachtet des Abzugs ihre Waffen nicht abgibt. „Wenn irgendetwas schief
läuft, werden sie wieder Kämpfen“, meint Acikgoz.
8 May 2013
## AUTOREN
Jasper Mortimer
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Diyarbakir
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