# taz.de -- WLAN für jedermann: Alle ins Netz! | |
> Die Initiative Freifunk will einen kostenfreien Zugang zum Internet für | |
> Jedermann ermöglichen. Schwierigkeiten bereitet dabei die unklare | |
> Rechtslage. | |
Bild: Vorbild Paris: Kostenloses Surfen im städtischen Netz ermöglichen mehr … | |
HAMBURG taz | „Immer mehr Leute sind dabei“, freut sich Jan Heller. Der | |
31-Jährige ist Mitglied bei Freifunk Hamburg. „Nach der Gründung im | |
November vergangenen Jahres sind in nur drei Monaten über 100 Menschen | |
beigetreten.“ | |
Freifunk versucht, in ganz Hamburg ein frei zugängliches WLAN-Netz | |
aufzubauen, über das der Zugang ins Internet möglich ist. „Alle sollen | |
Zugriff bekommen“, sagt Heller, der in Hamburg-Dulsberg lebt und als | |
IT-Berater arbeitet. „Auch Leute, die sich sonst vielleicht keinen | |
Internetzugang leisten können.“ Jeder, der das WLAN-Netz mit der | |
Bezeichnung „hamburg.freifunk.net“ findet, kann sich kostenlos einwählen. | |
Und das nicht nur in Hamburg: Freifunk-Aktivisten gibt es in allen | |
deutschen Großstädten, die Netze heißen entsprechend: | |
„städtename.freifunk.net“. | |
„Es gab bis jetzt drei große Wellen des Mitgliederzuwachses“, erklärt | |
Gründungsmitglied Jürgen Neumann, „der jüngste große Anstieg ist wohl auf | |
die Ankündigung der Telekom, ihre Internetgeschwindigkeit zu drosseln, | |
zurückzuführen.“ | |
Jan Heller hilft, wenn jemand bei der Initiative mitmachen möchte. „Für | |
Neueinsteiger modifizieren wir WLAN-Router oder bieten bereits umgebaute | |
Geräte an.“ Diese kosten zwischen 15 und 25 Euro. Die Freifunk-Router | |
verbinden sich dann untereinander. So entsteht ein flächendeckendes Netz. | |
Je mehr Leute mitmachen, desto dichter und schneller wird das Netz. | |
Aktuell gibt es in Hamburg 201 Freifunk-Router – Tendenz steigend. „Um | |
einen Stadtteil ausreichend abzudecken, benötigt man etwa 500–100 Router“, | |
schätzt Heller. „Es liegt also noch viel Arbeit vor uns.“ | |
Auch andernorts im Norden wächst das Freifunk-Netz: In Kiel gibt es derzeit | |
über 100 Freifunk-Router, in Lübeck sind es 147, in Rostock und Umgebung | |
über 160. In Hannover befindet sich das Netz gerade im Wiederaufbau, | |
nachdem es zwischenzeitlich inaktiv war. Zuvor gab es auch hier schon mehr | |
als 100 Freifunk-Router. | |
Der Hamburger Senat befürwortet die Idee. „Es ist schön, dass Menschen | |
Initiative ergreifen und den Ausbau eines kostenfreien WLAN-Netzes selbst | |
in die Hand nehmen“, sagt Christoph Krupp von der Senatskanzlei. Auch die | |
Stadt selbst hat damit begonnen, frei zugängliche Internet-Hotspots | |
einzurichten, beispielsweise in den Öffentlichen Bücherhallen. Seit | |
Dezember 2012 läuft auch ein Pilotprojekt der Verkehrsbetriebe | |
Hamburg-Holstein (VHH): Dabei steht den Fahrgästen in derzeit zwei | |
Buslinien kostenfreier Internetzugang offen. | |
Staatsrat Krupp ist für die Ausweitung des öffentlich zugänglichen | |
Internetnetzes: „Es macht die Stadt attraktiver und lebendiger.“ Offensiv | |
unterstützen möchte er die Freifunker jedoch nicht – weil „es ein Problem | |
ist, dass sie das Gesetz umgehen“. Das Problem: Für eventuelle | |
Rechtsverletzungen, die über seine Leitung entstehen, muss zumeist der | |
Betreiber des benutzten WLAN haften. Diese sogenannte „Störerhaftung“ gilt | |
wiederum nicht für kommerzielle Internetanbieter, die sogenannten | |
Access-Provider. „Ein ziemliches Durcheinander“, so nannte Neumann im | |
vergangenen Jahr die Rechtslage. | |
Freifunk leitet alle Daten über einen niederländischen Provider um. Das | |
bedeutet, dass die einzelnen Freifunk-Mitglieder rechtlich nicht belangt | |
werden können. Aber sogar Jan Heller sagt, dies sei „nicht die schönste und | |
sauberste Lösung“. Die „Störerhaftung“ stamme aus einer Zeit, in der man | |
„im Internet und vor allem im WLAN nicht dieselben Möglichkeiten hatte wie | |
heute“, sagt Heller. Benötigt wird eine neue gesetzliche Regelung. | |
Das sieht auch Christoph Krupp so: Auf Vorschlag der | |
SPD-Bürgerschaftsmehrheit hat der Hamburger Senat eine Bundesratsinitiative | |
veranlasst. Im Oktober vergangenen Jahres forderte die Länderkammer die | |
Bundesregierung dazu auf, die aktuelle Gesetzeslage zu überprüfen. Die | |
Regierung hält allerdings, wie sie im März bekannt gab, eine „gesetzliche | |
Regelung zur Beschränkung des Haftungsrisikos für WLAN-Betreiber weder für | |
geeignet noch für erforderlich“. | |
Kein Problem mit den Freifunkern haben übrigens die potenziell davon | |
betroffenen Konkurrenten: „Das ist für uns kein kommerzielles Thema“, sagt | |
Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbandes der Anbieter von | |
Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) – also der | |
Telekommunikations-Unternehmen, die Internetzugänge und Flatrates | |
verkaufen. | |
9 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Jan Schwenkenbecher | |
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