# taz.de -- Kulturförderung: Eine Republik für die Wirtschaft | |
> Die Werbebranche trifft sich in dieser Woche im Oberhafenquartier. Eine | |
> Großveranstaltung, finanziert von der Stadt. Stadtentwickler lehnen sie | |
> ab. | |
Bild: Lagerhallen und stillgelegte Gleise: Das Oberhafenquartier soll die Kreat… | |
Das Hamburger Oberhafenquartier, zwischen den modernen Gebäuden der Hafen | |
City und dem alten Großmarktareal, bekam von Kulturschaffenden bisher nicht | |
viel Aufmerksamkeit. Der Senat will das nun ändern. In der direkten | |
Nachbarschaft zur windschiefen Oberhafenkantine sollen künftig in den | |
Lagerhallen und auf den stillgelegten Gleisen „einzigartige dauerhafte | |
Nutzungspotenziale für kulturwirtschaftliche und kreative Milieus“ | |
entstehen, so die städtische Entwicklungsgesellschaft Hafen City Hamburg | |
GmbH. | |
Um dies zu erreichen, unterstützt die Stadt Hamburg zunächst die deutsche | |
Dachorganisation der Werbe- und Kommunikationsbranche, dem Art Director’s | |
Club (ADC), mit Einnahmen aus der Kulturtaxe. 150.000 Euro bekommen die | |
Werber, um im Oberhafenquartier vom 14. bis zum 18. Mai ihr jährliches | |
Festival auszurichten. | |
Der Club erwartet 11.000 Besucher, die sich an den vier Festivaltagen dort | |
auf Ausstellungen und Kongressen treffen sollen. „Der unfertige Charakter | |
des Oberhafens passt wunderbar zum ADC, denn er bietet Raum für Ideen“, | |
erklärt dessen Geschäftsführer Stefan Preussler. Das Branchenfest findet | |
zum ersten Mal in Hamburg statt. Der Club prämiert hier besonders gelungene | |
Werbekampagnen des vergangenen Jahres. | |
Der Grund für die städtische Finanzierung der Werbewirtschaft sei die große | |
Reichweite des Festivals und dessen positive wirtschaftliche Auswirkung auf | |
den Kreativsektor in Hamburg, antwortete der Senat auf eine Anfrage der | |
Grünen. Der Oberhafen rücke so stärker in die öffentliche Wahrnehmung. | |
Das Oberhafenquartier als Schauplatz für die Kampagnen der etablierten | |
Werber – diese Strategie der Stadt ist für Ullrich Bildstein, | |
Gründungsmitglied des Oberhafen e.V., ein „Etikettenschwindel“. Sein Verein | |
setzt sich seit einem Jahr für die nachhaltige Entwicklung des geplanten | |
Kreativquartiers ein. Den rund 40 Mitgliedern stößt besonders das Motto des | |
Club-Festivals, „Republik Neuland“, bitter auf. Sebastian Libbert, | |
Restaurantbesitzer der Oberhafenkantine, fragt: „Wie kann der ADC sich | |
hinstellen und sagen, wir erfinden jetzt die Republik Neuland, wo es doch | |
Menschen gibt, die sich sogar schon lange vor dem Oberhafen e.V. Gedanken | |
um eine Entwicklung des Oberhafens gemacht haben?“ | |
Bildstein sagt: „Die bedienen sich unserer Vorarbeit und nutzen es für ihre | |
kommerziellen Zwecke.“ | |
ADC-Geschäftsführer Preussler sagt, das Festival sei auf den Charakter des | |
Oberhafens zugeschnitten. Man wolle diesen nicht verändern oder jemanden an | |
den Rand drängen. Schon gar nicht „gute kreative Ideen und Menschen, die | |
diese realisieren“. | |
Bildstein sagt, die Kulturpolitik sei blauäugig, wenn sie denke, dass das | |
Oberhafenquartier von solchen Festivals profitiere. So gebe es etwa keine | |
Ressourcen für eine bleibende Infrastruktur oder für ein kulturelles | |
Begleitprogramm. Wenn die Werbeleute gingen, würden sie nichts im Oberhafen | |
hinterlassen. | |
Bildsteins Verein hat bisher kein Geld vom Senat erhalten. Für ihren | |
Sitzungsraum zahlen die Mitglieder der Stadt Miete. Unterstützung erhält | |
Bildstein von anderen: Am 19. Mai veranstaltet der Golden Pudel Club ein | |
Open-Air-Konzert unter dem Motto „Republik Kackland“. | |
12 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Rike Uhlenkamp | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |