# taz.de -- Mann über Bord bei den Piraten: Unter falscher Flagge | |
> Die Piratenpartei in Schleswig-Holstein entdeckt auf ihrer Liste für die | |
> Kommunalwahl einen Kandidaten mit Verbindungen in die rechte Szene. Der | |
> 32-Jährige wird die Partei nun freiwillig verlassen – eine große | |
> Erleichterung für die Piraten | |
Bild: Nicht mehr auf diesem Schiff unterwegs: Hilthart Pedersen | |
KIEL taz | In der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt droht der | |
Kommunalwahlkampf der Piraten in schweres Fahrwasser zu kommen. Neun Tage | |
vor der Wahl sah sich die Partei in Kiel genötigt, gegen einen ihrer | |
Kandidaten vorzugehen. Der Grund: die Piraten stellten bei ihrem | |
Listenplatzkandidaten Hilthart Pedersen Verstrickungen in die rechte Szene | |
fest. „Wir waren erschüttert“, sagt Sven Stückelschweiger, | |
Landesvorsitzender der Piraten. Erleichtert sagte er dann am Donnerstag: | |
„Unserer Bitte auszutreten, will er nachgekommen.“ | |
Der Landesvorstand hatte sich schon über die rechtlichen Möglichkeiten | |
eines Parteiausschlusses informiert. Sogar ein Aufruf der Piraten, die | |
eigene Partei nicht zu wählen, wurde in Erwägung gezogen. „Wir wollen hier | |
klare Kante zeigen“, sagt Stückelschweiger. | |
Am Mittwochabend hatte Stückelschweiger mit zwei weiteren Piraten Pedersen | |
mit den Vorwürfen konfrontiert. „Es war ein schweres Gespräch“, sagt er. | |
Nur nach und nach hätte ihr Parteimitstreiter eingeräumt, beim „Sturmvogel | |
– Deutscher Jugendbund“ mit dabei gewesen zu sein und der „Deutschen | |
Hochschulgilde Gorch Fock zu Hamburg“ noch heute anzugehören. „Mir kam das | |
wie eine Salamitaktik vor, nur einzuräumen, was vorgeworfen wurde“, sagt | |
Stückelschweiger. | |
Von 1998 bis 2008 will Pedersen bei den „Sturmvögeln“ gewesen sein. Mit 17 | |
Jahren, sagte der heute 32-Jährige, sei er eingetreten. Von einer | |
rechtslastigen Ausrichtung will der Archäologe nichts gemerkt haben, | |
berichtet Stückelschweiger. Eine Edda Schmidt kannte er von den | |
„Sturmvögeln“, räumte Pedersen ein. Dass Schmidt öffentlich für die | |
NPD-Frauenorganisation „Ring Nationaler Frauen“ agiert, wollte er nicht | |
wahrgenommen haben. Dass der Bund 1987 aus einem internen Streit der | |
„Wiking Jugend“ (WJ) hervorging, soll er heruntergespielt haben. | |
Dieses Verhalten kennt Gideon Botsch. Der Politikwissenschaftler am „Moses | |
Mendelssohn Zentrum“ in Potsdam forscht zu bündischen Jugendgruppen. „Der | |
Sturmvogel ist eine radikale Abspaltung der Wiking Jugend“, sagt er. In | |
einem Flugblatt stellte der Verband, der sich sehr bemüht im Geheimen Lager | |
und Fahrten für Kinder und Jugendliche auszurichten, dar, „volkstreu | |
eingestellte Deutsche“ als Mitglieder zu haben, mit dem Ziel, dem „Ungeist | |
(...) der unserem Volk derzeit jedem Atemzug verpestet“ entgegenzuwirken. | |
In einem Jahreskalender hieß es 2006: „Auf unseren Wanderungen lernen wir | |
Deutschland kennen“, von „Schleswig-Holstein bis nach Tirol, vom Elsass bis | |
ins Memelland“. „Die Bedeutung von solchen Gruppen und ihren Schulungen | |
darf nicht unterschätzt werden“, sagt Botsch. Auch nicht, die der | |
„Deutschen Gildenschaft“ (DG). | |
Bis 2012 will Pedersen bei der „Deutschen Hochschulgilde Gorch Fock zu | |
Hamburg“, die zur DG gehört, aktiv gewesen sein, danach sei er nur noch | |
passives Mitglied gewesen. „So lange ist das ja nun nicht her, dachte ich, | |
als er das sagte“, sagt Stückelschweiger. Die DG ist 1958 als Bund für die | |
„akademische Jugend“ gegründet worden, ihre Wurzeln gehen zurück bis ins | |
Jahr 1923. Auf ihrer Internetseite sind sechs aktive Gilden angegeben, | |
darunter die „Gorch Fock“, die Wanderungen und Vorträge anbietet. In ihrer | |
„Salzburger Erklärung“ versichern sie, sich für das „deutsche Volkstum�… | |
auch außerhalb der Bundesrepublik einzusetzen. Eine Offenheit, die die | |
„nationale Identität“ gefährde, lehnen sie ab. Die innere Einheit könnte | |
nur eine „Aussöhnung des deutschen Volkes mit sich selbst“ ermöglichen, in | |
dem sich der Wahrheit der Geschichte gestellt werde, heißt es weiter. Vom | |
Nationalsozialismus wird hier nicht gesprochen, sondern alleine von der | |
„SED-Diktatur“. 2009 war der Geschäftsführer des neu-rechten „Instituts… | |
Staatspolitik“, Erik Lehnert, Referent auf dem Gildentag der „Gorch Fock“. | |
Aus der DG kommen mehrere Theoretiker der Neuen Rechten. Die DG, so Botsch, | |
ist ein „Zusammenschluss von Personen aus völkisch-nationalistischen und | |
radikal nationalen Bünden“. | |
Im Gespräch hatte der Vorstand Pedersen nachdrücklich gebeten, „die Partei | |
zu verlassen“ und das Mandat gegebenenfalls nicht anzunehmen. „Ich glaube, | |
auch ihm wurde deutlich, dass er bei den Piraten falsch ist“, sagt | |
Stückelschweiger. Pedersen wollte sich der taz gegenüber zu seiner | |
Vergangenheit nicht äußern: „Ich möchte nichts sagen“, sagte er am | |
Donnerstag. | |
16 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |