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# taz.de -- Durchleuchtete Kellner: Kontrollen ohne Grundlage
> Sicherheitsüberprüfungen im Vorfeld von Großevents finden in
> Schleswig-Holstein ohne gesetzliche Basis statt, bemängelt das dortige
> Zentrum für Datenschutz.
Bild: So offensichtlich wird nicht immer kontrolliert: Bei vielen Großveransta…
Wer dem Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und seinen Gästen Kaffee
servieren oder die Tontechnik für das Saal-Mikro legen will, muss sich
zurzeit gefallen lassen, dass polizeiliche Daten abgefragt werden: Für
praktisch alle Personen, die sich bei Veranstaltungen der Landesregierung
in einem näheren Bereich aufhalten, gilt eine Sicherheitsüberprüfung. Eine
Rechtsgrundlage für diese Praxis fehlt aber, bemängelt das Unabhängige
Landesdatenschutzzentrum in Kiel (ULD).
Die jetzige rot-grün-blaue Landesregierung, die das Verfahren von den
schwarz-gelben Vorgängern übernommen hat, sieht jedoch kein Problem. Sie
habe entsprechende Überprüfungen vorgenommen und werde das auch künftig
tun, heißt es in der Antwort auf eine kleine Anfrage, die der taz vorliegt.
Beim Neujahrsempfang der Landesregierung mit Gästen des Konsularischen
Korps und bei einer feierlichen Schiffstaufe eines israelischen U-Boots
liefen zuletzt flächendeckende Überprüfungen. Abgefragt werden polizeiliche
Daten, frühere Straftaten, Auffälligkeiten. „Am Verfahren als solchem ist
gar nicht viel auszusetzen“, sagt Barbara Körffer vom ULD. „Es läuft nur
vollkommen am Parlament vorbei.“
Die Datenschützer beobachten die Vorgänge seit Jahren kritisch. Erste
flächendeckende Sicherheitsüberprüfungen gab es im Jahr 2006 –
Innenminister in Schleswig-Holstein war damals der Sozialdemokrat Ralf
Stegner – im Rahmen der Frauen-Fußballweltmeisterschaft. Seither ist das
Verfahren klarer geregelt: „Das zuständige Ministerium hat einen Katalog
erarbeitet, der recht genau unterscheidet, ab wann ein Hinweis in einer
Akte eine Person zum Sicherheitsrisiko macht“, sagt Körffer.
Dabei werde nicht jedes Mal alles genau abgearbeitet, sondern je nach
Veranstaltung geschaut, welche Daten interessant sein könnten. Bei
besonderen Anlässen – etwa beim Treffen aller Ministerpräsidenten in Lübeck
im vergangenen Jahr – sei die „Erfordernis für eine Prüfung durchaus
erkennbar“, sagt Körffer. „Dennoch fehlt die demokratische Legitimation f�…
dieses Vorgehen. Das Parlament sollte das Recht haben, sich damit zu
befassen und Kriterien festzulegen.“
Allerdings findet die Überprüfung nur mit Zustimmung, also streng genommen
freiwillig statt. Gilt nicht, sagt das ULD: „Das ist eine
Pseudo-Freiwilligkeit. Wer in einem Arbeitsverhältnis steht, etwa als
Servicekraft oder Koch, kann sich nicht weigern, sondern muss der
Überprüfung zustimmen“, führt Körffer aus.
Das Hauptproblem: Wenn die polizeiliche Datenbank Alarm schlägt, erfährt
der Arbeitgeber zwar nicht den genauen Grund, wohl aber, dass dieser
Beschäftigte den Sicherheitskriterien nicht genügt und durch einen anderen
ersetzt werden muss. Eine Rechtsgrundlage biete die
unfreiwillig-freiwillige Zustimmung deshalb nicht, sagt die Kieler
Datenschützerin.
Patrick Breyer von der Piraten-Fraktion, die die kleine Anfrage an das Land
gestellt hat, lehnt das Verfahren insgesamt ab. „In der jetzigen Form ist
es klar rechtswidrig. Hinzu kommt, dass das Raster zu grob ist, um
potentielle Täter zu finden. Es gibt keinen Beweis dafür, dass es dadurch
gelungen ist, einen Anschlag oder Angriff zu verhindern.“ Stattdessen könne
es sein, dass Personen ausgeschlossen werden, deren Namen zufällig in
Dateien auftauchen. Breyer schlägt statt der Prüfung im Vorfeld sorgfältige
Einlasskontrollen vor. Die Zahl von Akkreditierungsverfahren und
Sicherheitschecks nimmt zu, betroffen sind Großveranstaltungen bundesweit.
Sie treffen auch Presseleute: Zwei taz-Sportredakteure, die ihre
„freiwillige“ Zustimmung zum Datenabgleich verweigerten, durften nicht über
die Leichtathletik-WM 2009 berichten.
20 May 2013
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Datenschutz
Tumblr
Teresa Z.
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