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# taz.de -- Kolumne: Halleluja: Einschränkungen im Konsumverhalten
> Unserem Kolumnisten ist der Ramadan "im Prinzip wurst".
Bild: Vorbereitung zum Fastenbrechen in Pakistan.
Mir persönlich ist der Ramadan ja wurst. Ich sage das mal so ungeschützt,
auch wenn es für besonders fromme Menschen unschicklich sein könnte, den
heiligen Monat mit einem Metzgereiprodukt in Verbindung zu bringen.
Meinetwegen ist die Wurst also halal und nicht vor Sonnenuntergang zu
verzehren.
Egal ist mir die muslimische Fastenzeit, weil jeder das Recht hat, sein
Steckenpferd zu reiten, solange er niemandem dabei auf die Füße trampelt.
Er darf sich also auch gerne den Kopf darüber zerbrechen, ob er früh am
Morgen noch schnell eine Flasche Wasser hinunterwürgt, um bis zum Abend
nicht zu dehydrieren, oder ob für ihn möglicherweise eine der vielen
Ausnahmegenehmigungen gilt, die mit dem Kleingedruckten auf einem
Telekom-Vertrag locker mithalten können.
Im Grunde kann ich sogar nachvollziehen, dass das Intervallfasten seine
angenehmen Seiten hat. Als ich kürzlich eine Low-Carb-Diät machte, gönnte
ich mir nach langen Tagen, an denen ich mich tapfer von Rohkost ernährt
hatte, schon mal ein alkoholfreies Bier. Das schmeckte gleich viel besser.
Gezielte Einschränkungen im Konsumverhalten können manchmal durchaus
sinnvoll sein. Nur überhöhen und verkitschen muss man sie nicht.
Das tun nämlich gerade viele publizierende MuslimInnen, die von der
spirituellen Kraft des gemeinsamen abendlichen Nachholessens oder von
komplizenhaften Ich-faste-und-du-offenbar-auch-Blicken schwadronieren. Und
sich dabei zum Sprachrohr einer gefühlten Community machen, für die sie
ungefragt mitsprechen. Was ebenso sinnentleert ist, wie wenn ein
bekennender Katholik stellvertretend für alle römisch Sozialisierten
behauptet, die Adventszeit erhebe ihre Seelen und lasse sie das Wichtige im
Leben erkennen.
Richtig kraus wird es dabei aber erst, wenn jemand wie Christian Hanke, der
SPD-Bezirksbürgermeister von Mitte, alle Welt zum „gemeinsamen
Fastenbrechen“ am Ende des Ramadan auf den Leopoldplatz lädt, tanzende
Derwische inklusive. Sicher ganz doll gut gemeint, aber fast möchte man den
armen Muslimen sein Bedauern darüber ausdrücken, dass ein bekennender
Nichtangehöriger ihrer Religion dazu aufruft, ihr Fest zu feiern – und dann
auch noch die weniger angenehmen Begleiterscheinungen, also das Fasten,
einfach weglässt.
Aber wie gesagt: Essen und fasten lassen, lautet meine Devise. Die teilte
wohl auch der sehr nette und dem Outfit nach muslimische
Security-Mitarbeiter auf dem Pariser Flughafen, dem ich vor ein paar Tagen
schwitzend gegenüberstand. Sorgenvoll betrachtete er die bretonischen
Karamelcremes und Fischsuppen, die die zulässige Flüssigkeitshöchstmenge
mehrfach überschritten und in meinem Handgepäck nichts zu suchen hatten. Es
war der erste Tag des Ramadan und der letzte meines Urlaubs, und ich hatte
es nicht mehr rechtzeitig zur Gepäckaufgabe geschafft. „Das kostet doch
alles Geld“, sagte er mahnend, ließ die leckeren Mitbringsel stecken und
wünschte mir einen guten Heimflug nach Berlin.
12 Jul 2013
## AUTOREN
Claudius Prösser
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