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# taz.de -- Die Wahrheit: Respekt zum Deutsch
> In, auf, an, für, dafür oder einfach zu? Der falsche Gebrauch von
> Präpositionen hat sich breit gemacht. Besonders in der taz.
Bild: So oder so?
Fällt Ihnen an diesen drei Zitaten aus der taz etwas auf? „Angeblich werde
es keine Anklage gegen zu Guttenberg geben, berichtete die Leipziger
Volkszeitung unter Berufung auf mit dem Ermittlungsverfahren beteiligte
Kreise.“ – „Tatsächlich sind im Zuge der rasanten ökonomischen Entwickl…
ganz konkrete Nöte des Alltags entstanden, auf die Chinas Führung keine
politischen Lösungen anbietet.“ – „Die Sprecherin der ’Damen in Weiß�…
einer Frauenorganisation, vertraut in das Verhandlungsgeschick der
katholischen Kirche.“
Falls Ihnen nichts aufgefallen ist, liegt es vielleicht daran, dass Sie
sich nie an der Ermittlung grammatischer Fehler beteiligt haben und von
Ihnen daher keine Lösungen für solche Probleme gefordert wurden. Aber ich
vertraue dennoch auf Sie: darauf, dass Ihnen bei den folgenden, ebenfalls
der taz entnommenen Sätzen was aufstößt! Was tut Cassius Clay alias
Muhammad Ali nach seinem Olympiasieg 1960? „Angeblich wirft er aus Ärger
vor der rassistischen Zurücksetzung die Medaille in den Ohio River.“
Was prägt eine Fernsehdokumentation über Goldman Sachs? „Der Film nährt
sich an den düsteren Aussagen von Wirtschaftsexperten.“ Und was geschah
nach einem Amoklauf? „In Reaktion auf das Blutbad hatte die damalige
Bundesregierung das Waffenrecht verschärft.“
Als Reaktion auf solche Sätze entstand diese Glosse. Sie geht auf den Ärger
über falsche Präpositionen zurück, nährt sich von passenden Beispielen und
ist, während die taz „eine Philippika über die ideelle Anspruchslosigkeit
der zeitgenössischen Architektur“ korrekt findet, eher eine Philippika
gegen die sprachliche Unbedarftheit mancher Journalisten.
## Über, auf und für
„Manche Insulaner sympathisierten für die Deutsch-Nationalen, andere für
die Kommunisten“ (die Nord-taz über einen historischen Sylt-Krimi) – wieder
andere würden lieber mit Leuten sympathisieren, die Deutsch können: Doch
Schreibern, die meinen, der auf seine Kindheit zurückblickende Kommunarde
Fritz Teufel sei „voller Anerkennung über seine Mutter Lotte“ gewesen, kann
man dafür schwerlich Anerkennung zollen; und wenn man liest, dass sich bei
einem Fußball-Länderspiel „Angst eingeschlichen hatte unter die Köpfe der
deutschen Spieler“, mag man nicht wissen, wo genau.
Zumal dort vermutlich das Sprachbewusstsein manches Reporters zu Hause ist.
Anders als jener Schüler, der laut taz „auf Prüfungen lernte“ und „neben
dem Pauken auf die Abschlussprüfungen“ bereits arbeiten ging, verzichten
diverse Medienschaffende anscheinend darauf, für ihren Beruf zu lernen.
Infolgedessen wissen sie, dass das Verhältniswort „über“ vor allem dort, …
es falsch ist, hingehört, siehe das Philippika-Zitat, siehe das
Teufel-Zitat, siehe die taz-Überschrift „Urteil über Rechtsrocker“, die d…
Unterschied zwischen Gerichtsurteil und Meinung einebnet, und siehe nun
Beispiele aus anderen Quellen:
„Das Volk der Bolebedu blickt über eine 400 Jahre währende Geschichte des
Regenmachens zurück“, heißt es in einem Heft aus dem Hause DuMont, das auf
Südafrika blickt. Ein Reiseprospekt über die Westtürkei rühmt die antiken
Denkmäler von Sardes, denn sie „vermitteln ein beeindruckendes Bild über
den damaligen Reichtum der Stadt“, aber ein schlechtes vom Sprachgefühl der
Werber. Ein Sabah-Journalist ist „über die Entscheidung zufrieden“, dass
das Bundesverfassungsgericht die Sitzplatzverlosung beim Münchner
NSU-Prozess wiederholen lässt, während das ARTE Magazin an die „Proteste
über die Wiederwahl Ahmadinedschads vor vier Jahren“ erinnert.
## Die Allzweckwaffe
Zum Ausgleich wird, wo „über“ am Platz wäre, eine andere Präposition aus
dem Lostopf gefischt: „Die Fans – aufgebracht gegen die eigene Mannschaft�…
meldet die ARD-„Sportschau“, während ZDF Kultur von schrecklichen
technischen Möglichkeiten faselt: „Uros Djurovic macht einen Film zum
Neonazi“.
Sowieso ist „zu“ die zweite Allzweckwaffe. Horacio Cortes in Guatemala
„sucht den Schulterschluss zu den USA“, Obama aber „richtet seinen Blick …
den Wachstumsregionen im Pazifik“ (beides: taz); und die „Rede zu“
beziehungsweise „Diskussion zu“ wird so inflationär verwendet, dass man nur
„Respekt zu diesen Erfolgen“ (das südniedersächsische Werbeblättchen Bli…
bekunden kann.
Manchmal allerdings geht es so überraschend wie unfreiwillig korrekt zu:
Der alte Papst „suchte den Dialog zu den anderen Religionen“, wird
Erzbischof Zollitzsch in der taz zitiert – was genau der Dialog ist, der
diesen Herrschaften vorschwebt: Die einzig wahre Kirche spricht zu, nicht
mit den anderen. Im übrigen wird auch dort, wo „zu“ richtig wäre, gern was
anderes genommen: „Stammzellen können sich in jedes Gewebe des Körpers
entwickeln“ (Bayern alpha), Ähnliches gilt für Präpositionen.
Ein Drittes: Man zeigt den grammatischen Status nicht mehr durch
Kasusendungen an (geht „synthetisch“ vor), sondern durch Präpositionen
(„analytisch“): „Das ist eine Täuschung am Leser“, behauptete die
3sat-„Kulturzeit“ über eine nicht als Reklame gekennzeichnete
Scheinrezension. Man sieht: Nicht nur der Dativ – auch die Präposition ist
der Tod am Genitiv. Respekt zu diesem Deutsch! (Über? Für? Vor?)
2 Aug 2013
## AUTOREN
Peter Köhler
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