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# taz.de -- Hanfparade: „Mein Leben ist ziemlich spießig“
> Am Samstag geht es bei der Hanfparade um die Legalisierung von Cannabis.
> Verkauft wird es sowieso schon - von häufig recht entspannten Menschen.
Bild: Entspannte Menschen..
taz: Guten Morgen, heute schon einen geraucht?
Ein Grasverkäufer: Nee, ich muss gleich zur Arbeit. Ich arbeite in einem
Kindergarten, da kommt das nicht infrage – man muss schon trennen können
zwischen Beruf und Job. Und nur weil ich anderen den Wunsch erfülle, sich
schon morgens zuzudröhnen, bedeutet das noch lange nicht, dass ich das auch
mache … na ja, nicht mehr, man wird ja auch nicht jünger.
Es ist noch ziemlich früh am Morgen, aber in deiner Wohnung sitzen schon
drei Kunden. Sind Dealer nicht ewig schlafende Langzeitstudenten?
Na klar, die gibt’s auch, aber ich habe strikte Öffnungszeiten. Von 8 bis 9
Uhr und zwischen 19 und 22 Uhr. Meine Kunden wissen das. Bei mir kaufen
alle möglichen Leute: Von der Sekretärin über den Comicladenbesitzer bis
hin zum Steuerberater. Du warst ja schließlich auch mal bei mir.
Ich kam damals durch einen gemeinsamen Freund zu dir. Braucht man die
Empfehlung eines Stammkäufers?
Meistens. Es gibt aber auch andere Einstiege: Einmal hatte ich den Rucksack
voll mit mehreren Kilos und saß im Taxi auf dem Weg nach Hause. Das roch
natürlich. Als wir ankamen, fragte der Fahrer, ob ich ihn mit Gras bezahlen
könne. Inzwischen haben wir ein florierendes Transportunternehmen: Er fährt
mich durch die Stadt, wenn ich Nachschub hole – dafür versorge ich ihn mit
dem, was er so braucht.
Hast du neben Gras auch andere Substanzen im Angebot?
Normalerweise nur Gras. Koks oder Speed würden mir nicht ins Haus kommen –
sowohl aus moralischen Gründen als auch aus Selbstschutz. Wer will schon
mitten in der Nacht von Speedjunkies rausgeklingelt werden! Dafür ist mein
Leben jenseits dieses Jobs zu spießig, und meine Freundin würde mir
wahrscheinlich den Hals umdrehen.
Könntest du dich alleine vom Verkaufen finanzieren?
Die meisten beginnen ja damit, um den eigenen Konsum zu finanzieren. So war
das bei mir auch. Irgendwann fragt sich, ob du nur noch mit Kilos hantieren
willst, oder ob es dir eher um die soziale Komponente geht: Menschen
treffen, plaudern, zusammen rauchen und am Ende des Tages ein bisschen mehr
Geld in der Tasche haben. Ich habe mich für Letzteres entschieden.
Woher kommt deine Ware?
Aus Berlin. Alle zwei bis drei Wochen fahre ich mit meinem Taxi zu einer
Indoorplantage. Die ist ziemlich sicher. Solche Profiwohnungen werden meist
nur entdeckt, wenn die Mieter zu blöd sind, den immensen Stromverbrauch zu
erklären, oder wegen eines Wasserrohrbruchs. Wäre aber auch nicht mein
Problem, wenn der Laden hochgeht.
Gibt es andere Gefahren?
Überfälle. Als Dealer kann man ja nicht zu den Bullen gehen, wenn man
ausgeraubt wird. Also hat man entweder nur wenig von dem Zeug in der
eigenen Wohnung, bewaffnet sich oder kennt einfach die richtigen Leute.
Wie handhabst du das?
Die einzige Waffe, die ich im Haus habe, ist mein Nunchaku (zwei durch eine
Kette verbundene Stäbe, Anm. d. Red). Damit würde ich mich im Ernstfall
wahrscheinlich selbst k. o. hauen. Bisher lief aber alles einigermaßen
glimpflich. Einmal wurde meine Wohnung gestürmt, die Typen haben aber das
falsche Paket mitgenommen. Der Schaden war also überschaubar.
9 Aug 2013
## AUTOREN
Juri Sternburg
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