# taz.de -- Umstrittenes Bezahlsystem: Magen leer? Finger her! | |
> 16 Hamburger Schulen scannen die Finger ihrer Schüler vor dem | |
> Mittagessen. Datenschützer warnen, die Schulbehörde beschwichtigt. | |
Bild: Ohne so einen Fingerabdruck gibt's mancherorts nichts zu essen. | |
Dass in der Kantine der Adolph-Schönfelder-Grundschule in Barmbek Essen per | |
Fingerscan ausgegeben wird, ist in Hamburg kein Sonderfall. An 15 weiteren | |
Schulen sei das neue Bezahlsystem in Kraft, sagt Peter Albrecht, Sprecher | |
der Schulbehörde. „Die IT-Firma People & Project GmbH aus | |
Schleswig-Holstein machte uns im Oktober 2012 das Angebot“, so Albrecht. | |
Eingeführt wurde das System Anfang des gerade erst begonnenen Schuljahres. | |
Ein paar Tage in Betrieb – und schon der erste Aufschrei: Die | |
Catering-Firma Kinderwelt habe in Zusammenarbeit mit der IT-Firma Kinder | |
der Grundschule gezwungen, ihren Fingerabdruck speichern zu lassen, obwohl | |
ihre Eltern sich für das alternative Bezahlmodell, den RFID-Chip, | |
entschieden hatten, berichtete am Mittwoch das Hamburger Abendblatt. Das | |
bestätigt Albrecht und begründet: Die IT-Firma habe veraltete Listen mit in | |
die Grundschule genommen, auf denen standen, von welchen Kindern | |
Fingerabdrücke gespeichert werden sollten. Zwischenzeitlich hatten sich | |
jedoch einzelne Eltern umentschieden, das war auf den Listen noch nicht | |
vermerkt. Die IT-Firma meldete, dass sie die Daten gelöscht hat. | |
Etwa 90 Prozent der Eltern der Grundschulkinder wählten „freiwillig und gut | |
informiert“ das Bezahlmodell per Fingerscan, so Albrecht weiter. Denn man | |
wisse doch, dass Kinder gut im Verlieren sind. Beim Finger sei dies weniger | |
möglich. Der Vorteil des bargeldlosen Bezahlens im Allgemeinen sei vor | |
allem, dass man dem Chip oder Fingerabdruck nicht ansehen kann, ob das | |
Essen vom Staat subventioniert wird oder ob das Kind von „Vollzahlern“ | |
stammt. Gelöscht werden die Daten – Name, Schulklasse und die Frage der | |
Subvention –, sobald das Kind nicht mehr an der Mittagsbetreuung teilnehme | |
oder die Schule verlasse, sagt Albrecht. | |
Kritik gibt es aus der Opposition und von Datenschutzeinrichtungen. „Ein | |
enorm wichtiger Bildungsauftrag der Schule ist es, Kinder für den Umgang | |
mit ihren persönlichen Daten zu sensibilisieren – und ihnen nicht | |
vorzugaukeln, es passiere schon nichts“, sagt Stefanie von Berg von den | |
Grünen. Biometrische Daten hinterlassen zu müssen, um essen zu können, sei | |
„völlig inakzeptabel“. | |
Albrecht versucht zu entkräften. Man speichere nicht den gesamten | |
Fingerabdruck, sondern nur wenige Messpunkte, aus denen das Original nicht | |
abzulesen sei. „Das ist immer so und deswegen kein Argument. Die Messpunkte | |
können mit gleichen Daten dem Nachweis dienen, welcher Finger welchem Kind | |
gehört“, sagt Frank Rosengart vom Chaos Computer Club. | |
Dora Heyenn, schulpolitische Sprecherin der Linksfraktion, geht – „mal | |
abgesehen von den Fingerabdrücken“ – einen Schritt weiter: „Wenn die rote | |
Lampe leuchtet, bekommen die Kinder dann kein Essen?“ Das Problem sei ganz | |
einfach zu lösen: „Die Stadt sorgt dafür, dass alle Schulkinder ein | |
kostenloses Mittagessen erhalten und gut ist!“ | |
9 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Carsten Bisping | |
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