# taz.de -- Stadtteilaktivisten empört: Esso-Häuser kommen weg | |
> Die Bayerische Hausbau hat den Abriss des Komplexes an der Reeperbahn | |
> beantragt, der Bezirksamtsleiter sieht dagegen kein Mittel. | |
Bild: Dürfte widerlegt werden: Transparent für den Erhalt der Häuser am Spie… | |
HAMBURG taz | Der Ballsaal des Millerntorstadions ist gut gefüllt, die | |
Stimmung aufgeheizt. „Scheiss Gentrification“, „Schütze und Hausbau haben | |
die Häuser profitabel heruntergerockert – Bezirk belohnt Abriss, oder | |
was?“, ist auf den Transparenten der Initiative Esso-Häuser zu lesen. „Ich | |
bin auch für soziale Mischung und Wohnungen für arme Leute auf St. Pauli“, | |
beschwichtigt Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD), der zu der | |
Informationsveranstaltung eingeladen hatte. „Wir müssen den Abrissantrag | |
aber genehmigen, uns sind die Hände gebunden.“ Den hatte der Investor | |
Bayerische Hausbau am Dienstag gestellt. | |
Architektin Christine Reumschüssel stellt das von der Stadt beauftragte | |
Gutachten über den Zustand der Esso-Häuser an der Reeperbahn den Anwohnern | |
vor. „Wir haben exemplarisch 70 Bauteile aus Dach, Tiefgarage und Hülle | |
untersucht und nur ein einziges war in Ordnung“, sagt Reumschüssel. „Der | |
Zustand des Stahlbetons ist nicht mehr hinnehmbar“, sagt Grote. „Am 1. Juli | |
nächsten Jahres müssen die Wohnungen geräumt werden – egal, ob saniert oder | |
abgerissen wird.“ | |
Das Publikum ist von der detaillierten Darstellung genervt. „Hast du eine | |
Schlaftablette genommen, oder warum redest du so?“, tönt es aus dem | |
Publikum. Man wolle jetzt endlich diskutieren. Nach einer Stunde ist es | |
soweit, die Kritiker der Abriss-Pläne tragen ihre Argumente vor. | |
„Es ist ein Skandal, dass hier willkürlich mit Zahlen gespielt wird. 23 | |
Millionen sind reine Spekulation“, sagt Stadtteilaktivist Steffen Jörg. Das | |
soll laut der Bayerischen Hausbau allein die Sanierung der Tiefgarage | |
kosten – gegenüber Neubaukosten von zehn Millionen Euro. Eine genaue | |
Kostenaufstellung gibt es noch nicht. | |
„Es ist immer das gleiche: Investoren kaufen Gebäude, lassen sie verkommen, | |
reißen sie dann ab, um neue, teurere Wohnungen zu bauen“, kritisiert Jörg. | |
„Lasst’ uns doch über eine Enteignung reden!“, schallt es aus dem Publik… | |
Grote reagiert launig: Darüber könne man sich gerne nach der Revolution | |
unterhalten. Jetzt gehe es darum, mit den Fakten aus dem Gutachten | |
umzugehen. | |
240 Wohnungen will die Bayerische Haubau errichten, mehr als doppelt so | |
viele wie bisher; je zu einem Drittel Eigentumswohnungen, geförderte und | |
frei finanzierte Mietwohnungen. | |
Grote fordert dagegen mindestens 107 sozial geförderte Wohnungen. Der | |
Bebauungsplan sei die einzige Einflussmöglichkeit des Bezirks. „Hier werden | |
wir der Hausbau harte Bedingungen aufstellen“, sagt er. Die | |
Eigentumswohnungen aber stehen nicht zur Debatte. „Irgendjemand muss das | |
Ding ja auch bauen“, so Grote. Die Initiative kritisiert das. Sie fürchtet | |
den Zuzug „besser betuchter Bewohner“. | |
Die Bayerische Hausbau hat den Mietern inzwischen Ersatzwohnungen im | |
Stadtteil und „ein Rückzugsrecht in vergleichbarer Wohnfläche zu | |
gegenwärtigen Bruttoquadratmeterpreisen“ zugesagt. Der Musikclub Molotow | |
solle erhalten bleiben, die namensgebende Esso-Tankstelle an der | |
Taubenstraße hingegen nicht. | |
15 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Carsten Bisping | |
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