# taz.de -- Dribbeln für den Standort: Aus dem Nichts in die erste Liga | |
> Junge Basketball-Talente verlassen Hamburg, weil die Stadt keinen Verein | |
> hat, der in der Basketball-Bundesliga spielt. Das soll sich vielleicht | |
> schon 2014 ändern | |
Bild: Rebound, Dunking, Buzzle Beater sollen in Hamburg keine Fremdwörter blei… | |
Ismet Akpinar hatte keine Wahl: Um den nächsten Karriereschritt zu machen, | |
musste der deutsch-türkische Jugendnationalspieler Hamburg verlassen. Zu | |
gern hätte der 18-Jährige für die erste Partie seiner Profikarriere das | |
Trikot seiner Heimatstadt übergestreift. Nur: In Hamburg gibt es kein | |
Basketball-Bundesligateam. | |
In Sachen Erstliga-Basketball ist Deutschlands zweitgrößte Stadt tiefste | |
Provinz. Quakenbrück oder Bremerhaven haben Bundesligamannschaften. | |
Hamburgs höchstklassiger Klub ist der Zweitligist SC Rist Wedel, der, wenn | |
man es genau nimmt, in Schleswig-Holstein zu Hause ist und als Verein der | |
ProB eigentlich in der dritten Liga spielt. | |
Wie viele Hamburger Eigengewächse vor ihm – erwähnt seien die beiden | |
Ex-Nationalspieler Ingo Freyer und Marvin Willoughby – verabschiedet sich | |
nun also auch Akpinar, um sich anderswo einen Namen im Profi-Basketball zu | |
machen. Gleich für vier Jahre hat der frisch gebackene Abiturient bei Alba | |
Berlin unterschrieben. „Klar, ich kann’s kaum erwarten und freue mich | |
riesig auf die Herausforderung, aber der Abschied fällt mir schon schwer“, | |
sagt der Spielmacher aus Eppendorf, der von der halben Bundesliga sowie | |
Teams aus der Türkei und US-Colleges umworben wurde. | |
Einer, der möchte, dass Talente wie Akpinar nicht mehr die Stadt verlassen | |
müssen, ist Pascal Roller: Der frühere Nationalspieler versucht mit einem | |
lokalen Unternehmer und einem Marketingstrategen aus München quasi aus dem | |
Nichts Spitzenbasketball in der Hansestadt zu etablieren. Der Plan: Via | |
Wildcard-Bewerbungsverfahren der Basketball-Bundesliga (BBL) will Roller | |
Hamburg zur Saison 2014/15 auf Anhieb und ohne sportliche Qualifikation | |
einen Platz im Oberhaus sichern. Der Name der neuen Basketballmarke steht | |
schon fest: Hamburg Towers. | |
Die Stadt stützt das Vorhaben und hat mit Wilhelmsburg schon einen | |
Wunschspielort im Auge: In der Inselparkhalle, die für die IBA errichtet | |
wurde und momentan als Blumenhalle für die Gartenschau dient, sollen die | |
Towers eine Heimat bekommen. Es ist auch eine weitere Maßnahme zur | |
Aufwertung des „Problemstadtteils“ südlich der Elbe. | |
Für Basketballfans ist das Musik in ihren Ohren: Vor zwölf Jahren trug der | |
letzte Hamburger Erstligaklub, die Mäzen-finanzierten und am Ende | |
insolventen BCJ Hamburg Tigers, seine Spiele in der Wandsbeker und | |
Alsterdorfer Sporthalle aus. Damals war Akpinar noch Fußballer. | |
Seitdem versuchten Unternehmer immer wieder erfolglos, Profi-Basketball in | |
Hamburg zu etablieren. Zuletzt scheiterte 2009 ein ambitioniertes | |
US-Investoren-Duo, das mit einem zweistelligen Millionenetat Europas Spitze | |
angreifen wollte. Mit der Finanzkrise platzte der Traum. | |
Dagegen kommt Roller, der für die Frankfurt Skyliners 408 Bundesligaspiele | |
absolvierte, geradezu geerdet daher. Er baut die Vereinsstrukturen auf, | |
brütet über identifikationsstiftenden Maßnahmen, spricht mit potenziellen | |
Sponsoren. Ein Luftschlossverkäufer ist er nicht. „Die Frage ist, wann das | |
Projekt kommt. Nicht, ob es kommt“, sagt er. | |
Entscheidend für den Erfolg des Retortenklubs wird das Engagement und | |
Interesse von Sponsoren und Fans sein. In der Sportstadt Hamburg | |
konkurrieren die Towers mit der Fußball-, Handball- und | |
Eishockey-Bundesliga. Das Team müsste sich darum möglichst schnell einen | |
Namen machen – sowohl in der BBL als auch in und um Hamburg. Roller: | |
„Vielleicht wird es hier ja bald schick sein, zu den Towers zu gehen. Wir | |
werden unsere Nische finden.“ | |
Die BBL-Geschäftsführung würde die Handels- und Medienmetropole mit | |
Kusshand in der Liga begrüßen, einen Freibrief bekommt sie aber nicht. | |
Zuerst muss ein Platz frei werden, bevor das Wildcard-Rennen eröffnet | |
werden kann. Dann müssen die Towers die Lizenzanforderungen – ein solider | |
Etat, eine Hallenkapazität von 3.000 Plätzen und eine nachhaltige | |
Jugendarbeit – erfüllen. Und schließlich müssen sich die Gesellschafter der | |
BBL für den Standort Hamburg entscheiden. | |
Roller ist da „sehr optimistisch“: Der Etat sei gesichert, eine Halle auch, | |
an Nachwuchs mangele es nicht. In der Tat: Die Hittfeld Sharks aus Harburg | |
und die Hamburg Piraten in Wilhelmsburg, für die Akpinar unlängst 49 Punkte | |
in 28 Minuten in einem Spiel erzielte, stellen je zwei U19- und | |
U16-Bundesliga-Teams. Der SC Rist Wedel, bei deren Herren Akpinar in den | |
letzten zwei Jahren Zweitligaluft schnupperte, gilt als einer der besten | |
Ausbildungsvereine Deutschlands. | |
Eine Kooperation zwischen den Towers und den auf Nachwuchsarbeit | |
spezialisierten Klubs wird angestrebt. Anders gesagt: Die Chancen stehen | |
nicht schlecht, dass Talente wie Ismet Akpinar in ihrer Heimat bald | |
Karriere machen können. | |
20 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Mike Liem | |
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