# taz.de -- Platzeck geht, Woidke kommt: Bauer übernimmt Brandenburg | |
> Am Mittwoch übergibt Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck | |
> sein Amt an Dietmar Woidke. Der gelernte Landwirt könnte vor allem in | |
> Sachen Flughafen punkten. | |
Bild: Fast auf Augenhöhe: Dietmar Woidke (l.) und Matthias Platzeck. | |
An diesem Mittwoch wird Dietmar Woidke als neuer Ministerpräsident des | |
Landes Brandenburg vereidigt. Der 51 Jahre alte SPD-Politiker ist in den 23 | |
Jahren seit der Wende erst der dritte Mann in diesem Amt. Stolpe – Platzeck | |
– Woidke, so wird es einmal in den Geschichtsbüchern stehen. | |
Das Prozedere der Amtsübergabe ist denkbar unaufgeregt. Morgens, noch vor | |
der Landtagssitzung, verabschiedet sich Matthias Platzeck von den | |
Mitgliedern seines Kabinetts, danach tritt er zurück. Anschließend wird | |
Woidke gewählt und vereidigt und ernennt die Mitglieder seines Kabinetts. | |
Nach deren Vereidigung geht es auch schon los mit dem Regieren. | |
Obwohl Woidke und Platzeck politisch und biografisch eine Menge verbindet, | |
werden sich die BrandenburgerInnen auf einen anderen Politikstil ihres | |
Ministerpräsidenten einstellen müssen. Beide sind gute Zuhörer, beide | |
stehen zu ihren nicht immer konsensfähigen Überzeugungen. Doch was der | |
gelernte Landwirt Woidke bewegen kann, hat er bereits in seiner relativ | |
kurzen Amtszeit als Innenminister ab 2010 gezeigt. Die umstrittene | |
Polizeireform hat er nicht nur interessiert moderiert, sondern auch so | |
umgesetzt, dass selbst die Beamten mit dem Ergebnis leben können. | |
Im Jahr bis zur nächsten Landtagswahl wird Woidke nun zeigen müssen, was er | |
als Ministerpräsident vermag. Bei drei wichtigen Themen – dem Flughafen | |
BER, der Braunkohle sowie Rechtsextremismus – hat er sich schon erklärt. | |
Den von Platzeck freigemachten Posten des BER-Aufsichtsratsvorsitzenden | |
will er klugerweise nicht einnehmen. Das Land Brandenburg nominiert seinen | |
Staatssekretär und Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider (SPD) für das | |
Gremium; über den Vorsitz werde erst nach der Bundestagswahl entschieden. | |
Von der Braunkohle wiederum hofft der Lausitzer Woidke, sie möge noch auf | |
Jahrzehnte unverzichtbar bleiben. Und anlässlich seiner Wahl zum | |
SPD-Landesvorsitzenden am Montagabend versprach er, er wolle sich für ein | |
geeintes und weltoffenes Brandenburg einsetzen und dafür sorgen, dass | |
Neonazis „bei uns kein Bein auf den Boden bekommen“. | |
Seine politischen Mitbewerber werden den SPD-Mann im anstehenden | |
Landtagswahlkampf nicht schonen. Die Grünen (siehe Interview) werden die | |
SPD beim Thema Energie jagen. Und die CDU, bis 2009 noch chaotischer | |
Koalitionspartner der SPD, hat denn auch pünktlich zu Woidkes Amtsantritt | |
eine Studie veröffentlicht, laut der sich 42 Prozent der Brandenburger | |
Schwarz-Rot zurückwünschen. Die derzeitige rot-rote Koalition wollten nur | |
25 Prozent. 2014 würde es offenbar locker für beide Optionen reichen: Laut | |
der CDU-Umfrage käme Rot-Rot derzeit auf 55, Rot-Schwarz auf 62 Prozent. | |
Linke-Fraktionschef Christian Görke äußert sich entsprechend vorsichtig – | |
die Chancen für die Fortsetzung von Rot-Rot stünden „fifty-fifty“. | |
Dietmar Woidke geht denn auch ohne Koalitionsaussage ins Wahlkampfjahr. | |
Beim Sonderparteitag am Montagabend bescheinigte er aber schon mal der | |
Landes-CDU, sie müsse nach einer „abenteuerlichen Geisterbahnfahrt“ noch | |
einen weiten Weg zurücklegen, bis sie erneut regierungsfähig sei. | |
Spannend wird auch, wie sich die politische Zusammenarbeit des | |
Oberbrandenburgers mit dem Land Berlin entwickelt. Obwohl Matthias Platzeck | |
2006 erklärt hatte, die geplante Fusion sei „vom Tisch“, machen die beiden | |
Bundesländer auf einigen Gebieten längst gemeinsam Politik. 27 | |
Staatsverträge regeln Politikfelder wie Bildung, preußisches Kulturerbe, | |
grenzüberschreitende Verbrechensbekämpfung oder die Zusammenarbeit des | |
Rundfunks. Und erst Mitte letzten Jahres hat sich der gemeinsame | |
Regionalplanungsrat konstituiert, der sich um Umwelt und Energie kümmert. | |
Von all diesen relativ geräuschlos arbeitenden Institutionen spüren die | |
Berliner und die Brandenburger kaum etwas. Das Thema, bei dem sich immer | |
wieder aufs Neue berlin-brandenburgische Kleinstaaterei zeigt, ist der | |
Flughafen. Flugroutenverlauf, Lärmschutz, Flughöhe – lauter als bislang | |
Matthias Platzeck kann Dietmar Woidke sich fortan als Beschützer seiner | |
Brandenburger ins Zeug legen. Dann klappt’s auch mit der Wiederwahl. | |
27 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |