# taz.de -- Bundestagswahl: Die Lage in Hamburg: Probeabstimmung für den Kanzl… | |
> Obwohl er (noch) gar nicht nach Berlin will, steht Bürgermeister Olaf | |
> Scholz und sein Hamburger Erfolgsmodell bei der Bundestagswahl im Fokus. | |
Bild: Kaum zu stoppen: Olaf Scholz. | |
HAMBURG taz | Er steht gar nicht zur Wahl am Sonntag, dennoch ist er die | |
Hauptfigur bei der Bundestagswahl in Hamburg: SPD-Bürgermeister Olaf | |
Scholz. Für ihn ist die Abstimmung die Probe aufs Exempel, ob er die | |
Sozialdemokratie im traditionell roten Stadtstaat tatsächlich konsolidiert | |
hat. Und wie seine Aussichten sind auf eine erneute bundespolitische | |
Karriere: Parteichef sofort und in vier Jahren Bundeskanzler – das könnte | |
ihn locken. | |
Voraussetzung dafür ist, dass die SPD wieder stärkste Partei in Hamburg | |
wird und fünf bis sechs Mandate erringt. Allen voran muss Aydan Özoguz in | |
den Bundestag kommen und bei einer SPD-Regierungsbeteiligung – ob Rot-Grün | |
oder Schwarz-Rot – als erste Tochter türkischer Eltern deutsche | |
Bundesministerin werden. Familie und Integration, das wäre der Wunschposten | |
für die 46-jährige stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende, Hamburger | |
Spitzenkandidatin und Direktbewerberin im Wahlkreis Wandsbek. | |
Ihre Chancen stehen gut, denn nur einmal seit 1949 gewann die CDU den | |
Wahlkreis: 2009, als Hamburgs SPD nach dem Stimmzettelklau und dem Putsch | |
des rechten Jusos Danial Ilkhanipour mit nur 27,4 Prozent ihr schlechtestes | |
Ergebnis aller Zeiten erlitt. Parteichef Ingo Egloff musste gehen. Olaf | |
Scholz kam als Retter, forderte bedingungslose Gefolgschaft und holte | |
eineinhalb Jahre später bei der Bürgerschaftswahl die absolute Mehrheit. | |
Gut stehen am Sonntag auch die Chancen des SPD-Rechtsaußen Johannes Kahrs, | |
der den Wahlkreis Hamburg-Mitte wohl zum fünften Mal in Folge gewinnen wird | |
und des Deutsch-Türken Metin Hakverdi, der im Wahlkreis Bergedorf-Harburg | |
in die Fußstapfen von Herbert Wehner, Helmut Schmidt und Hans-Ulrich Klose | |
treten will. Gute Chancen hat auch der linke Außenpolitiker Niels Annen, | |
der im Wahlkreis Eimsbüttel flicken will, was Ilkhanipour zerschlug. Der | |
hatte 2009 Mandatsinhaber Annen parteiintern ausgebootet und anschließend | |
dessen Ergebnis von 2005 halbiert. Auch hier muss die Partei nachweisen, | |
dass unter Olaf Scholz wieder Frieden eingekehrt ist. | |
Umkämpft sind die Wahlkreise Nord und Altona. Im Nord treten Christian | |
Carstensen (SPD) und Dirk Fischer (CDU) zum dritten Mal gegeneinander an: | |
2005 gewann Carstensen, 2009 Fischer – das Rennen ist offen. Und in Altona | |
muss der weitgehend unbekannte Matthias Bartke ein schweres Erbe antreten. | |
Seit 1998 hatte Olaf Scholz persönlich diesen Wahlkreis immer gewonnen, | |
jetzt hat sein Nachfolger mit dem Bundestagsabgeordneten und | |
CDU-Landesvorsitzenden Marcus Weinberg einen schweren Gegner. Gut möglich, | |
dass dieses Mal Weinberg das Direktmandat erringt. | |
Die CDU, die 2009 erstmals stärkste Partei in Hamburg wurde und der SPD | |
drei der sechs Wahlkreise abluchsen konnte, wird wieder auf ihr | |
Normalniveau von weit unter 30 Prozent zurückfallen. Neben Weinberg dürften | |
der alerte Haushaltspolitiker Rüdiger Kruse, Ex-Wissenschaftssenatorin | |
Herlind Gundelach und eben Fischer wieder in den Bundestag kommen. | |
Der 69-Jährige tritt nach 33 Jahren im Bundestag nur aus innerparteilichem | |
Zwist wieder an. Im Wahlkreis verhinderte er die Kandidatur des ungeliebten | |
Kurzzeit-Bürgermeisters Christoph Ahlhaus, auf der Landesliste einen | |
vorderen Platz für Ex-Partei- und Fraktionschef Frank Schira. Diese beiden, | |
die bei der Bürgerschaftswahl 2011 mit 20 Prozent das politische Erbe Ole | |
von Beusts verschlissen, gelten in Hamburgs CDU inzwischen als peinliche | |
Irrtümer. | |
Hamburgs Grüne werden wohl wieder zwei Listenmandate erringen, die Linke | |
eines. Und die FDP kämpft wie überall um ihre nackte Existenz. | |
Und wenn für die SPD im Bund vieles schiefläuft, in Hamburg aber gutgeht, | |
klären Olaf Scholz und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft | |
untereinander, wer 2017 gegen Angela Merkel antritt. | |
18 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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