Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Fehmarnbelt: Böser Brief nach Berlin
> Die Verbindung zwischen Deutschland und Dänemark droht teurer zu werden.
> Schleswig-Holsteins Landesregierung fordert nun eine Neubewertung der
> Kosten.
Bild: Unter dem Meer geht es nach Dänemark: So soll die Einfahrt zum Straßen-…
HAMBURG taz | Der volkswirtschaftliche Sinn einer festen
Fehmarnbelt-Querung soll völlig neu untersucht werden. Das hat die
schleswig-holsteinische Landesregierung vom Bundesverkehrsministerium
gefordert, wie aus einem Schreiben des Staatssekretärs im Kieler
Verkehrsministerium, Frank Nägele (SPD), hervorgeht, das der taz vorliegt.
Darin bittet Nägele den Parlamentarischen Staatssekretär im
Bundesverkehrsministerium, den Cuxhavener Enak Ferlemann (CDU), „um eine
Neubewertung des Gesamtprojekts“. Eine Antwort steht noch aus.
Schleswig-Holsteins grüne Landesvorsitzende Ruth Kastner sieht mit der
Aufforderung „eine Vereinbarung des Koalitionsvertrags erfüllt“. Darin
hatten SPD, Grüne und SSW im vorigen Jahr festgeschrieben, von der
Bundesregierung „eine Überprüfung der Kostenschätzung“ einzufordern.
Zugleich stornierte die seit Juni 2012 regierende Dänen-Ampel einen
Landeszuschuss zu den Planungskosten in Höhe von 60 Millionen Euro.
Konkreter Anlass für den bösen Brief nach Berlin ist eine Untersuchung von
Karl-Heinz Breitzmann, Direktor des Instituts für Verkehr und Logistik an
der Universität Rostock. Er stellte seine Berechnungen kürzlich dem
Dialogforum Fehmarnbelt vor, in dem Befürworter, Gegner und Betroffene des
Projekts aus der Region zwischen Fehmarn und Lübeck sitzen. Danach ergebe
sich ein Nutzen-Kosten-Faktor von 0,65:1 und somit ein
volkswirtschaftliches Debakel: Mit jedem Euro, der investiert wird, wird
ein ökonomischer Nutzen von lediglich 65 Cent erzielt, 35 Cent muss der
Steuerzahler aufbringen. Sowas wird gemeinhin Zuschussgeschäft genannt,
förderungswürdig nach bundesdeutschem Recht sind nur Projekte, deren
Nutzenfaktor höher liegt als der Kostenfaktor.
„Aus einer rationalen, ökonomischen Sichtweise wäre der Verzicht auf
jegliche feste Querungen des Fehmarnbelts angemessen“, urteilt auch das
Münchener Verkehrsberatungsbüro Vieregg-Rößler GmbH. Die Verkehrsprognosen
würden „an Land nicht einmal eine zweispurige Ortsumfahrungsstraße
genehmigungs- und förderungswürdig“ machen, heißt es in einer
gutachterlichen Stellungnahme des Verkehrsberaters Karlheinz Rößler, die
der taz ebenfalls vorliegt. Deshalb sei auch eine Amortisierung der
Baukosten durch Mauteinnahmen in den berechneten 39 Jahren nicht
realistisch.
„Die Fehmarnbelt-Querung wird scheitern“, ist sich deshalb der grüne
Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz aus Schleswig-Holstein sicher.
Mehr als sieben Milliarden Euro werde die Querung am Ende kosten und das
könne sich auch das wohlhabende Dänemark nicht leisten, das den
Ostsee-Tunnel allein finanzieren will. Die Verkehrsprognosen sagen 8.000
Autos täglich bei Eröffnung des Tunnels Ende 2021 und 10.800 Fahrten fünf
Jahre später voraus. „Dafür wird in Berlin nicht mal eine Ampel
aufgestellt“, spottet der Grüne.
Ursprünglich war die Anbindung an die von Dänemark zu finanzierende Querung
in Schleswig-Holstein auf etwa 800 Millionen Euro geschätzt worden. Im Juli
hatte die Bundesregierung auf eine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion
eingeräumt, allein die Kosten für die Schienenanbindung betrügen „nach der
derzeitigen Planungstiefe 817 Millionen Euro“. Hinzu kämen mehr als 200
Millionen Euro für den Ausbau der Autobahn A 1 und mindestens 300 Millionen
Euro für eine neue Fehmarnsund-Brücke. Ein frisches Gutachten der Deutschen
Bahn hat der 50 Jahre alten Brücke zwischen dem Festland und der Insel
Fehmarn „aufgrund von Materialermüdung eine geringe bzw. keine
Restnutzungsdauer nachgewiesen“.
Zugeknöpft zeigt sich die dänische Realisierungsgesellschaft Femern A/S,
die den Tunnelbau betreibt. Die Aufforderung der Kieler Landesregierung für
eine volkswirtschaftliche Neubewertung „wollen wir nicht kommentieren“,
erklärte ihr Sprecher Obinna van Capelleveen am Donnerstag auf Anfrage der
taz: „Wir geben dazu keine Stellungnahme ab.“
26 Sep 2013
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.