# taz.de -- Über 600 Anrufe im ersten Jahr: Gefragte Hotline | |
> Die Anlaufstelle für Missbrauchs- und Diskriminierungsopfer bei | |
> Niedersachsens Kultusministerium wird stark frequentiert. | |
Bild: Ob Schüler oder Lehrerin: In Niedersachsen gibt es für Opfer sexueller … | |
HANNOVER taz | Bei jeder dritten Kontaktaufnahme ging es um sexuelle | |
Grenzüberschreitungen oder Missbrauch, bei jeder zweiten um Mobbing oder | |
Diskriminierung. Mehr als 600 Ratsuchende haben sich im vergangenen Jahr an | |
die Hotline für Opfer und Fragen sexuellen Missbrauchs und Diskriminierung | |
in Schulen und Tageseinrichtungen gewandt, die das niedersächsische | |
Kultusministerium seit September 2012 betreibt. | |
Gut ein Jahr nach Einrichtung der Anlaufstelle legte das Ministerium diese | |
Bilanz jetzt auf Anfrage der Grünen-Abgeordneten Ina Korter vor. Über eine | |
Telefon-Hotline und per E-Mail können sich Kinder und Jugendliche, aber | |
auch Eltern, Erzieher und Lehrer an die bundesweit einmalige Stelle wenden. | |
Bislang nutzten überwiegend Mädchen und Frauen das Angebot: 58 Prozent der | |
Nutzer waren weiblich, 31 Prozent männlich – beim Rest der Meldungen ist es | |
nicht bekannt. Ob es sich dabei um Schüler, Eltern, Lehrer oder Opfer | |
handelte, wurde statistisch nicht erfasst. | |
In den allermeisten Fällen hätten die Ratsuchenden ernsthafte Anliegen | |
gehabt, schreibt die Landesregierung: Nur sechs Prozent der Meldungen waren | |
demnach Streiche oder Scherze. Und auch die mehr als 200 Meldungen zu | |
sexuellen Grenzüberschreitungen haben sich meist bewahrheitet: Laut | |
Ministerium erwiesen sich nur zehn Prozent als falsch. | |
Zur Frage, wie schwerwiegend die Vorwürfe waren, äußert sich das | |
Ministerium nicht. Immerhin ist bekannt: Disziplinar oder strafrechtliche | |
Konsequenzen folgten auf keine der Meldungen bei der Anlaufstelle. 19 | |
Verdachtsfälle zu sexuellem Missbrauch, die die Landesschulbehörde derzeit | |
prüft, wurden der Behörde direkt gemeldet. In zweien dieser Fälle ermittelt | |
die Staatsanwaltschaft, in einem kam es zu einer außerordentlichen | |
Kündigung, 15 Disziplinarverfahren laufen. | |
## Erschreckende Fallzahlen | |
Korter nennt die Fallzahlen „erschreckend“ und will eine Unterrichtung im | |
Landtags-Kultusausschuss anregen. Die Anlaufstelle nennt sie „ein | |
deutliches Signal, dass die Landesregierung Probleme von sexuellem | |
Fehlverhalten und Belästigung sowie Diskriminierung erkennt und sehr ernst | |
nimmt“. Die Grünen-Abgeordnete hatte die Einrichtung einer unabhängigen | |
Anlaufstelle schon 2010 beantragt. Eröffnet wurde sie nach langem | |
schwarz-gelben Zögern schließlich im Herbst 2012. | |
Kritik gab es vor allem an der Besetzung: Als Ombudsfrau setzte | |
Ex-Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) Julia Ranke ein, seine | |
Büroleiterin. Die Nähe zum Minister, so die Befürchtung, könnte Opfer davon | |
abschrecken, sich an die Anlaufstelle zu wenden. Althusmanns Nachfolgerin | |
Frauke Heiligenstadt (SPD) hat die Stelle neu besetzt: Ombudsmann ist seit | |
August Horst Roselieb, im Ministerium zuvor Leiter des Referats Prävention. | |
15 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
## TAGS | |
Missbrauchsopfer | |
Diskriminierung | |
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