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# taz.de -- Jahrestag eines Punkmordes: Erst Tragödie, dann Farce
> Vor 35 Jahren, am 21. Oktober 1978, erstach Sid Vicious in New York Nancy
> Spungen. Nur wenig später starb er an einer Überdosis Heroin.
Bild: Johnny Rotten und Sid Vicious (r.) von den Sex Pistols.
„Haben Sie Spaß?“, fragt der Interviewer. Der junge Typ in der Lederjacke
lächelt unsicher. Er habe überhaupt keinen Spaß. „Wo möchten Sie jetzt
sein?“ „Unter der Erde.“ „Im Ernst?“ Sid Vicious nickt.
Wenige Tage vor diesem Interview hat der Bassist der Sex Pistols im Zimmer
100 des New Yorker Chelsea Hotels seine Freundin Nancy Spungen erstochen –
oder auch nicht. Mal behauptet er, Nancy sei in das Messer gestürzt, mal
will er sie gestochen haben, aber nicht, um sie zu töten.
Fest steht, dass Spungen nach Messerstichen verblutet ist und dass beide
auf Heroin waren. „Sids Hedonismus ergänzte sich gut mit Nancys Appetit auf
Heroin“, schrieb der britische Journalist Nick Kent, Experte für „Dark
Stuff“, so der Titel seines Buches. Wenn es je eine self fulfilling
prophecy gab, dann bei Sid & Nancy.
Sie flüchtet als Teenager aus dem reichen Elternhaus in Philadelphia und
wird Groupie, mit allen Schikanen, eine (angebliche) Affäre mit Keith
Richards inklusive. Mit neunzehn folgt sie Johnny Thunders – noch so ein
Bilderbuch-Junkie – nach London, wo gerade Punk explodiert. Logisch, dass
sich Sid und Nancy über den Weg laufen, für ihn ist es die erste Liebe,
davor habe er sich allenfalls „in eine Flasche Bier und einen Spiegel“
verliebt, laut Nick Kent war Sid noch Jungfrau. Das wasserstoffblonde
Groupie und der Lederjackenrüpel geben das (Alp-)Traumpaar des Punkrock,
Exzesse in Love & Hate am laufenden Band, zur Freude des Boulevards.
Nach Nancys Tod wird Vicious wegen Mordes festgenommen, am 1. Februar 1979
gegen Kaution freigelassen. Darauf genehmigt er sich eine Portion
hochkonzentriertes Heroin – im Zimmer 100 im Chelsea, in dem Nancy starb.
Er überlebt knapp, dann gibt ihm die eigene Mutter den Rest. Sie habe ihrem
Sohn die Überdosis verabreicht, um ihn vor dem Gefängnis zu retten, das er
sowieso nicht überlebt hätte, so Ann Beverley auf ihrem Totenbett. Sid
Vicious stirbt am 2. Februar 1979, seine Mutter 1996, ebenfalls an Heroin
in tödlicher Dosis.
Die Tödliche Doris verfilmt 1981 „Das Leben des Sid Vicious“ mit einem
Drei- und einer Sechsjährigen in den Hauptrollen, ihr Kommentar zur
Legendenbildung. Noch 1995, da ist Kurt Cobain schon tot, strickt der
bekannte Punkrock-Darsteller Ben Becker mit dem Theaterstück „Sid und
Nancy“ die Legende weiter. Die Nancy spielt Schwester Meret. Geschichte
wiederholt sich, so der Marx-Evergreen, mal als Tragödie, mal als Farce.
21 Oct 2013
## AUTOREN
Klaus Walter
## TAGS
Heroin
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