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# taz.de -- Disput um Fracking im Norden: Harter Kurs im Untergrund
> Schleswig-Holsteins grüner Energieminister Habeck verschärft die
> Ablehnung der umstrittenen Gasförderung und fordert so bundespolitischen
> Zwist mit dem Koalitionspartner SPD heraus.
Bild: Konzern- und Kohlefreundin aus dem Pott: NRW-Ministerpräsidentin Hannelo…
Einen härteren Kurs gegen das umstrittene Fracking will Schleswig-Holstein
einschlagen. Demnach soll künftig Fracking auch außerhalb von
Wasserschutzgebieten unzulässig sein, antwortet das Energie- und
Umweltministerium auf eine Anfrage der Piraten-Abgeordneten Angelika Beer
und Patrick Breyer: „Eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit
darf flächendeckend nicht zu besorgen sein.“ Damit würden Fracking-Verbote
im gesamten Land möglich.
Das sei eine „weitere Zusage im Kampf gegen Fracking“, freut sich Angelika
Beer. „Das Umweltministerium ist nun zu Zugeständnissen bereit, die vor
einem Jahr so noch verweigert wurden.“ Dazu zähle auch die Aussage, dass
der Landtag künftig über neue Anträge von Unternehmen unaufgefordert
informiert werde und die Anträge veröffentlicht würden. Diese Zusage sei
„dem Druck der Straße und dem Engagement vieler Bürgerinitiativen und
Verbände“ zu verdanken, sagt Beer.
Beim Fracking (siehe Kasten) werden mit hohem Wasserdruck tief liegende
Gesteinsschichten aufgeknackt, so dass in Poren gelagertes Gas gefördert
werden kann. Um die Fließfähigkeit zu erhalten, werden auch Chemikalien
verwendet. Kritiker befürchten in erster Linie die Verunreinigung von
Trinkwasserleitern. In Schleswig-Holstein liegen 16 Anträge vor, acht
wurden bislang genehmigt. Das größte Areal liegt östlich von Hamburg unter
dem Sachsenwald mit den Bismarck-Mineralbrunnen.
Fracking muss nach dem Bundesbergrecht in einem zweistufigen Verfahren beim
Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Hannover beantragt
werden, das als oberste Bergbaubehörde für ganz Norddeutschland fungiert.
Zunächst muss eine sogenannte Aufsuchungserlaubnis beantragt werden, welche
einem Unternehmen lediglich ein bestimmtes Gebiet sichert. Diese Erlaubnis
zu versagen, sei landesrechtlich nicht möglich, sagt der Kieler
Umweltminister Robert Habeck (Grüne). Denn dafür gebe es einen
Rechtsanspruch.
Besser sehe es in der zweiten Stufe bei konkreten Bohrerlaubnissen aus. Um
diese versagen zu können, werde Schleswig-Holstein bei der Neuaufstellung
des Landesentwicklungsplans den Einsatz von Fracking vorübergehend
ausschließen, kündigte Habeck an. Maßnahmen, die den politischen Zielen des
Landes entgegenstehen, sollten künftig untersagt werden. Damit, sagt
Habeck, könne „Schutz vor unumkehrbaren Schäden gewährleistet werden“.
Zu diesem Zweck sollen die BürgerInnen vor Ort rascher und besser
einbezogen werden, kündigt das Ministerium jetzt an. „Die Landesregierung
wird das LBEG anweisen, dass die Gemeinden künftig über die zuständigen
Ämter beteiligt werden“, heißt es in der Antwort auf die Piraten-Anfrage.
Das könnte viele Bürgerinitiativen gegen Fracking-Vorhaben stärken, weil
diese früher und umfassender über entsprechende Pläne informiert würden.
„Unser beharrliches Nachfragen zeigt Wirkung“, freut sich deshalb Beer.
Allerdings dürfte es für die verschärfte Ablehnung von Fracking seitens des
grünen Energieministeriums auch einen taktischen Grund geben. In den
aktuellen Berliner Verhandlungen über eine große Koalition sind beim
Energiekomplex Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) federführend. Vor allem die
Kohlefreundin aus dem Ruhrpott wird alles zu verhindern versuchen, was den
Energiekonzernen und Industriegewerkschaften in ihrem Lande missfällt.
Damit gäbe es unter Schwarz-Rot auch keine Mehrheit für das bundesweite
Fracking-Verbot, das Schleswig-Holstein bereits im April im Bundesrat
einbrachte.
Und deshalb beschreitet nun der grüne Habeck einen schleswig-holsteinischen
Sonderweg gegen Fracking – notfalls auch ohne den eigenen roten
Koalitionspartner in Kiel.
24 Oct 2013
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Fracking
Robert Habeck
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