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# taz.de -- Debatte um Mitgliedervotum: SPD-Landeschefs auf Werbetour
> Der schwarz-rote Koalitionsvertrag steht, jetzt plädieren die
> norddeutschen Sozialdemokraten für ein Ja ihrer Mitgliederbasis zur
> großen Koalition.
Bild: Spricht von einem "sehr, sehr, sehr guten Koalitionsvertrag": SPD-Verhand…
„Wer sein Leben lang hart arbeitet, soll auch belohnt werden“, sagt Olaf
Scholz und meint damit diejenigen, die in Zukunft von den neuen
Rentenregelungen des Berliner Koalitionsvertrags profitieren könnten. Doch
die Performance von Hamburgs SPD-Landeschef und Erstem Bürgermeister legt
nahe, dass der Satz auch auch seine Eigenwahrnehmung abbildet: Viele Nächte
hat er sich als einer der maßgeblichen SPD-Verhandlungsführer um die Ohren
gehauen und nun einen nicht nur passablen, sondern wirklich „sehr, sehr,
sehr guten Koalitionsvertrag“ vor sich liegen, der „den Menschen mehr
Lebenssicherheit im Lebensalltag“ geben wird. Nun rührt er für ihn kräftig
die Werbetrommel, damit das 180-Seiten-Papier von der SPD-Mitgliederbasis
auch wirklich die „sehr breite Zustimmung“ erhält, die er ihm
prognostiziert.
Mindestlohn, zeitliche Begrenzung von Leiharbeitsverhältnissen, abzugsfreie
Rente mit 63 nach 45 Arbeitsjahren und die bundesweite Etablierung von
Jugendberufsagenturen nach Hamburger Modell, das sind die Ergebnisse, die
Scholz in Wallung bringen.Wobei Wallungen bei dem Hamburger Politiker immer
am Rande der Wahrnehmungsschwelle liegen.
Daneben gibt es noch ein paar Regelungen, bei denen Hamburg in den
Verhandlungen erfolgreich Impulse gesetzt habe: Frauenquote,
Mietpreisbegrenzung bei Neuvermietungen, doppelte Staatsbürgerschaft für
hier geborene Kinder aus Migrantenfamilien und Förderungsverlängerung für
Offshore-Windkraft. Da es vom Bund auch mehr Geld für Kitas,
Städtebauförderung und Verkehrsmaßnahmen geben soll, macht Scholz
zufrieden.
Dass die Finanzierung all dieser Maßnahmen einen konjunkturellen Dauerboom
voraussetzt, redet auch Scholz klein. Das kann man dann ja später noch
klären und schließlich hat die SPD ja auch nichts gegen Steuererhöhungen
für Besserverdienende. Doch das spricht der SPD-Landeschef nicht aus. Man
will den neuen Partner ja nicht schon vor der Hochzeitsnacht verärgern.
Damit hat der schleswig-holsteinische SPD-Landeschef Ralf Stegner kein
Problem. Auch er wirbt für die Annahme des Vertrags, doch will er das
Sticheln nicht lassen. „Wenn Weihnachten und Ostern zusammengelegt werden
im nächsten Jahr, dann kommt auch die Maut“, macht er keinen Hehl daraus,
dass er die Vignette nicht für umsetzbar hält. Ansonsten würden die
SPD-Mitglieder schon erkennen, dass „wir mit diesem Vertrag viel für die
Menschen bewegen können“ und deshalb zustimmen.
Nicht glücklich ist Stegner mit der Übereinkunft zur
Vorratsdatenspeicherung – ganz im Gegensatz zu seinem Innenminister Andreas
Breitner. Wer zur Aufklärung von Fällen misshandelter Kinder die Nutzung
der Vorratsdatenspeicherung mit Hinweis auf die unantastbare
informationelle Selbstbestimmung ablehne, habe eine zynische und
menschenverachtende Haltung, findet Breitner.
Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen ist aus einem anderen Grunde von der
Zustimmung der SPD-Mitglieder überzeugt: „Ich bin mir sicher, dass die
Mitglieder nicht für Neuwahlen verantwortlich sein wollen.“ Also geht’s um
die Wahl zwischen Pest und Cholera? Nicht doch: „Ich teile die
Siegesmeldungen nicht, in denen verkündigt wird, Gabriel habe der Koalition
seinen Stempel aufgedrückt – aber ich finde, die SPD hat ihre Handschrift
als soziales Gewissen der Koalition hinterlassen.“ Der Vertrag verdiene
Zustimmung. Ein Beweis für seine Qualität hätten die Mitglieder durch das
Abnicken der Gewerkschaften. Außerdem profitiere Bremens klammer Haushalt
von fast allen Ergebnissen. Gut, sagt er, ein Fan der
Vorratsdatenspeicherung sei er nicht, auch an eine Finanzierung ohne
Steuererhöhung glaube er nicht wirklich: „Diese Frage wird noch kommen.“
Trotzdem: „Ohne die SPD in der Regierungsverantwortung wären viele Dinge so
nicht durchgesetzt worden.“
28 Nov 2013
## AUTOREN
Marco Carini
Simone Schnase
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