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# taz.de -- Randale beim Fußball: Schlägertyp und Spaß dabei
> Ein neues Buch aus der Bremer Fan-Szene erzählt aus eigener Erfahrung von
> Fußballgewalt. Auch die CDU versucht, das Phänomen näher zu ergründen.
Bild: Inbegriff von Randale oder Symbol des Protests gegen Einschränkungen der…
Sicher: An Dirk T. ist kein ganz großer Erzähler verloren gegangen. Dennoch
ist sein aktuelles Buch lesenswert. Als authentische Milieustudie. Als
autobiografischer Roman eines Mannes, den man heute einen Fußball-Hooligan
nennen würde.
Herr T., heute ein Mittvierziger, war vor allem in den Achtzigern und
Neunzigern im Umfeld von Werder Bremen aktiv – und saß dafür vier Wochen im
Jugendarrest und bestimmt hundertmal in Polizeigewahrsam. Er ist einer
derjenigen, für die Vereine zusammen mit Sozialpädagogen eigene
Fan-Projekte entwickelt haben.
Wir waren „Kleinkriminelle und Schlägertyen, ja, sicher, aber eben auch die
Kinder von ganz normalen Bremer Familien“, sagt T. heute. Genau davon
handelt dieses Buch: vom Leben eines „typischen Siebzigerjahre-Kids der
unteren Mittelschicht“. T. ist in der Neuen Vahr und in Tenever groß
geworden, sein Vater war Werftarbeiter, seine Mutter Verkäuferin.
Und Fußball war quasi „die bedeutendste Institution in unserer Gesellschaft
des finanziell entproletarisierten Kleinbürgertums“, wie es in dem Buch
heißt. Wer in den Achtzigern ins Stadion ging, „gehörte automatisch zum
Kreis einer eingeweihten Minderheit“, sagt T. „War man Fan, dann musste man
auch bereit sein, für dieses Bekenntnis im Zweifelsfall den Kopf
hinzuhalten.“ Promis, Wirtschaftsleute, Firmen, Familien oder auch nur
Frauen waren auf den Tribünen noch die Ausnahme.
Als er das erste Mal eine Prügelei mitbekommt, da ist T. zwölf, mit 16 hat
er seine erste Anzeige. Von all dem erzählt „Kein Weinfest in Tenever“,
aber auch von der Jugendkultur drumherum, von Musik, Konzerten, Frauen,
viel zu viel Alkohol und der Suche nach dem ersten Sex.
Und dazwischen? Immer wieder Randale. „Ich zog mit meiner rechten Hand den
Billiardqueue aus dem linken Ärmel meiner Bomberjacke und haute ihm kräftig
auf sein linkes Ohr. Er fiel sofort um. (...) Als er sich hochrappeln
wollte, traten wir ihm in die Rippen. Der andere Typ umklammerte die
Flasche Springer.“
Ob alles wirklich so war? Egal. „Romane können wahrer sein als
Tatsachenberichte“, sagt T., „weil sie konzentrierter erzählen können.“
2010 hat er schon mal ein Buch geschrieben: [1][„Ostkurve“], ebenfalls bei
[2][Trolsen] erschienen.
Die Randale entwickelte sich bei T. zu einer echten Sucht. Das Buch erzählt
davon ganz ungeschminkt. „Es konnte immer wieder ausbrechen, je nach
Situation“, sagt T., der von sich sagt, dass er seit 1999 „clean“ ist.
„Eine Hauerei dauerte meist nie länger als ein bis zwei Minuten (...). Wenn
eine Seite sah, dass sie unterlegen war, oder die Bullen auf den Plan
traten, verpisste man sich, so schnell es ging (...). Schließlich war nach
einer verlorenen Schlacht noch nicht aller Tage Abend und genügend Zeit für
ein Rematch.“
Dirk T. hat später trotzdem studiert. Sein Buch ist „eine Reflexion“, wie
er selbst sagt. Er verklärt seine Randale nicht, aber er verurteilt sie
auch nicht.
## „Kein Weinfest in Tenever“, 241 Seiten, Trolsen, 12,90 Euro
27 Dec 2013
## LINKS
[1] /!69979/
[2] http://www.trolsen.de
## AUTOREN
Jan Zier
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