# taz.de -- Mitgliederentscheid: Basis gegen Basisdemokratie | |
> Hamburgs Grüne lehnen es ab, Spitzenpositionen künftig durch Urwahl zu | |
> besetzen. Das soll lieber wie bisher auf Mitgliederversammlungen | |
> geschehen. | |
Bild: Blumen und eine Schlappe für das grüne Führungs-Duo: Parteichefin Kath… | |
HAMBURG taz | Die grüne Basis entmachtet sich selbst. Auf einer | |
Landesmitgliederversammlung (LMV) lehnten Hamburgs Grüne es am Sonntag ab, | |
die SpitzenkandidatInnen für Bürgerschafts- oder Bundestagswahlen künftig | |
per Urwahl zu küren. Ein entsprechender Antrag des Landesvorstandes errang | |
nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit, sondern nur 62 Prozent. Von | |
den 187 Mitgliedern stimmten 116 für den Antrag. Das ist auch eine – wenn | |
auch nur kleine – Schlappe für die Parteivorsitzende Katharina Fegebank und | |
ihren Stellvertreter Manuel Sarrazin. Deren Antrag sei „ein Angebot an die | |
Mitglieder“ gewesen, hatte Fegebank erklärt, das diese nun ausschlugen. | |
Damit werden alle Landeslistenplätze wie bisher auf LMVs von den | |
Mitgliedern gekürt, denen das wichtig genug war, um zu erscheinen. | |
Eine Mitgliederbefragung sei „eine Stärkung der innerparteilichen | |
Demokratie“ und würde die Gewählten durch eine erhöhte | |
Abstimmungsbeteiligung stärker legitimieren, hieß es in dem Antrag. Zu | |
Wahlen auf LMVs kommt in der Regel mit höchstens etwa 300 Grünen kaum ein | |
Fünftel der Mitglieder, am Sonntag waren es gut 200. Durch eine Urwahl mit | |
Versendung der Wahlunterlagen an alle Mitglieder dürfte sich die | |
Beteiligung erhöhen. Grüne Parteistrategen hoffen auf mehr als 50 Prozent | |
Abstimmungsbeteiligung. | |
Die LMV „als basisdemokratisches Instrument stärken“ wollte hingegen der | |
Gegenantrag, der zwar keine Mehrheit fand, aber die Zwei-Drittel-Mehrheit | |
für den Urwahl-Antrag verhinderte. Die Versammlungen hätten sich „als | |
Entscheidungsgremium voll und ganz bewährt“, heißt es da. | |
Somit werden nun im Herbst auf LMVs die SpitzenkandidatInnen und die | |
weiteren BewerberInnen auf der Landesliste zur Bürgerschaft gewählt. Für | |
Platz 1 tritt Parteichefin Fegebank an, um Platz 2 wetteifern der | |
Fraktionschef in der Bürgerschaft, Jens Kerstan, und Ex-Justizsenator Till | |
Steffen. | |
Zuvor hatte die Versammlung sich ausführlich mit den gewalttätigen | |
Auseinandersetzungen im Dezember und der Ausweisung von Gefahrengebieten | |
beschäftigt. „Das staatliche Gewaltmonopol bedeutet nicht zwangsläufig, | |
staatliche Gewalt auch auszuüben“, kritisierte Antje Möller, | |
innenpolitische Sprecherin der Bürgerschaftsfraktion. Die Streichung der | |
Passagen zum Gefahrengebiet aus dem Polizeigesetz forderte Ex-Justizsenator | |
Till Steffen: „Es gibt dafür keine Notwendigkeit und keine Legitimation.“ | |
Auch der Fraktionsvorsitzende Jens Kerstan bezweifelte die Sinnhaftigkeit | |
von Gefahrengebieten: „Das bringt gar nichts.“ Er warnte davor, „die | |
Polizei zu instrumentalisieren und als Prellbock gegen Demonstranten | |
vorzuschicken“. Die Grünen lehnten Gewalt grundsätzlich ab, stellte | |
Fegebank klar. Deshalb stünden sie „zur Solidarität mit den Polizisten“, | |
zugleich aber „sind wir solidarisch mit den verletzen Demonstranten und | |
Passanten“. | |
Auch sie forderte eine Änderung des Polizeirechts. Es dürfe nicht sein, | |
dass Gefahrengebiete von der Polizei ohne demokratische oder richterliche | |
Kontrolle ausgerufen würden: „Politische Fragen müssen politisch | |
entschieden werden“, forderte Fegebank und kritisierte Bürgermeister Olaf | |
Scholz und Innensenator Michael Neumann: „Die haben sich weggeduckt und die | |
Polizei machen lassen, was die wollte.“ | |
19 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Basisdemokratie | |
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