# taz.de -- Die Regenwurm-Retter: "Hin und wieder habe ich nachgeholfen" | |
> Der Filmemacher und Kuriositäten-Sammler Wenzel Storch hat mit „Arno & | |
> Alice“ ein Buch über das Leben von Arno und Alice Schmidt produziert. | |
Bild: Arno Schmidt. | |
taz: Herr Storch, welche Rolle spielen Fakten und Quatsch in einem Buch | |
über Arno Schmidt? | |
Wenzel Storch: Wenn die Schmidts bei Regenwetter Schnecken und Regenwürmer | |
von der Straße retten, dann wirkt das wie ausgedacht, ist aber echt. Dass | |
Arno Schmidt als Schüler eine „Kafka-Kinderzimmertapete“ an der Wand hatte, | |
ist wiederum gelogen. Hin und wieder habe ich der Wirklichkeit durch ein | |
wenig Unfug nachgeholfen. Dass er sich bei der Nasa beworben hat und den | |
längsten Schweif der Südheide hatte, ist zum Beispiel nicht verbürgt. In | |
dem Fall hatte ich einfach Lust, Arno Schmidt als Astronaut zu zeichnen. | |
Und was den Schweif angeht: Den darzustellen hat mir viel Freude bereitet, | |
deshalb erstreckt er sich auch über vier Buchseiten. | |
„Abend mit Goldrand“, das als schwer zu lesendes Spätwerk gilt, haben Sie | |
als Hippie-Verarschungsroman voller bescheuerter Witze bezeichnet. Wie | |
steht es bei Schmidt um den Humor? | |
Schmidt schreckt, was das Komische angeht, ja vor nichts zurück, seien es | |
Kalauer, Pennälerscherze oder Kasinowitze. Besonders in „Abend mit | |
Goldrand“ lässt er sich ziemlich gehen. „Ich bilde mir ein, ein großer | |
deutscher Humorist zu sein“, behauptet er von sich, „meine Bücher sind | |
witzig.“ Aber natürlich: Die Prosa von Arno Schmidt lässt sich nicht auf | |
die Witze reduzieren. In „Abend mit Goldrand“ bildet er sehr plastisch das | |
Leben auf dem Lande ab. Im Mittelpunkt steht ein stark romantisiertes | |
Bargfeld, in das eine Horde ungewaschener Hippies einfällt. Und wohl nicht | |
zufällig fängt das dicke Buch mit einem Zitat von Bata Illic an. | |
Ein komischer Kauz war Arno Schmidt, aber in Sachen Selbstinszenierung | |
todernst. Hätte er über „Arno & Alice“ lachen können? | |
Ich glaube nicht. Da fällt mir sofort die „Arsch“-Geschichte aus Alice | |
Schmidts Tagebuch ein. Da erzählt sie, wie der Mäzen Wilhelm Michels ihren | |
Mann darüber aufklärt, dass der Name seines Schwagers Kasimir Edschmid „ne | |
Abkürzung von Eduard Schmidt sei. Bei Arno könne man das ja schlecht | |
machen“, so das Tagebuch, „da käme Arsch heraus“. Der Heidedichter soll | |
darüber „tief beleidigt“ gewesen sein. | |
Arno Schmidt hat sich von Maggi und Nescafé bis zu Pillen und Ratzeputz | |
beachtlich viel reingepfiffen. LSD hat er, trotz offenkundigem Interesse an | |
halluzinogenen Stoffen, laut Bernd Rauschenbach nicht geschluckt. Hat er da | |
was verpasst? | |
Ich finde schon. Obwohl: Mein letzter Trip ist jetzt 18 Jahre her – ich | |
kann da kaum noch mitreden. Dass er Rauschmitteln aller Art so freundlich | |
gegenüberstand, nimmt mich sehr für ihn ein. Wobei die Mittel natürlich | |
strikt dem Werk dienen mussten. Sich irgendwas reinzupfeifen, bloß, um mal | |
eine Weile anders aus der Wäsche zu gucken, das hätte er nicht gutgeheißen. | |
Dabei hat er’s in den Siebzigern – mit seinen Pülverchen und Pillen und all | |
den alkoholischen Tinkturen – schlimm getrieben. Schlimmer als Jimi | |
Hendrix. Im Buch stirbt er dann ja auch den Drogentod – an einer Überdosis | |
Maggi. | |
## ■ Fitzoblongoshow zu Arno Schmidt mit Susanne Fischer, Bernd | |
Rauschenbach und Wenzel Storch: „Und was heißt schon New York?“, Do, 13. | |
Februar, 19.30 Uhr, Literaturpalast im Künstlerhaus, Hannover | |
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## ■ Wenzel Storch: „Arno & Alice“, KVV Konkret, 88 S., 24,80 Euro | |
7 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Robert Matthies | |
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