# taz.de -- Queer: Streit um den Glamour-Faktor | |
> Die Veranstalter des CSD wollen die Parade politischer und unter neuem | |
> Namen machen. Parteien kritisieren: Die Community sei nicht gefragt | |
> worden. | |
Bild: CSD bald nicht mehr so bunt? | |
In Berlins Queer-Community gibt es Streit: Es geht um die Zukunft der | |
CSD-Parade, des Aushängeschilds der schwul-lesbisch-transidenten Szene. Der | |
Veranstalter CSD e.V. will den Umzug politischer machen – offenbar | |
verbunden mit einem Namenswechsel. Die Kritik daran kommt aus den Reihen | |
der politischen Parteien, sie fühlen sich übergangen. | |
Die Queer-Gruppen von SPD und CDU, Grünen und Linken schickten dem | |
CSD-Vereinsvorstand am Mittwoch einen bösen Brief. Man begrüße es ja, dass | |
der CSD e.V. den Gedanken „Back To The Roots“ aufgreife, heißt es darin. | |
Aber man sei „irritiert“, dass der Verein die Demonstration in „Stonewall | |
Parade“ umbenennen wolle: „Ein kleines Gremium entscheidet über die | |
Namensänderung einer Gemeingutveranstaltung, mit der sich Hunderttausende | |
identifizieren?“, empören sich die Parteienvertreter. | |
Auf Mitgliederversammlungen im Dezember und Januar hatte der CSD e.V. seine | |
Satzung erneuert und ein Aktionsprogramm beschlossen, das eine stärkere | |
politische Ausrichtung und mehr Veranstaltungen über das ganze Jahr | |
vorsieht. Und ja, „einzelne Veranstaltungsteile“ am Tag der Parade sollten | |
einen neuen Namen bekommen – mehr wollte CSD-Geschäftsführer Robert Kastl | |
der taz nicht bestätigen. Allerdings: „Den Tag selbst können wir nicht | |
umbenennen, das wäre ja vermessen.“ | |
Am Sonntag hatte die B.Z. berichtet, SPD und CDU hielten nichts von neuen | |
Namen. Den CDU-Abgeordneten Stefan Evers zitierte das Blatt mit den Worten, | |
der CSD sei eine Marke, die Touristen anlocke. „Diese Marke muss | |
weiterbestehen.“ Auch sei weniger Glamour der falsche Weg, so Evers: „Der | |
CSD lebt seit Jahren davon, dass er bunt und wild ist. Dabei soll es | |
bleiben.“ | |
Schwuso-Sprecherin Petra Nowacki kritisierte gegenüber der taz, der CSD | |
e.V. habe die Beschlüsse vom Zaun gebrochen und die Community nicht | |
einbezogen. Auf der Mitgliederversammlung sei zwar über den Namen | |
abgestimmt worden, man habe aber vorher nicht darüber informiert. | |
„Normalerweise stimmt der CSD sich mit der Community ab, diesmal nicht.“ | |
All das lässt der Verein nicht auf sich sitzen: „Es ist keineswegs die Rede | |
von weniger ’Glamour‘ oder Vielfalt, im Gegenteil!“, stellt | |
Vorstandsmitglied Sissy Kraus klar. Man wolle vielmehr dem Trend zur | |
„schrillen schwulen Loveparade“ entgegenwirken: mehr „Fußgruppen“, wen… | |
Trucks. Es gehe darum, die Forderungen der Community „in bunter, | |
vielfältiger Weise“ zu artikulieren. Der Erfolg der vergangenen Paraden | |
bestätige dieses Konzept: „Es wurde politischer und es kamen mehr | |
Menschen.“ | |
Mit leichtem Spott kommentiert der Geschäftsführer des CSD e.V., Robert | |
Kastl, die Kritik aus den Parteien: „Sie denken offenbar, sie hätten eine | |
Sonderrolle.“ Den Vorwurf, die Community sei nicht eingebunden worden, kann | |
er nicht nachvollziehen. An der konzeptionellen Diskussion hätten sich auf | |
der letzten Mitgliederversammlung Initiativen und auch Parteienvertreter | |
beteiligt. „Aber immer wenn sich jemand übergangen fühlt, wird die | |
Community-Karte gezogen.“ 2013 sei das die CDU gewesen, der man die | |
Teilnahme an der Parade verweigerte. Kastl erkennt da einen Zusammenhang | |
mit der aktuellen Kritik: „Seit letztem Jahr ist offensichtlich, dass wir | |
regierungskritisch sind. Das passt ihnen nicht.“ | |
Für mehr Gelassenheit plädiert der Geschäftsführer des Lesben- und | |
Schwulenverbands LSVD, Jörg Steinert. Die Kritik, im Vorfeld sei zu wenig | |
über die Veränderungen informiert worden, könne er schon nachvollziehen – | |
aber die Repolitisierung sei eine langjährige Forderung des LSVD. „Alle | |
AkteurInnen müssen mitgenommen werden“, so Steinert. „Die Diskussion in der | |
Community über die Umbennenung hat deshalb gerade erst begonnen.“ | |
12 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prösser | |
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